Lebensrettende Gewölbe

Dudweiler. Wenn Dieter Bold auftaucht, sollte man die Ohren spitzen. Der Mann weiß alles über die Bunker in unserer Region. Denn bis zu seiner Pensionierung war der heute 66-Jährige beim Saarbrücker Amt für Brand- und Zivilschutz tätig. 78 ausgebaute Schutzanlagen mit rund 40 000 Plätzen für die Bevölkerung gab es noch Ende der 1980er Jahre

 Der elfjährige Dominik in einem der Räume, in denen die Pritschen stehen. Fotos: Thomas Seeber

Der elfjährige Dominik in einem der Räume, in denen die Pritschen stehen. Fotos: Thomas Seeber

Dudweiler. Wenn Dieter Bold auftaucht, sollte man die Ohren spitzen. Der Mann weiß alles über die Bunker in unserer Region. Denn bis zu seiner Pensionierung war der heute 66-Jährige beim Saarbrücker Amt für Brand- und Zivilschutz tätig. 78 ausgebaute Schutzanlagen mit rund 40 000 Plätzen für die Bevölkerung gab es noch Ende der 1980er Jahre. Denn: Im Zweiten Weltkrieg verlief hier die Frontlinie (Westwall/Maginotlinie). Mit Fliegerangriffen war verstärkt zu rechnen.Vor wenigen Tagen hat Dieter Bold mit den Mitgliedern der Geschichtswerkstatt zwei Bunker in Dudweiler besichtigt, die auf absehbare Zeit - zu bestimmten Terminen - auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen. Es sind dies die Luftschutzanlagen am Neuhauser Weg sowie an der St. Ingberter Straße gegenüber dem Stadtpark. Mit dabei auch Gisela Vogt, Jahrgang 1940. Sie erinnert sich daran, dass sie als kleines Kind bei Fliegeralarm gegen Ende des Krieges mit ihren Angehörigen in die Anlage am Neuhauser Weg geeilt ist. Beklemmungen, sagt sie, ereilten sie nicht, wenn sie heute des Gewölbes wieder ansichtig wird. Als Kind sei das eher "was Interessantes" gewesen, als sie dort saß in dieser völlig anderen Welt. Ihr Mann Edgar erzählt derweil, dass eines Tages direkt am Bunker eine Luftmine niederging und es etliche Tote zu beklagen gab.

Wir betreten durch einen von insgesamt drei Eingängen die Anlage am Neuhauser Weg. Viel ist hier nicht mehr zu sehen. Lange kalte Gänge, Nischen, in denen die Toiletten waren, Lüftung, sonst wenig bis nichts. Dieter Bold mit Enkelkind Dominik (11) im Schlepptau, erzählt, dass der Bund schon lange kein Geld mehr ausgibt, um die Anlagen zu erhalten. Der Kalte Krieg zwischen Ost und West, im Zuge dessen ein wahrer Investitionsschub eingesetzt hat, ist lange vorbei. Ein Mitglied der Geschichtswerkstatt fragt, ob hier, im düsteren Gewölbe, auch geheizt worden sei. Nein, sagt Dieter Bold, bei Belegung mit sehr vielen Menschen seien eher Kühlaggregate angebracht. Weil jeder Mensch etwa 100 Watt Wärmeleistung ausstrahle. Bei 800 Menschen wären das schon ungeheure 80 000 Watt. Im Saarbrücker Schmollerbunker habe es seinerzeit sogar eine Klimaanlage zur Kühlung gegeben.

Sehr viel mehr ist im Bunker an der St. Ingberter Straße zu sehen. Hier stehen etliche Räume voll mit Pritschen. Ausgelegt war die Anlage für den Aufenthalt von 700 Personen. Für Zweidrittel der schutzsuchenden Männer, Frauen und Kinder gab es Sitzgelegenheiten, ein Drittel waren Liegen - erklärt Experte Bold. Und am Eingang ist noch der Luftdruckbrecher sichtbar - eine extrem dicke Wand zum Schutz der Menschen bei nahem Bombeneinschlag. Gut erhalten ist auch noch die Belüftungstechnik, die auch vor Angriffen mit chemischen und biologischen Waffen schützen sollte.

Es ist kalt, es riecht ein bisschen muffig. Hier sich Hunderte von Menschen auf engstem Raum vorzustellen, fällt nicht leicht. Und plötzlich ist sie da - die Beklemmung.

 Dies ist einer von zwei Bunker-Eingängen am Neuhauser Weg in Dudweiler.

Dies ist einer von zwei Bunker-Eingängen am Neuhauser Weg in Dudweiler.

 Dieter Bold (links) und Gisela Vogt auf Besichtigungstour im düsteren Gewölbe am Neuhauser Weg.

Dieter Bold (links) und Gisela Vogt auf Besichtigungstour im düsteren Gewölbe am Neuhauser Weg.

 Gut erhalten ist die Lüftungsanlage im Luftschutzbunker an der St. Ingberter Straße.

Gut erhalten ist die Lüftungsanlage im Luftschutzbunker an der St. Ingberter Straße.

Die VHS Dudweiler, erklärt Friedel Meier für die Geschichtswerkstatt, werde unter der Überschrift "Auf den Spuren der Vergangenheit" ab Herbst Besichtigungstermine mit fachkundiger Führung anbieten. Näheres wird noch zeitnah mitgeteilt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort