Leben zwischen zwei Dörfern

Waldfriede · Drei Häuser und sieben Personen bilden die Siedlung Waldfriede an der Landstraße 339. Die Grenze zwischen Eiweiler und Reisbach verläuft direkt vor den Häusern – und damit auch die Grenze zwischen dem Regionalverband Saarbrücken und dem Kreis Saarlouis. Wie es sich auf der Grenze lebt, fragten wir Anneliese und Vinzenz Ziegler.

Nanu, werden viele Leser fragen, wo liegt denn der Ort Waldfriede? Es ist eigentlich keine richtige Ortschaft, sondern nur eine Ansiedlung von drei Häusern mit Nebengebäuden - 800 Meter von den Laminate-Werken in Eiweiler und knapp zwei Kilometer vom Saarwellinger Ortsteil Reisbach entfernt. Ein grünes Schild an der Landstraße 339, 100 Meter vor den Häusern, zeigt den Namen an. Obwohl dichter an Eiweiler dran, gehört die kleine Siedlung zu Reisbach. Ein moosbewachsener Grenzstein markiert den Grenzverlauf. Die Gebäude stehen auf Reisbacher Bann, der Wald jenseits der Straße gehört zu Eiweiler, erklärt Vinzenz Ziegler, der mit Ehefrau Anneliese das mittlere der drei schmucken Häuser bewohnt.

"Uns gefällt es hier oben", erklärt der pensionierte Bergmann, der in dem Haus groß wurde. In der Wohnung fallen dem Besucher die zahlreichen gedrechselten Möbelstücke ins Auge. Ziegler erzählt mit ziemlichem Stolz, dass er sich nach dem harten Berufsalltag auf der Grube Luisenthal mit Drechseln, Flechten und Spinnen von Schafswolle die Zeit vertrieb. Die Stücke in der Wohnung zeigen, dass er seine Hobbys bis zur Perfektion beherrschte.

Wasser im Brunnen holen

Zieglers Erzählungen lassen darauf schließen, dass er sich zudem eingehend mit der Geschichte der näheren Umgebung befasst hat. Er erzählt: "In den Jahren 1926 und 27 ist das Haus mit viel Eigenleistung meines Vaters Edmund gebaut worden. Die Bauplätze waren besonders günstig, weil die Bauherren damals auf Strom- und Wasseranschlüsse verzichteten. Die Eltern mussten mit Petroleumlampen auskommen und das Wasser von einem Brunnen im nahe liegenden Wengenwald holen." Und seine Frau fügt noch an: "Kurz vor dem Krieg hat der Schwiegervater ein Windrad zur Stromerzeugung gebaut, das jedoch später auf Anordnung der Obrigkeit wieder demontiert werden musste." 1946 verlegte Edmund Ziegler eine Stromleitung zur Grube Schäfer, mit der ein Nebenstellenabkommen vereinbart wurde. Die Wasserleitung von Eiweiler her kam 1953. Die Abgeschiedenheit hatte noch weitere Nachteile, wie sich der 81-Jährige erinnert: "Meine Geschwister und ich mussten die zwei Kilometer zur Schule nach Reisbach bei Wind und Wetter zu Fuß laufen. Unsere drei Kinder hatten es ein wenig leichter, da sie mit Genehmigung des Schulamtes zum Unterricht nach Eiweiler durften." Und wie sind heute die Verbindungen zu den beiden Dörfern?

"Wir gehen nach Eiweiler in die Kirche, nach Saarwellingen ins Rathaus und zum Lebensmittelmarkt in Reisbach einkaufen", sagt Anneliese Ziegler. Sie selbst besuchte die Turnstunden im Turnverein Eiweiler, und ihr Mann sang im Männergesangverein Reisbach.

"Sie müssen noch ein Stück in den Wald mitkommen, damit ich ihnen noch etwas Interessantes zeigen kann", fordert Ziegler den SZ-Reporter auf. Nach 150 Meter im lichten Laubwald zeigt er auf eine ebene Stelle am Boden: "Hier befand sich vor langer Zeit einer von drei Köhlerplätzen, und dort drüben", er zeigt mit dem Arm in Richtung Wengenwald, "waren Schienen verlegt, auf denen Kohle mit Loren aus einem nahe gelegenen Stollen an den Waldrand befördert wurde." Der Blick des früheren Bergmanns schweift zwischen den Bäumen durch, gerade so, als müsste er die Kohlewägelchen noch sehen.

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