Leben jenseits des großen Teiches

St. Wendel. Einer, der auszog, um in der neuen Welt sein Glück zu finden, war der St. Wendeler Maler Nicola Marschall. Fotografien seiner Werke und Kopien von Dokumenten, die das Leben des Künstlers nachzeichnen, sind seit Mittwoch in der St. Wendeler Volksbank zu sehen

 Wolfang Ulbrich vor einer Kopie eines Porträts von First Lieutenant J. Mack Walker. Dieses hat Nicola Marschall 1865 gemalt. Der Lieutenant trägt darauf eine von Marschall entworfene Uniform. Außerdem hat der Maler auch die Südstaaten-Flagge oben am Bild entworfen. Foto: Lukas Kowol

Wolfang Ulbrich vor einer Kopie eines Porträts von First Lieutenant J. Mack Walker. Dieses hat Nicola Marschall 1865 gemalt. Der Lieutenant trägt darauf eine von Marschall entworfene Uniform. Außerdem hat der Maler auch die Südstaaten-Flagge oben am Bild entworfen. Foto: Lukas Kowol

St. Wendel. Einer, der auszog, um in der neuen Welt sein Glück zu finden, war der St. Wendeler Maler Nicola Marschall. Fotografien seiner Werke und Kopien von Dokumenten, die das Leben des Künstlers nachzeichnen, sind seit Mittwoch in der St. Wendeler Volksbank zu sehen. Mit Unterstützung des Landkreises und unter tatkräftiger Mithilfe des Deutsch-Amerikanischen Freundeskreises Lane County wurde die Ausstellung realisiert."In der Saarbrücker Zeitung habe ich 2011 einen Artikel zu Marschall gelesen. Daraufhin hatte ich die Idee, einen Aufsatz über ihn zu schreiben und eine Ausstellung zu organisieren", erklärt Initiator Wolfgang Ulbrich, Mitglied des Freundeskreises. Der pensionierte Lehrer stürzte sich in die Recherchearbeit. Immer mehr Material kam zusammen, sodass am Ende ein ganzes Buch über diesen Sohn der Stadt entstand. Parallel stand er in Kontakt mit Museen und Einrichtungen in den Vereinigten Staaten, um die Ausstellung zu organisieren.

Ulbrich: "Es war natürlich finanziell nicht machbar, die Originale nach St. Wendel zu schaffen. Daher hängen hier bearbeitete Bilddateien, die uns zum Teil umsonst, zum Teil gegen Gebühr geschickt wurden."

Marschall machte sich zu Lebzeiten vor allem als Porträtmaler in den amerikanischen Südstaaten einen Namen. Doch nicht seine Bilder sind der Grund für seinen bis heute bestehenden Ruhm. "Er gestaltete die erste Flagge der Südstaaten, die Stars and Bars, sowie die erste Südstaatenuniform", erklärt Ulbrich. 1829 kam Marschall als zweiter Sohn des Tabakspinners Emanuel Marschall zur Welt. Die wohlhabende Familie förderte früh die künstlerische Ader Nicolas. 1849 fasste der 20-Jährige den Entschluss, es in Amerika zu versuchen. Ulbrich: "Er hatte keine wirtschaftlichen Probleme. Er wollte lediglich jenseits des großen Teiches seinen Lebensunterhalt als Künstler verdienen."

Dort fand er schnell Förderer. In den Südstaaten malte er wohlhabende Plantagenbesitzer, zudem unterrichtete er. 1856 wurde Marschall amerikanischer Staatsbürger. Doch war er auch immer wieder auf dem alten Kontinent unterwegs, auch in seiner Heimatstadt, um sich als Maler fortzubilden, und um finanzielle Dinge zu regeln. Denn er blieb an der Tabakfabrik seiner Familie beteiligt.

Im Amerikanischen Bürgerkrieg (1861 bis 1865) stand Marschall auf der Seite der Südstaaten. Ulbrich: "Nach kurzem Militärdienst ließ er sich für 1500 Dollar vertreten - das war damals möglich." Im Juni 1864 streifte er jedoch nochmals die Uniform über und wurde als Zeichner eingesetzt. Im Krieg siegte der Norden. Eine Inflation zerstörte das Vermögen vieler wohlhabender Südstaatler, auch das Marschalls. Er gründete eine Familie und kam als Lehrer über die Runden. Nebenbei malte er weiter und bereiste wohl wieder Europa - hier ist die Quellenlage nicht eindeutig. 1917 starb Marschall in Louisville (Kenntucky).

"Er hat europäische Kultur nach Amerika getragen", ist Ulbrich überzeugt. Daher freue er sich, dass die Volksbank zwei Wochen die Bilder des gebürtigen St. Wendelers ausstellt. Allerdings nicht die Originale. Jedoch: "Das Morris Museum of Art in Augusta, im US-Bundesstaat Georgia, hat mir zwei Marschall-Originale geschickt. Leider sind sie in einem schlechten Zustand. Wir suchen nun Sponsoren, um diese zu restaurieren."

Auf einen Blick:

36 Werke des gebürtigen St. Wendelers Nicola Marschall (1829 - 1917) sind bis zum 21. September im Foyer der St. Wendeler Volksbank, Bahnhofstraße 20, zu sehen. Die Geschäftszeiten: Montag bis Freitag 8.30 bis 16 Uhr, Dienstag bis 18 Uhr. lk

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