Lauterbacherin mit Pflegemedaille geehrt

Lauterbach. Überrascht und erstaunt war Inge Cravatzo (67) aus Lauterbach, als sie erfuhr, dass sie die Pflegemedaille für die langjährige Pflege ihrer behinderten Tochter Britta (44) erhielt. Nachdem Ortsvorsteher Dieter Peters sie für die Medaille vorgeschlagen hatte, rechnete sie im Dezember 2011 schon nicht mehr damit, dass sie tatsächlich geehrt wird

 Inge Cravatzo betreut ihre behinderte Tochter. Foto: Bender

Inge Cravatzo betreut ihre behinderte Tochter. Foto: Bender

Lauterbach. Überrascht und erstaunt war Inge Cravatzo (67) aus Lauterbach, als sie erfuhr, dass sie die Pflegemedaille für die langjährige Pflege ihrer behinderten Tochter Britta (44) erhielt. Nachdem Ortsvorsteher Dieter Peters sie für die Medaille vorgeschlagen hatte, rechnete sie im Dezember 2011 schon nicht mehr damit, dass sie tatsächlich geehrt wird.Die gelernte Verkäuferin opfert sich seit nun mehr 44 Jahren liebevoll für ihre von Geburt an geistig und körperlich behinderte Tochter auf. Die Ursache der Behinderung ist unklar; die Ärzte vermuten, dass Britta bei der Geburt an Sauerstoffmangel litt. Cravatzo, damals 23 Jahre alt, hatte noch nie etwas mit Behinderten zu tun, und jetzt sollte sie selbst ein behindertes Kind großziehen? Es war keine Frage für Familie Cravatzo, dass sie diese Aufgabe alleine in Angriff nahm. "Die schönsten Momente sind die Augenblicke, in denen man den Fortschritt sieht. Mit fast vier Jahren konnte Britta endlich sitzen und später sogar laufen, was nicht selbstverständlich war", erzählt die Mutter.

Britta ist das zweitgeborene Kind nach Schwester Heike (45). Seit der Geburt ihrer Kinder konnte Inge Cravatzo nicht mehr in ihrem Beruf arbeiten, doch sie vermisst die Arbeit auch nicht all zu sehr. "Britta kann nicht allein sein. Bei vielen alltäglichen Dingen, vom Anziehen bis zum Essen, benötigt sie Hilfe", berichtet die 67-Jährige. Dennoch versuchte die Familie immer, möglichst normal zu leben. Es gab sogar Familienurlaube, wenn die noch junge Britta für eine oder zwei Wochen bei der Schwiegermutter wohnen konnte. Und immer wieder versucht Cravatzo, ihre Tochter in einen normalen Alltag einzubinden. So deckt Britta mal den Tisch fürs Frühstück oder hilft ihrer Mutter, wo sie kann.

Jeden Morgen bringt Cravatzo ihre Tochter Britta zum Bus, der sie gegen sechs Uhr morgens in die Behindertenwerkstatt bringt. Dann hat die bescheidene Frau den Morgen für sich und kann sich ihrem Haushalt widmen. Gegen Nachmittag kommt Britta wieder nach Hause; dann wird gepuzzelt, Memory gespielt, gemalt, oder Britta beschäftigt sich allein in ihrem Zimmer mit ihren Zeitschriften und ihren Stars wie Roland Kaiser. Schon seit 20 Jahren gehen Mutter und Tochter zweimal in der Woche in die "Mach mit e.V."- Selbsthilfegruppe für Behinderte und Nichtbehinderte. Dort hat Britta langjährige Freunde wie etwa Ralf. Hier blüht Britta richtig auf, hilft auch gerne Freunden, denen es schlechter geht als ihr. Einmal im Jahr fahren Mutter und Tochter sogar mit dem Verein in Urlaub.

Trotz all der Anstrengungen ist die Mutter im Herzen jung geblieben. Und sie kleidet sich auch gern modern. Ab und an geht sie um sieben Uhr, wenn Britta bereits im Bett liegt, zu einer Freundin. Dass sie dies tun kann, hat sie ihrer ältesten Tochter Heike Schmitt (45) zu verdanken, die mit ihrer eigenen Tochter im oberen Stockwerk des Hauses von Cravatzo wohnt. Sie ist Krankenschwester und passt gerne auf ihre "kleine" Schwester auf. "Ich habe mir noch keine Gedanken darum gemacht, wie lange ich das noch machen kann. Aber solange es möglich ist, werde ich es machen", betont Cravatzo.

Die Pflegemedaille erhielten nun auch Rosemarie Dillinger aus Großrosseln und Anita Gebhardt aus Dorf im Warndt.

< Weiterer Bericht folgt.

"Solange es möglich ist, werde ich es machen."

Inge Cravatzo

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort