Kurzfristige Steuersenkung? Spritpreise explodieren: Was die Fraktionen im Saar-Landtag jetzt fordern
Saarbrücken · Benzin und Diesel über zwei Euro pro Liter: Das wird zunehmend zur sozialen Frage. Im Landtag gibt es unterschiedliche Vorschläge, was helfen könnte.
Alle Fraktionen im Landtag haben sich besorgt über die explodierten Spritpreise gezeigt und eine Entlastung der Bürger gefordert. Erst vor wenigen Wochen hatte die Bundesregierung ein Paket geschnürt, um die Auswirkungen der gestiegenen Energiepreise abzumildern, das unter anderem eine höhere Pendlerpauschale, den Wegfall der EEG-Umlage und einen Heizkostenzuschuss enthält.
Auch aus den Reihen der Ampel-Parteien kommen nun Rufe nach weiteren Entlastungen. Der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Landtag, Ulrich Commerçon, sagte am Montag: „Es muss alles getan werden, um den Preisanstieg abzufedern.“ Dazu sei ein zweites, schnell wirkendes Entlastungspaket nötig. „Das muss in den nächsten Tagen auf den Weg gebracht werden.“ Entlastungen, wie sie nun für die Mineralöl- und Mehrwertsteuer gefordert werden, dürften aber nicht dazu führen, dass sich Energiekonzerne eine goldene Nase verdienen, sagte Commerçon. „Mitnahmeeffekte müssen ausgeschlossen werden.“
CDU will Steuern auf Benzin und Diesel kurzfristig senken
Am Vormittag hatte zunächst Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) eine „Spritpreisbremse“ gefordert, konkret die kurzfristige Senkung der Steuern auf Sprit. CDU-Fraktionschef Alexander Funk unterstützte diesen Vorstoß. Die bereits beschlossenen Maßnahmen gingen nicht weit genug, sagte Funk. „Wir brauchen eine Entlastung auf breiter Front.“ Letztendlich komme es für Konsumenten und Bürger darauf an, dass sie den Spritpreis bezahlen könnten.
Dass etwas passieren muss, da herrscht im Landtag breiter Konsens. Der AfD-Abgeordnete Rudolf Müller sagte, es müsse „durch massive Steuerkürzungen“ gegengesteuert werden. Nun zeige sich, wie falsch es gewesen sei, Atomkraftwerke und Kohlekraftwerke abzuschalten, ohne zu wissen, wo sichere Energie herkommen soll.
Linke will kostenlosen ÖPNV
Der Geschäftsführer der Linksfraktion, Jochen Flackus, hält kurzfristige Maßnahmen zwar für sinnvoll, fordert aber eine grundsätzlichere Diskussion. Er halte wenig davon, für bestimmte Gruppen „Pflaster zu verteilen“, sagte er. Gas und Strom müssten als Daseinsvorsorge definiert und vom Staat auch so behandelt werden, etwa bei der Vorratshaltung. Um die Auswirkungen der steigenden Spritpreise zu begrenzen, schlug Flackus vor, den öffentlichen Personennahverkehr kostenlos zu machen. „Das wäre ein Beitrag zur sozialen Befriedung.“
Die Fraktion Saar-Linke forderte, die Mehrwertsteuer auf Energie vorübergehend auszusetzen. „Das wäre kurzfristig machbar“, sagte die Abgeordnete Dagmar Ensch-Engel. Zusammen mit Fraktionschefin Barbara Spaniol forderte sie zudem, die Heizkosten für die Bezieher von Hartz IV und Sozialhilfe zu übernehmen. Strom-und Gassperren sollten im Winter verboten werden.
Dass mittel- und langfristig nur ein Umstieg auf alternative Energien hilft – das betonten CDU und SPD. Da sei die SPD „sehr klar aufgestellt“, sagte Commerçon. Umstritten ist in der Koalition allerdings, wie der Weg beschritten werden soll. CDU-Fraktionschef Funk: „Wir erwarten, dass wir weniger über Abschaltungen diskutieren, sondern neue Dinge aufbauen wie Photovoltaik, aber natürlich auch Windkraft.“ Wobei Funk hier wiederholte, dass er für Windkraft im Saarland wegen Topographie und Siedlungsdichte weniger Potenzial sieht als andernorts.
Kohlekraftwerke am Netz lassen?
Für einen Übergangszeitraum will die CDU-Fraktion zudem Kohlekraftwerke und – falls technisch und rechtlich möglich – auch Atomkraftwerke länger als geplant an Netz lassen. Spätestens hier enden dann die Gemeinsamkeiten in der großen Koalition.
Flackus hält für einen Übergangszeitraum Gaskraftwerke für unausweichlich. In einem Industrieland wie dem Saarland werde man „mit Windrad-Philosophie“ nicht allzu weit kommen.