CDU-Spitzenkandidat im Porträt Tobias Hans: Häufiger Talk-Gast, jüngster Landesvater – und bald die zweite Amtszeit oder eine Auszeit?

Saarbrücken · Tobias Hans (CDU) muss zum ersten Mal um sein Amt als Ministerpräsident des Saarlandes kämpfen. Bekommt der jüngste Landesvater aller Zeiten eine zweite Amtszeit? Ein Porträt.

Tobias Hans: Vom Studienabbrecher zum jüngsten Ministerpräsidenten
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Vom Studienabbrecher zum jüngsten Ministerpräsidenten: Das ist Tobias Hans (Bildergalerie)

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Foto: dpa/Kay Nietfeld

 Der Morgen gehört seiner Familie. Mit seinen Zwillingen Lena Rosa und Paul Peter, seiner Jüngsten Hannah Judith und seiner Frau Tanja will er so viel Zeit wie möglich verbringen. Dafür steht er gerne früher auf. Lässt es der Terminplan zu, zieht er noch die Laufschuhe an. Rennt eine Runde, vorbei an seinen zwei Traktoren, die auf seinem Pferdehof in Münchwies stehen. „Morgens ist die beste Zeit dafür.“ Den Kopf freibekommen für das, was ansteht. Und das ist einiges. Schließlich ist er Ministerpräsident – und will es bleiben.

Landtagswahl im Saarland: Tobias Hans im Porträt - Der Weg  zum Ministerpräsidenten - Vater Peter Hans, Ehefrau & bisherige Ämter
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Tobias Hans kämpft um sein am als Ministerpräsident

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Foto: Ruppenthal

Zum ersten Mal muss Tobias Hans um ein Amt richtig kämpfen. Mehr Biss zeigen als seine Kontrahentin, SPD-Spitzenkandidatin Anke Rehlinger, die in Wahlprognosen deutlich vor ihm liegt. Sie nimmt zum zweiten Mal Anlauf, um Regierungschefin zu werden. Hans dagegen wird 2018 von Annegret Kramp-Karrenbauer während der Legislatur für die Nachfolge auserkoren.

Wenn Hans eins kann, dann ist es reden. Sein Auftreten ist ganz anders als das seiner Vorgänger AKK und Peter Müller. Das tut der altbackenen CDU gut. Er ist jung, charmant. Wohl auch deshalb ist er gern gesehener Gast in Talkshows. Lanz, Will, Maischberger, Plasberg. Hans will auf den Bildschirm, will bekannt werden.

Tobias Hans tritt in die Fußstapfen seines Vaters

Als Tobias Hans 1978 in Neunkirchen zur Welt kommt, denkt niemand daran, dass er 40 Jahre später Ministerpräsident sein wird. Politisch geprägt ist seine Familie aber allemal. Sein Vater Peter Hans war von 1999 bis zu seinem Tod 2007 CDU-Fraktionsvorsitzender im Landtag. Er stirbt mit nur 57 Jahren an Krebs. Was macht der frühe Verlust seines Vaters mit Tobias Hans? „Mein Vater war für mich mein Vater und weniger der Politiker Peter Hans“, sagt er. Ungeachtet der Politik: „Von ihm habe ich gelernt, wie wichtig grundsätzlich der Umgang miteinander ist. Es geht nicht um Rang und Namen, sondern darum, jedem zuzuhören und auf jeden einzugehen. Das hat mein Vater gelebt, und das lebe ich.“

Politisch tritt Hans Junior in die Fußstapfen von Vater Peter. Er startet in der Kommunalpolitik, bekleidet etliche Ämter in seinem Wahlkreis Neunkirchen. 2009 beginnt seine Karriere im Landtag, 2012 wird er parlamentarischer Geschäftsführer. 2015 muss er eine Niederlage hinnehmen: Bei der Direktwahl für das Amt des Neunkircher Landrats unterliegt er in einer Stichwahl Sören Meng (SPD). Es schadet ihm nicht. Nur zwei Tage später wird Tobias Hans Fraktionschef im Landtag, wie sein Vater. 2018 wird er Landeschef. Zu Recht?, mag man fragen. Immerhin prägt Vater Peter über Jahre die CDU-Saar. „Er war an vorderster Front. Als Sohn habe ich ein Gespür dafür bekommen, wie die CDU Saar tickt. Das hat sicherlich nicht geschadet“, sagt Tobias Hans. Dass der Vater Politiker war, sei trotzdem kein Vorteil für ihn. „Es sorgte eher dafür, dass ich härter arbeiten musste. Es hat nicht automatisch Türen geöffnet.“ 

„Harte Schule“ bei Josef Hecken

Geprägt hat ihn vor allem Josef Hecken, sagt Hans. Der damalige Gesundheitsminister ernennt ihn 2007 zu seinem persönlichen Referenten. Dafür bricht Hans sein Studium ab, nach 18 Semestern. „Dazu stehe ich auch.“ Hecken lässt ihm viel Freiraum, lässt ihn viel mitgestalten. „Ungewöhnlich für einen Referenten“, sagt Hans. „Das hat uns zusammengeschweißt.“ Eine „harte Schule“ sei es dennoch gewesen. Eine Zeit, „die er nicht missen“ möchte.

Mit 40 Jahren Ministerpräsident

Als möglichen Ministerpräsidenten hat Tobias Hans trotzdem kaum jemand auf dem Schirm. Umso überraschender, was im Februar 2018 durch die Landtagsreihen wabert. Hans soll die Nachfolge von Annegret Kramp-Karrenbauer antreten. Für ihre Heimat strebt AKK einen Generationenwechsel an. Sie empfiehlt „guten Gewissens“ den damals 40-jährigen Hans. Viele gehen zuvor davon aus, dass Stephan Toscani (damals 51) ihr Erbe antreten wird. Allerdings gilt der nicht als einer, der Partei und Wähler mitreißt. Toscani wird schließlich Landtagspräsident. Am 1. März 2018 wählen 40 der 51 Abgeordneten Tobias Hans zum neuen Ministerpräsidenten. Damit ist er jüngster Regierungschef in der Geschichte des Saarlandes.

Allerdings hat er keine Kabinett-Erfahrung. „In einer parlamentarischen Demokratie ist parlamentarische Erfahrung nicht weniger wert als Regierungserfahrung“, sagt er nach seiner Wahl. Langjährige CDU-Parlamentarier geben sich zuversichtlich.  „Er wird das schaffen und ein guter Ministerpräsident werden“, sagt damals Hermann-Josef Scharf. Die Freude ist auch bei Klaus Meiser groß, schließlich sei Hans so etwas wie sein „Ziehsohn“. Schmeichelnde Worte, ja. Allerdings ist Meiser da einige Wochen zuvor bereits wegen des Finanzskandals beim Landessportverband in Ungnade gefallen. „Fakt ist: Wir haben immer gut und freundschaftlich zusammengearbeitet. Er als Fraktionschef, ich als parlamentarischer Geschäftsführer“, sagt Hans über Meiser. Umso heftiger haben ihn Meisers Verfehlungen getroffen. „Das hat mich auf die Probe gestellt.“ Er legt Meiser nahe, Konsequenzen zu ziehen. „Am Ende geht es um das Land. Nicht um die Partei, die Person, die Freundschaft.“ Hans zeigt klare Kante – auch wenn er bis heute Meiser schätzt und sich mit ihm gut versteht, wie er sagt.

Neuer Schwung für angestaubte CDU

Seinem Start als Ministerpräsident tut das keinen Abbruch. Angreifbar ist er dennoch – seiner Vita wegen. Er ist der erste Regierungschef des Saarlandes ohne eine Ausbildung oder einen akademischen Abschluss. Kritiker kramen das immer wieder aus, auch jetzt vor der Landtagswahl. Hans konzentriert sich stattdessen darauf, was er anders machen will. „Ich werde das Land nicht auf den Kopf stellen, aber ich will neuen Schwung erzeugen.“  Er setzt zum Spagat an  – zwischen konservativ und liberal, äußerlich wie inhaltlich. Kein Hipster-Bart und bei Auftritten ist der Anzug ein Muss. Mit oft bunten Socken sticht er aber aus der Masse des Polit-Grau(en)s hervor. Er fokussiert sich auf Themen wie Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Innovationen, die die angestaubte CDU lange vor sich hergeschoben hat. Auch sprachlich will er auf der Höhe des Zeitgeistes sein: Hans beginnt konsequent zu gendern. „SaarländerInnen“ kommt kaum jemandem so leicht über die Lippen wie ihm. In sozialen Medien ist sehr er aktiv. Videos, Facebook-Posts, Instagram-Stories, auch alberne, gehören zum Alltag. Gleichzeitig kann er gut die Contenance wahren, wenn es drauf ankommt.

Kritik an Corona-Politik

Bis aus „‘em Hänsche“ für viele aber der Landesvater Tobias Hans wird, dauert es. Das kommt mit der Krise. Zu Beginn der Pandemie genießt Hans‘ Politik hohe Zufriedenheit. Es zeigt sich staatsmännisch, trifft schnell auch unbequeme Entscheidungen – zusammen mit dem Koalitionspartner SPD wohlgemerkt. Doch der Unmut der Bürger wächst. Hans kommt in Bedrängnis, die Politik seiner Großen Koalition zu verteidigen. Der Frust entlädt sich vor allem bei ihm, dem Regierungschef. Kritisiert wird er auch, dass er seinem CSU-Kollegen, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, hinterherlaufe – nach dem Motto „kleiner Bruder“ statt Führungskraft.

Im Frühjahr 2021 will die Landesregierung aus dem Fahrwasser anderer Länder heraus. Hans preist das Saarland-Modell, das testbasierte Öffnungsschritte vorsieht, in Talkshows an, von München bis Hamburg. Ein Medien-Profi, zwischen Charme und Regierungsstrenge. Doch bedient er sich dieses Musters vielleicht zu viel? Klar ist, der Amtsbonus allein wird ihm bei seinem ersten richtigen Kampf nicht genügen. Auch, wenn er sich gerne als Landesvater zeigt. Bodenständig, nahbar, familiär – für die Saarländer wählbar.

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