Landtagswahl im Saarland 2022 Anke Rehlinger im Porträt: Kugelstoß-Rekordhalterin, Anwältin – und bald Ministerpräsidentin?

Saarbrücken · 2017 unterlag SPD-Politikerin Anke Rehlinger der populären Amtsinhaberin Annegret Kramp-Karrenbauer. Vor der Landtagswahl 2022 stehen die Umfragen gut. Wer ist die Frau, die bald das Saarland regieren könnte?

Anke Rehlinger bald Ministerpräsidentin? Das ist die SPD-Spitzenkandidatin
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Von der Kugelstoßerin zur Ministerpräsidentin? Das ist SPD-Spitzenkandidatin Anke Rehlinger (Bildergalerie)

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Foto: Oliver Dietze

Anke Rehlinger nimmt am 27. März 2022 ihren zweiten Anlauf, um Ministerpräsidentin des Saarlandes zu werden. Beim letzten Mal, 2017 war das, hatte sie trotz zeitweise guter Umfragewerte für die SPD keine Chance. Am Ende siegte die CDU mit ihrer populären Regierungschefin Annegret Kramp-Karrenbauer klar mit 40,7 Prozent vor der SPD mit 29,6 Prozent.

Diesmal sind die Chancen für Rehlinger besser, auch weil die CDU auf Bundesebene sich noch nicht vom Bundestagswahl-Desaster erholt hat. In der jüngsten SR-Umfrage liegt die SPD vor der CDU, und sie persönlich auch vor Ministerpräsident Tobias Hans – was für eine Herausforderin durchaus ungewöhnlich ist.

Als wichtigstes Thema für die Zukunft des Landes sieht Rehlinger Arbeitsplätze: „Wir müssen bestehende Arbeitsplätze erhalten und neue schaffen, zum Beispiel durch Ansiedlungen.“ Im SZ-Sommerinterview sagte sie: „Mit meiner Art, Politik zu machen, haben wir in letzter Zeit aus dem Wirtschaftsministerium heraus eine ganze Reihe von Erfolgen erzielt. Eine Regierung anzuführen, gibt einem noch deutlich mehr Einfluss, den man für das Land nutzen kann.“

Anke Rehlinger – Familie, Studium, Karriere

Wer also ist die Frau, die im Frühjahr in die Staatskanzlei einziehen könnte? Anke Rehlinger ist 45 Jahre alt und lebt mit ihrem Mann Thomas, einem Hausarzt, und ihrem Sohn Paul in Wadern-Nunkirchen. Dort ist sie auch aufgewachsen. In ihrer Jugend und als junge Erwachsene war sie eine erfolgreiche Leichtathletin – damals hieß sie noch Anke Moos. Im Trikot des LC Rehlingen stellte sie mit 20 Jahren einen neuen Landesrekord im Kugelstoßen (16,03 Meter) auf, der seit 1996 bis heute hält.

Nach dem Abitur studierte Anke Rehlinger in Saarbrücken Rechtswissenschaften, besuchte den Fachanwaltslehrgang für Steuerrecht und wurde 2005 als Rechtsanwältin zugelassen. Seit 2006 ist sie Partnerin in einer überörtlichen Kanzleigemeinschaft in Losheim am See. Ihre Tätigkeit ruht derzeit aber. Als Studentin trat sie 1998 in die SPD ein, war Mitglied im Nunkircher Ortsrat und im Waderner Stadtrat, stellvertretende Juso-Landesvorsitzende, Vorsitzende der SPD in Wadern und im Kreis Merzig-Wadern. In den Landtag wurde sie erstmals 2004 im Alter von 28 Jahren gewählt. Als die SPD nach dem Scheitern der Jamaika-Koalition 2012 mit der CDU eine Regierung bildete, stieg Rehlinger zur Ministerin für Umwelt und Verbraucherschutz auf, zusätzlich leitete sie auch das Justizministerium.

Dass sie 2014 an die Spitze des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr aufrückte und zusätzlich stellvertretende Regierungschefin wurde, hing mit Heiko Maas zusammen. Der erhielt damals von Sigmar Gabriel einen Ruf nach Berlin. Schnell war klar, dass Rehlinger die neue Nummer eins der Saar-SPD wird und 2017 als Spitzenkandidatin ins Rennen gehen sollte – mit dem eingangs erwähnten Ergebnis. 2018 wurde sie als Maas‘ Nachfolgerin SPD-Landesvorsitzende, 2019 stellvertretende Bundesvorsitzende.

Mit Ministerpräsident Tobias Hans kommt Anke Rehlinger bestens aus

In der Landesregierung fand sie schnell ihre Rolle. Mit Ministerpräsident Tobias Hans kommt sie bestens aus. „Freundlich, offen und vermittelnd“ findet sie ihn. Angriffe auf Hans und den Koalitionspartner überlässt Rehlinger für gewöhnlich dem SPD-Fraktionschef im Landtag, Ulrich Commerçon. Es ist Teil einer sozialdemokratischen Arbeitsteilung.

In keinem anderen Ministerium ballen sich die Probleme und Herausforderungen des Saarlandes so sehr wie in ihrem. Der Strukturwandel der Industrie muss gemanagt werden, das bedeutet: Jobs halten, vor allem in der Stahl- und Automobilindustrie, und neue Firmen ansiedeln. Hier verweist Rehlinger auf Ansiedlungserfolge wie den Küchenhersteller Nobilia und die Batteriefabrik SVolt.

Rehlinger bemüht sich um einen kurzen Draht zu den Gewerkschaften

Um die Klimaziele zu erreichen, müssen auch die Energie- und die Verkehrswende vorangetrieben werden, auch diese Themen ressortieren in Rehlingers Ministerium.

Für den Ausbau der erneuerbaren Energien hat sie einen Plan vorgelegt, für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs einen Entwicklungsplan, der unter anderem neue Bahnstrecken vorsieht. Als Verkehrsexpertin war sie auch auf Bundesebene gefragt, wo sie nach der Bundestagswahl 2021 den Ampel-Koalitionsvertrag mitverhandelte.

Von Beginn an bemühte sich Rehlinger, selbst Mitglieder der IG BCE, um einen kurzen Draht zu den Gewerkschaften und Betriebsräten. Mit viel Verve trieb sie seit Jahren das „Fairer-Lohn-Gesetz“ voran: Das Land und die Kommunen dürfen öffentliche Aufträge nur noch an Firmen vergeben, die ihre Mitarbeiter nach Tarif zahlen. Die Unternehmer laufen Sturm dagegen, doch die Gewerkschaften sind zufrieden.

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