Landtag um 23 Stimmen verpasst Grüne hoffen nach Wahlniederlage auf Neuauszählung, AfD teilt gegen „DummschwätzerInnen“ aus

Saarbrücken · Um 23 Stimmen haben die Saar-Grünen den Einzug in den neuen Landtag des Saarlandes verpasst. Doch lässt sich an dem knappen Ergebnis bei den Wahlen am Sonntag noch etwas ändern? Das sagt die Partei heute, einen Tag nach der Wahlniederlage.

Saarland: Diese 50 Abgeordneten sitzen im Landtag
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Diese 51 Abgeordneten sitzen im saarländischen Landtag

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Foto: dpa/Harald Tittel

23, eine Zahl, die den Grünen im Saarland jetzt erst einmal anhaftet. Und die tatsächliche und verhinderte Landtagsfraktionen in der Landtagspressekonferenz an diesem Montag immer wieder zur Sprache bringen – mal abwägend (Linksfraktion), mal analysierend (FDP), mal schadenfroh (AfD-Fraktion). Fakt ist, für den Einzug in den saarländischen Landtag hat es für die Saar-Grünen bei den Landtagswahlen am Sonntag nicht gereicht, weil besagte 23 Stimmen fehlten.

Woran lag es? „Es ist auch nach einer Nacht nach wie vor bitter, dass es nicht 500 Stimmen sind, sondern 23. Und es ist mehr als schade, dass wir keine ökologische Stimme im Landtag haben“, sagte Spitzenkandidatin Lisa Becker (31) aus Blieskastel. Umweltthemen blieben dadurch auf der Strecke. Die Ausgangslage sei schwierig gewesen, sagt Becker und räumt „Querelen“ allgemein in den kleinen Parteien ein. Das war in ihrer Partei der Zwist um Hubert Ulrich. Bekommt sein Lager durch die Wahlniederlage nun Aufwind? „Das befürchte ich nicht. Es hat sich durch die Listenaufstellung eine Dynamik in der Partei entwickelt, wir haben unser inhaltliches Programm geschlossen aufgestellt“,  sagt Becker. Weiterkämpfen eine die Partei auch. „Hubert Ulrich ist Teil und Mitglied dieser Partei, wir müssen wohl oder übel mit ihm leben.“ Das große Störfeuer sieht Becker an anderer Stelle: Alles habe sich bei den Landtagswahlen vor allem zuletzt auf die Ministerpräsidentenfrage zugespitzt, das habe man in den Umfragen auch an den Verlusten der anderen Parteien gesehen. „Entscheidend dürfte eher die Zuspitzung auf die beiden großen Parteien gewesen sein“, sagt Becker.

Kleine Parteien im Saarland schaden sich mit innerparteilichem Streit

„Unsere Streitigkeiten aus den vergangenen Jahren spielen sicher auch mit rein“, sagt Becker. „Wir haben den Neuanfang mit anderen und neuen Leuten auf den Listen geschafft. Aber ich denke nicht, dass wir damit jede und jeden erreicht haben.“ Zudem hätten sich „viele andere Parteien“ ökologischen Themen angenommen – nicht nur Bunt.Saar, die 1,4 Prozent erreicht hat, sondern auch die Tierschutzpartei (2,3 Prozent). „Es gibt in diesem Bereich ein größeres Wählerklientel, aber es spaltet sich stark auf“, so Becker. Das sehe man auch daran, dass 20 Prozent der abgegebenen Stimmen im neu gewählten Landtag nicht abgebildet werden. Das sei ein Problem.

In der Landtagspressekonferenz äußerten sich mehrere Politiker zu dem grünen Wahl-Drama, das auch weitere kleine etablierte Parteien wie Linke und FDP teilen. „Ich weiß nicht, was in dieser Situation blöder ist: ein Ergebnis von 2,6 Prozent oder 23 Stimmen, die fehlen“, sagte beispielsweise Thomas Lutze, Landeschef der Saar-Linken, die 2,6 Prozent erzielt hat und dem neu gewählten Landtag nicht mehr angehören wird. FDP-Landesvorsitzender Oliver Luksic sah das Dilemma der Kleinen in der Zuspitzung auf die Ministerpräsidentenfrage. Nach Meinung von Becker sei die geringe Vertretung von Oppositionsparteien im neuen Landtag, bis auf CDU und AfD, aus demokratischer Sicht „eine Katastrophe“. Allzu große Sorgen um die oppositionelle Wirkung im Landtag macht sich Ulrich Commçon indes nicht. „Die CDU ist in der Lage, eine stabile Opposition zu stellen. Die 5-Prozent-Klausel hat sich mehrfach bestätigt, sie soll dazu dienen, dass stabile Regierungen gebildet werden können“, sagte der Vorsitzende der SPD-Fraktion. Klar formulierte Schadenfreude in Richtung Saar-Grüne kam von Rudolf Müller, stellvertretender Vorsitzender der AfD-Fraktion, der erklärte: „Es freut mich, dass diese DummschwätzerInnen nicht im Landtag sind.“ Das hätte sich das Saarland nicht leisten können, auch nicht in der Opposition.

Einzelne Gemeinden zählen nach knappen Ergebnis bei Landtagswahlen neu aus

Und jetzt? Nach dem vorläufigen Endergebnis können sich die Grünen im Saarland noch an einen Funken Hoffnung klammern: Nur besagte 23 Stimmen haben zum Einzug in den Landtag gefehlt, die Partei kommt nach vorläufigem amtlichen Endergebnis auf 4,99502 Prozent. Die Landeswahlleiterin verwies am Sonntagabend in diesem Zusammenhang darauf, dass beim endgültigen Ergebnis noch Abweichungen möglich seien. „Wir versuchen, eine Neuauszählung bei den Gemeindewahlausschüssen anzugehen. Ich weiß, dass in einigen Gemeinden von Amtswegen neu ausgezählt wird“, sagt Becker. Es gebe Vergleiche aus anderen Bundesländern, wonach manche Parteien bei knappen Ergebnissen schon nachgerückt seien. „Es ist ein Funken Hoffnung. Aber das Ergebnis bleibt abzuwarten und wir gehen davon aus, dass es nicht mehr aufzuholen ist“, sagt Becker, die ihr Amt als erste Beigeordnete und Stadträtin in Blieskastel weiter wahrnehmen will. Allerdings sagte Landeswahlleiterin Monika Zöllner dem SR, dass ein so knappes Ergebnis nicht automatisch eine Neuauszählung der Stimmen nach sich ziehen werde.

 Schaffen es die Saar-Grünen um Spitzenkandidatin Lisa Becker (links) doch noch in den Landtag – und damit in die parlamentarische Opposition zur kommenden SPD-Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (rechts)?

Schaffen es die Saar-Grünen um Spitzenkandidatin Lisa Becker (links) doch noch in den Landtag – und damit in die parlamentarische Opposition zur kommenden SPD-Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (rechts)?

Foto: dpa/Harald Tittel

Der Landeswahlausschuss will das endgültige Wahlergebnis am 6. April bekanntmachen – und damit auch die endgültige Sitzverteilung im 17. Landtag.

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