Die Aufgaben des Parlaments im Saarland Was macht der saarländische Landtag eigentlich das ganze Jahr?

Analyse | Saarbrücken · Nur noch wenige Wochen bis zur Landtagswahl im Saarland. Der Landtag hat 51 Abgeordnete. Die SZ erklärt, was ihre wichtigsten Aufgaben sind.

 Blick in den Plenarsaal des Landtags in der Franz-Josef-Röder-Straße am Saarbrücker Saarufer. In den vergangenen beiden Jahren wich das Parlament für seine Debatten meist in die Congresshalle und die Saarlandhalle aus, weil dort die Mindestabstände besser eingehalten werden können.

Blick in den Plenarsaal des Landtags in der Franz-Josef-Röder-Straße am Saarbrücker Saarufer. In den vergangenen beiden Jahren wich das Parlament für seine Debatten meist in die Congresshalle und die Saarlandhalle aus, weil dort die Mindestabstände besser eingehalten werden können.

Foto: dpa/Oliver Dietze

Im Landtag sitzen 51 Abgeordnete. Das Parlament ist „die gewählte Vertretung des Volkes“, so steht es in der Landesverfassung. Die Öffentlichkeit nimmt hauptsächlich Notiz von den Landtagsdebatten, bei denen es öfter auch mal hochhergeht. Doch das Kerngeschäft der Parlamentsarbeit sind diese Debatten, die außerhalb der Ferien ein bis zwei Mal im Monat stattfinden, nicht. Was also machen die 51 Männer und Frauen das ganze Jahr über? Die SZ erklärt die wichtigsten Funktionen des Landtags.

  • Wahl eines/einer Ministerpräsidenten/Ministerpräsidentin

Auch wenn die großen Parteien zur Landtagswahl immer mit Ministerpräsidenten-Kandidaten antreten, geht es bei der Wahl darum nur mittelbar. Denn der Regierungschef wird vom Landtag gewählt. Ein Kandidat benötigt dafür die Mehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl, also 26 der 51 Stimmen. Der Ministerpräsident ernennt dann die Minister, auch dazu bedarf es der Zustimmung des Landtags.

Wie wichtig diese Wahlfunktion des Landtags ist, kann man daran erkennen, dass das Parlament automatisch aufgelöst ist, wenn es nicht innerhalb von drei Monaten nach Zusammentritt des neu gewählten Landtages oder nach dem Rücktritt eines Regierungschefs einen neuen Ministerpräsidenten wählt.

Die Regierung kommt nicht nur durch den Landtag ins Amt, sondern auch aus dem Amt heraus. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder die Landesregierung stellt die Vertrauensfrage und die Mehrheit der Abgeordneten spricht ihr dieses Vertrauen nicht aus. Oder der Landtag spricht der Landesregierung auf Antrag von mindestens einer Fraktion das Misstrauen aus (Misstrauensvotum).

  • Gesetzgebung

Das tägliche Geschäft der Abgeordneten ist die Gesetzgebung. Gesetzentwürfe können von der Landesregierung, einer Fraktion, einem Abgeordneten oder durch ein Volksbegehren eingebracht werden. Dann findet im Landtag zunächst die erste Lesung statt, bei der die Fraktionen ihre Ansichten über den Gesetzentwurf austauschen.

In der Regel wird der Gesetzentwurf dann in den zuständigen Landtags-Ausschuss überwiesen. Dort sitzen die Fachpolitiker, die sich mit einem Thema besonders gut auskennen. Hier wird über einzelne Sätze der Gesetzentwürfe diskutiert. Bei strittigen Themen lädt der Ausschuss Wissenschaftler und Vertreter von Verbänden ein, die zu dem jeweiligen Thema etwas zu sagen haben, zum Beispiel Gewerkschaften, Unternehmensverbände, Kammern, Kirchen, Sozialverbände und so weiter.

Die Anhörungen in den Ausschüssen führen manchmal dazu, dass Fraktionen ihre Meinung bis zur zweiten Lesung noch einmal ändern. In der zweiten Lesung begründen die Fraktionen noch einmal, wie sie nun zu dem Gesetzentwurf stehen. Erhält der Gesetzentwurf bei der zweiten Lesung eine Mehrheit, wird das beschlossene Gesetz vom Ministerpräsidenten mit den zuständigen Ministern ausgefertigt und im Amtsblatt des Saarlandes verkündet.

Eine Besonderheit sind Gesetze, mit denen die Verfassung des Saarlandes geändert werden soll. Hier gibt es im Landtag nicht zwei, sondern drei Lesungen. Es reicht nicht nur die Mehrheit der Abgeordneten, sondern vorgeschrieben ist dann eine Zwei-Drittel-Mehrheit.

Welche Bereiche der Landtag per Gesetz regeln darf, ist nicht ganz einfach zu sagen, weil die Abgrenzung zur Kompetenz des Bundes schwierig sein kann. In die Zuständigkeit des Landtags fallen aber unter anderem Schulen, Hochschulen, Kindertagesstätten, Kultur, Polizei, Krankenhäuser, Kommunen, Beamte, Denkmalschutz, Medien, Wald, Wahlrecht und Möglichkeiten direkter Demokratie, Ladenschluss, Spielhallen, Strafvollzug, Rettungsdienst und Feuerwehr.

Im Landtag werden nicht nur Gesetzentwürfe diskutiert, sondern auch Anträge. Sie stellen eine politische Willenserklärung dar. In ihnen wird meistens die Landesregierung aufgefordert, etwas Bestimmtes zu tun oder zu unterlassen. Für die Oppositionsfraktionen ist das eine gute Gelegenheit, ihre politischen Alternativen darzustellen.

  • Haushaltsrecht

Das Budgetrecht wird oft als das „Königsrecht“ des Parlaments bezeichnet. Denn aus dem Haushalt ergibt sich zum Beispiel, wie viele Polizisten und Lehrer sich das Land leisten kann, wie gut die Hochschulen oder die Justiz ausgestattet sind. Für jedes Jahr beschließt der Landtag einen Haushaltsplan, in dem steht, wie viel Geld das Land einnehmen wird und wie viel die Landesregierung für welchen Zweck ausgeben wird. Manchmal beschließt der Landtag auch einen Doppelhaushalt für zwei Jahre.

Der Haushaltsplan hat Gesetzeskraft. Ganz frei ist der Landtag dabei aber nicht. Die Schuldenbremse des Grundgesetzes schreibt vor, dass die Bundesländer in normalen Zeiten – also wenn nicht gerade eine Naturkatastrophe passiert ist oder sich eine Pandemie ausbreitet – keine Kredite aufnehmen dürfen. Einnahmen und Ausgaben müssen ausgeglichen sein.

Die Einnahmeseite des Landeshaushalts kann der Gesetzgeber kaum beeinflussen, da über die wichtigsten Steuern der Bundestag entscheidet. Der Landtag kann im Wesentlichen die Höhe der Grunderwerbsteuer festlegen, deren Aufkommen aber nicht sonderlich viel zum Haushalt beiträgt. Das hat dazu geführt, dass im Saarland regelmäßig die Ausgabenseite im Fokus der Haushaltsdebatten steht.

  • Kontrolle der Regierung

Die Arbeit der Regierung bedarf der Kontrolle. Dies ist eine wichtige Aufgabe des Landtags. Sie wird in erster Linie von der Opposition wahrgenommen. Das stärkste Kontrollinstrument des Parlamentes ist das Misstrauensvotum (siehe oben).

Die Abgeordneten können auch schriftliche Anfragen an die Landesregierung richten, die diese beantworten muss, sie können vor Beginn einer Landtagsdebatte eine mündliche Anfrage an die Regierungsmitglieder stellen oder sie können Debatten zu dringlichen Themen auf die Tagesordnung des Landtags setzen lassen.

In den Ausschüssen des Landtags können die Abgeordneten Berichte der Landesregierung zu Themen, die sie für wichtig halten, beantragen. Ein besonders scharfes Schwert zur Kontrolle ist die Möglichkeit, Missstände von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen aufklären zu lassen. Diese Ausschüsse haben deutlich mehr Befugnisse als ein normaler Ausschuss und können unter anderem ähnlich wie Gerichte Zeugen laden und Beweis erheben.

Die Kontrollfunktion des Parlaments gegenüber der Landesregierung wird allerdings dadurch erschwert, dass wenigen Abgeordneten, die auch nur über wenige Mitarbeiter verfügen, ein ganzer Apparat der Ministerialbürokratie (1700 Mitarbeiter) und der Landesverwaltung (über 20 000 Beschäftigte) mit entsprechender Fachexpertise gegenübersteht.

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