Landkreistag stellt sich gegen Storm

Saarbrücken · Der Vorsitzende des Landkreistags, Udo Recktenwald (CDU), rügt Sozialminister Andreas Storm (CDU). Grund ist Storms Entscheidung, Arbeitstrainingsplätze für psychisch Kranke im Land nicht mehr zu finanzieren.

Die Kritik an Sozialminister Andreas Storm (CDU) wegen der zum Jahresende ausgesprochenen Kündigung der bisher vom Land finanzierten 50 Arbeitstrainingsplätze (ATP) für psychisch Kranke wächst. Nachdem die ATP-Träger die Entscheidung von Storm bereits heftig kritisiert hatten, stellte sich gestern auch der Vorsitzende des Landkreistags, Udo Recktenwald (CDU), gegen den Minister. In einem der SZ vorliegenden Schreiben des St. Wendeler Landrats an Storm heißt es: "Die Entscheidung, Menschen mit einer psychischen Behinderung eine niedrigschwellige Hilfestellung beim Wiedereinstieg in das Erwerbsleben nicht mehr anzubieten, bedauere ich zutiefst."

Das ATP-Projekt bereitet psychisch Kranke auf den allgemeinen Arbeitsmarkt vor. Fachkräfte begleiten die Teilnehmer auf den Trainingsplätzen in den Betrieben. Insgesamt stehen im Land 123 ATP-Plätze zur Verfügung, wobei 73 Plätze für Hartz-IV-Bezieher durch die Landkreise und 50 für sonstige Personen - insbesondere Sozialhilfe-Empfänger - durch das Land finanziert werden. Auf den vom Land gekündigten 50 Plätzen waren im Juli 33 Teilnehmer gemeldet.

Recktenwald nannte Angaben des Ministeriums zur angeblich mangelnden Effektivität der ATP "so nicht nachvollziehbar". Er bezog sich dabei auf die Darstellung Storms, dass "in den vergangenen zwei Jahren" nur zwei Teilnehmer, deren ATP-Platz vom Land finanziert wurde, in ein Arbeitsverhältnis vermittelt worden seien. Dazu erklärte der Landrat, diese zwei Vermittlungen seien "alleine im Landkreis St. Wendel in den vergangenen Jahren übertroffen" worden.

Storm korrigierte seine anfängliche Darstellung auf Anfrage dahingehend, dass allein im Jahr 2012 zwei Teilnehmer der vom Land finanzierten Maßnahme in ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis vermittelt wurden, zwei in ein Ausbildungsverhältnis und sieben in eine geringfügige Beschäftigung. Das entspräche einer Vermittlungsquote von 36,7 Prozent. Storm sieht allerdings die Vermittlung in einen Minijob angesichts des "hohen finanziellen Aufwands" des ATP-Projekts nicht als eine "adäquate Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt" an.

Im Kündigungsschreiben an Landkreise und ATP-Träger vom 25. Juni - genau acht Tage nach der Haushaltsklausur des Kabinetts - verwies das Ministerium auf "zwingende Einsparungsgründe". Storm räumte auf Anfrage ein, seine Entscheidung vorher nicht mit den ATP-Trägern diskutiert zu haben. Dies, so der Minister, sei wegen der zeitlichen Nähe der Haushaltsklausur zu den für das ATP-Projekt geltenden Kündigungsfristen "nur schwer machbar" gewesen. Auch den Landesbehindertenbeirat hatte Storm vorher nicht konsultiert.

Nach seiner Darstellung bieten sich für psychisch Kranke als Alternative zu den ATP die Beschäftigung auf einem ausgelagerten Werkstattplatz oder - als arbeitsmarktferne Maßnahme - "ambulante Hilfen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen Leben" an. Noch in der vorigen Woche hatte Storm diese Menschen insbesondere auf die von der Bundesagentur für Arbeit finanzierte "Unterstützte Beschäftigung" (UB) verwiesen - ebenfalls eine Art Arbeitstraining zur Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt. Dies korrigierte er nun aber dergestalt, dass die UB grundsätzlich nur für die von den Landkreisen finanzierten ATP-Projekte als Alternative in Betracht komme.

Die Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie bezeichnete die Einstellung des ATP-Projekts durch die Saar-Regierung unterdessen als "aus fachlicher Sicht unverantwortlich".

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