Landkreis geht gegen Leerstände vor

St. Wendel. Zwei Mal im Jahr wird sie gemäht, die große Wiese inmitten des Neubaugebietes aus den 80er-Jahren. Eigentlich könnte auch hier längst ein Haus stehen, allerdings ist das Gelände in Privathand und bisher unverkäuflich, sagt der Besitzer. Es könnte ja sein, dass eines der Kinder, mittlerweile wohl Enkelkinder, hier bauen will

St. Wendel. Zwei Mal im Jahr wird sie gemäht, die große Wiese inmitten des Neubaugebietes aus den 80er-Jahren. Eigentlich könnte auch hier längst ein Haus stehen, allerdings ist das Gelände in Privathand und bisher unverkäuflich, sagt der Besitzer. Es könnte ja sein, dass eines der Kinder, mittlerweile wohl Enkelkinder, hier bauen will.Szenenwechsel: Das alte einstöckige Haus im Dorfkern steht schon seit Jahren leer. Keiner will es kaufen. Viel zu viel Geld müsste der neue Besitzer in das marode Haus stecken und hätte dann immer noch ein altes Haus.Leerstehende Häuser, zerfallende Gebäude, Baulücken, wohl jeder im St. Wendeler Land kennt solche Beispiele aus seinem Heimatdorf. Und gerade die Zahl der leer stehenden Häuser wird in den kommenden Jahren noch deutlich zunehmen. Allein auf Grund der demographischen Entwicklung.Dieses Problem will der Landkreis St. Wendel in Zusammenarbeit mit den Kommunen jetzt angehen. Ausgangspunkt wird eine Flächenmanagementdatenbank für das gesamte St. Wendeler Land sein.Was sich dahinter verbirgt, erläuterten Landrat Udo Recktenwald (Foto: lk) und der Demographiebeauftragte des Landkreises, Thomas Gebel (Foto pr), im SZ-Gespräch.Dorf für Dorf, Gemeinde für Gemeinde werden in den kommenden Monaten alle Baulücken und Gebäudeleerstände systematisch erfasst, beschrieben und fotografiert. Das übernimmt der ausgebildete Stadtplaner Helmut Becker im Auftrag des Landkreises. Zu Fuß geht er mit dem jeweiligen Ortsvorsteher die Straßen ab. Erstes Dorf ist Selbach, die erste Gemeinde, die erfasst wird, ist somit Nohfelden. Hat Becker alle Daten einer Kommune zusammen, übergibt er die Datenbank an die jeweilige Gemeinde, die sie künftig auf dem Laufenden hält. Die notwendige Computersoftware ist schon angeschafft. Im nächsten Schritt schreibt dann die Gemeinde die Eigentümer an. Sie müssen ihr Einverständnis geben, dass ihre leer stehende Immobilie oder die Baulücke in einer Leerstandsbörse erfasst und auch veröffentlicht wird. Ziel ist es nämlich, die Eigentümer bei der Vermarktung zu unterstützen und andererseits Kaufinteressenten und Bauwilligen einen Überblick zu geben.Erfahrungen mit solchen Leerstandsbörsen in Bayern und Baden-Württemberg stimmen Thomas Gebel optimistisch: "Hier sind 15 bis 27 Prozent der erfassten Baulücken auf den Markt gekommen."Das sei auch dringend notwendig. Denn der Landesentwicklungsplan lasse kaum noch Baulanderschließungen für Neubaugebiete zu. Deshalb finden oftmals junge Familien, die bauen wollen, in ihrem Heimatort keinen Bauplatz. Gleichzeitig gibt es aber in fast allen Dörfern Baulücken.Ein anderes Problem ist die zunehmende Zahl leer stehender Häuser und als Folge die wachsende Gefahr verödender Dorfkerne.Mit Hilfe der Datenbank wollen die Gemeinden und der Landkreis erstmals die aktuelle Situation erfassen. Ende 2006 hatten fünf von acht Kreisgemeinden schon einmal ein Kataster erstellt und waren auf 476 leer stehende Häuser gekommen. Mittlerweile dürften es deutlich mehr sein.Je mehr Leerstände, desto weniger werden Trinkwasser- und Abwasserleitungen genutzt, desto höher sind die Kosten für die Unterhaltung von Strom- und Telekommunikationsleitungen. Wobei so mancher Erbe den Sanierungsbedarf alter Häuser unter- und den Wert der Immobilien überschätzt. Ziel ist es auch hier, in Zusammenarbeit mit den Besitzern die Zahl der leer stehenden Häuser zu verringern. Wobei in einigen Fällen der Abriss und Neubau wohl die vernünftigste Alternative ist.

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