Landesweit erste Roma-Beratungsstelle in Saarbrücken eröffnet

Saarbrücken. Wie viele Roma im Saarland leben, darüber findet man keine verlässlichen Zahlen. Denn die amtliche Statistik erfasst nur Herkunftsländer, keine ethnische Zugehörigkeit. "Wir haben Roma aus vielen Ländern, aus Polen, Ex-Jugoslawien, Bulgarien, Rumänien, sie wohnen vor allem in Marpingen, Illingen, St

Saarbrücken. Wie viele Roma im Saarland leben, darüber findet man keine verlässlichen Zahlen. Denn die amtliche Statistik erfasst nur Herkunftsländer, keine ethnische Zugehörigkeit. "Wir haben Roma aus vielen Ländern, aus Polen, Ex-Jugoslawien, Bulgarien, Rumänien, sie wohnen vor allem in Marpingen, Illingen, St. Wendel, Ottweiler, Saarlouis und Saarbrücken", sagt Sasa Radulovic (Foto: sbu). Der 38-Jährige, selbst Roma, in Deutschland geboren und seit vielen Jahren im Saarland ansässig, will den Sinti und Roma künftig Hilfestellung bei Alltagsproblemen bieten. Viermal die Woche steht ihnen Radulovic, unterstützt von seinem 20-jährigen Sohn Bruno, im Zerfer Weg 2 in Saarbrücken-Burbach mit Rat und Tat zur Verfügung. Denn dort, in enger Nachbarschaft zum Jugendamt, eröffnete gestern die landesweit erste Roma-Beratungsstelle. Getragen wird die Einrichtung von der Roma-Union, einem noch im Aufbau befindlichen Verein. Entwickelt hat das Projekt das SOS-Kinderdorf, das seit Jahren im Auftrag des Jugendamts Einzelfallhilfe bei Roma-Kindern leistet. Es hat auch die Anschubfinanzierung über das Förderprogramm "Vielfalt tut gut" des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vermittelt und begleitet die Beratungsstelle in der Anfangsphase.

"Die Leute können oft die deutsche Sprache nicht", benennt Radulovic eines der Hauptprobleme der Sinti und Roma. "Sie haben keine Ahnung, wie man Verträge und Antragsformulare ausfüllt und wissen nicht, dass sie nicht unter Brücken leben müssen, sondern dass es Einrichtungen gibt, die ihnen helfen können."

Andererseits weiß Radulovic, der in Romakreisen respektvoll "Sheriff" genannt wird, auch um Traditionen, die der Integration im Wege stehen. Spätestens ab 13 Jahren schickten die Familien ihre Töchter nicht mehr in die Schule - um deren Jungfräulichkeit nicht zu gefährden. "Wir versuchen, an dieser Mentalität etwas zu ändern, aber das geht nicht so schnell", erklärt Radulovic. Mit dem Jugendamt, der Polizei, der Gemeinwesenarbeit zusammenzuarbeiten und zu vermitteln, ist daher eine weitere wichtige Aufgabe, die Radulovic mit der Beratungsstelle leisten will - und das ehrenamtlich. Damit es nicht so weit komme wie in Frankreich, sagt er. "Weil Roma da abgeschoben werden, kommen viele jetzt nach Deutschland". Er könne nicht im ganzen Saarland aktiv werden, schränkt Radulovic ein, aber zumindest im Großraum Saarbrücken helfen, auf beiden Seiten Ängste abzubauen.

Infos unter Tel. (06 81) 9 35 40 99.

Hintergrund

Die Bundesländer gehen unterschiedlich mit ausreisepflichtigen Roma aus dem Kosovo um. Manche Länder haben noch keinen gezwungen, auf den Balkan zurückzukehren. Im Saarland leben nach Angaben einer Sprecherin des Innenministeriums derzeit 81 ausreisepflichtige Roma aus dem Kosovo. Zwei Roma seien dieses Jahr in den Kosovo abgeschoben worden. Weitere Abschiebungen seien zur Zeit nicht geplant, hieß es. Die meisten der geduldeten Roma lebten im Landesaufnahmelager Lebach. In Rheinland-Pfalz halten sich 295 ausreisepflichtige Roma aus dem Kosovo auf. Sechs wurden 2010 abgeschoben. dpa/dik

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