Projekt des Generallandesarchivs in Karlsruhe Daten zur Geschichte des Lagers Gurs

Karlsruhe · Ein Projekt des Generallandesarchivs in Karlsruhe erfasst zentral Daten über die Juden aus Baden, der Pfalz und dem heutigen Saarland, die von den Nationalsozialisten im Oktober 1940 in das Internierungslager Gurs in Südfrankreich deportiert wurden.

Zentrale Erfassung von Daten der ins Internierungslager Gurs Deportierten
Foto: dpa/Paul Zinken

Informationen über Herkunft und Deportationswege der mehr als 6500 Verschleppten sollen aus verschiedenen Quellen gebündelt und auf einem Internetportal für die Forschung sowie für die interessierte Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, sagte Projektleiter Martin Stingl.

Das Portal soll insbesondere einen zentralen und übergreifenden Einstieg in vorhandene, aber oft nicht allgemein bekannte Informationsangebote ermöglichen. Im Spätjahr sollen erste Ergebnisse veröffentlicht werden, 2021 soll ein Großteil der Informationen abrufbar sein. Die erste große Massendeportation von Juden m Deutschen Reich jährt sich am 22. Oktober zum 80. Mal. Aus dem Saarland planen Gruppen aus Saarwellingen und vom Saar-Landtag zu den Gedenkfeiern in Gurs zu reisen.

Erstmals trage ein dreiköpfiges Projekt-Team des Generallandesarchivs seit vergangenen März Grunddaten über betroffene jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger aus Baden, der Pfalz und dem heutigen Saarland zusammen, sagte Stingl. In dem Internetportal würden ständig neue Informationen, etwa aus kommunalen und staatlichen Archiven, eingepflegt. Auch sollen Fotografien und Quellennachweise zu den betroffenen Menschen dort eingestellt werden.

Das Projekt wird durch das Land Baden-Württemberg finanziert und erfolgt in Abstimmung mit der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden. Ziel des Projekts sei es, Historikern, Schulen und Initiativen der Gedenkarbeit für ermordete Juden wie „Stolpersteine“ einen besseren Zugriff auf vorhandene Daten zu geben und sie auch zu vernetzen.

In einer ersten Projektphase würden die Daten der deportierten Juden systematisch erfasst, anschließend werden die Biogramme mit Quellennachweisen und weiteren Online-Angeboten verknüpft. Hier würden auch die Forschungen, die in den letzten Jahren in vielen Kommunen erfolgten, eingebunden. Noch immer bestünden zahlreiche Forschungslücken mit Blick auf die deportierten Juden, sagte Stingl.

Die Aktion war von den NS-Gauleitern Robert Wagner (Baden) und Josef Bürckel (Saarpfalz) geplant worden. So sei etwa die tatsächliche Zahl der Juden unklar, die in das Gebiet des mit den Nazis kollaborierenden französischen Vichy-Regimes verschleppt wurden. In manchen Fällen dokumentierten die Nazi-Behörden auf ihren Listen falsche Namen oder es kam zu Doppelnennungen. Auch wurden wohl viele Kinder nicht erfasst.

Etwa zwei Drittel der Deportierten wurden von Gurs aus zwischen 1942 bis 1944 von den Nazis in die Vernichtungslager im Osten transportiert und dort ermordet oder starben im Lager Gurs aufgrund der unmenschlichen
Unterbringung.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort