Beschluss des Ministerrats Ab 31. Mai wieder voller Präsenzunterricht an Saar-Schulen

Saarbrücken · Das saarländische Kabinett hat am Dienstag einer Beschlussvorlage von Bildungsministerin Streichert-Clivot zugestimmt.

Wieder voller Präsenzunterricht im Saarland nach den Pfingstferien
Foto: dpa/Frank Rumpenhorst

Es hatte sich bereits am vergangenen Freitag angedeutet, nun ist es offiziell. Der Ministerrat im Saarland hat am Dienstag dem Wiedereinstieg in den vollen Präsenzunterricht nach den Pfingstferien zugestimmt. Das teilte Saar-Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD) nach der Kabinetts-Sitzung mit. Damit folgte der Ministerrat einer Beschlussvorlage der Ministerin und „hat auch klar zum Ausdruck gebracht, dass es eine Priorität für Kinder und Jugendliche gibt“, sagte Streichert-Clivot. Geplant ist, dass alle Schüler ab dem 31. Mai wieder täglich zur Schule gehen. Der wochenweise Wechsel zwischen Distanzlernen zu Hause und Unterricht in den Bildungseinrichtungen hätte damit ein Ende.

Vorausgesetzt, der Sieben-Tage-Inzidenzwert pendelt sich auf Landesebene bis dahin stabil unter 100 ein, erklärte die Ministerin. Landesweit lag der Wert am Dienstag laut Robert-Koch-Institut (RKI) bei 86,3. Wenn in einem Landkreis die Infektionszahlen allerdings wieder steigen, und der Sieben-Tage-Inzidenzwert an drei Tagen in Folge über 100 liegt, tritt die Bundesnotbremse erneut in Kraft. Die Schüler müssten also wieder in den Wechselunterricht. Ab einer Inzidenz von 165 an drei Tagen wäre nur noch Fernunterricht erlaubt.

„Jeder Tag, den Schülerinnen und Schüler wieder früher im Präsenzunterricht verbringen könnten, hat eine zentrale Bedeutung.“ Angesichts der sinkenden Infektionszahlen „können wir diesen Schritt jetzt gehen“.

Der volle Präsenzunterricht gleiche nicht dem Unterricht vor der Pandemie, betonte die Ministerin. Es gelten weiterhin die Infektionsschutzmaßnahmen gemäß des Hygieneplans. Schüler, Lehrer wie weiteres Schulpersonal müssen eine Maske tragen, die Räume müssen regelmäßig gelüftet werden. Der Abstand von eineinhalb Meter muss außerhalb des Unterrichts eingehalten werden und die Schüler lernen in festen Kohorten nach Jahrgangsstufe. Auch die Testpflicht zwei Mal pro Woche geht weiter. Wer sich nicht testen lässt, darf die Schule nicht betreten.

Die Infektionszahlen in den Schulen seien rückläufig, sagte die Ministerin. Wurden Ende April noch 156  Schüler positiv auf Corona getestet, waren es vergangene Woche 48. In Quarantäne befinden sich aktuell 182 der insgesamt 120 000 Schüler im Saarland. Die Anzahl der positiv getesteten Lehrer befinde sich seit Wochen auf einstelligem Niveau. In Quarantäne sind aktuell sieben Lehrkräfte, ebenso sieben weitere Schul-Beschäftigte.

Der Landesverband der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) steht der geplanten direkten Rückkehr zur Vollpräsenz nach den Pfingstferien skeptisch gegenüber, da die vom Robert-Koch-Institut empfohlenen Inzidenzwerte von 50 für sichere Schulöffnungen noch deutlich überschritten werden. „Nur wenn es das Infektionsgeschehen zulässt und wir nach den Pfingstferien in allen Landkreisen stabile Inzidenzwerte unterhalb von 50 haben, ist nach dieser langen Phase des Distanz- und Wechselunterrichts eine Rückkehr zur Vollpräsenz akzeptabel“, so die GEW-Landesvorsitzende Birgit Jenni.

Die Landeselterninitiative für Bildung befürwortet angesichts der niedrigen Infektionszahlen in den Schulen eine Rückkehr in den Präsenzunterricht der ganzen Klasse. „Mit mulmigem Gefühl zwar, aber in der Zuversicht, dass bei funktionierendem Hygienekonzept und eingespielten Testungen die Vorteile für die Persönlichkeitsentwicklung, die Sozialkompetenz und den Lernerfolg überwiegen“, teilte die Initiative der SZ mit. Die Eltern fordern jedoch, dass im ÖPNV wieder Verstärkerfahrten organisiert werden, und appellieren an die Verantwortlichen, die Verteilung der Schüler auch zu steuern. Es diene nicht der Akzeptanz der Corona-Schutzregeln und der Bereitschaft, sie weiterhin überall zu beachten, wenn in Schülerbussen Abstandsregeln nicht eingehalten würden können und dies toleriert werde. Ein Appell der Eltern geht auch an die Schulträger, die Mittel, die das Land für Luftreinigungsgeräte bereitstellt, auch tatsächlich für alle Klassen, die nicht gut gelüftet werden können, in Anspruch zu nehmen.

Was nun ebenfalls dringend anlaufen müsse, sei das zwei Milliarden Euro schwere „Aktionsprogramm Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ des Bundes, sagte die Bildungsministerin. Einen Schwerpunkt bildet die Aufarbeitung von Lerndefiziten. Dafür stellt das Bundesbildungsministerium unter Ministerin Anja Karliczek (CDU) eine Milliarde Euro bereit. Über die Umsatzsteuer fließen voraussichtlich 12 Millionen Euro ins Saarland. Das Land selbst muss ko-finanzieren. Wie viel und welche Programme genau unterstützt werden, ist noch unklar. Dazu werde es laut Streichert-Clivot eine Bund-Länder-Vereinbarung geben. Die Verhandlungen liefen, spätestens in der ersten Juni-Hälfte würde die Vereinbarung unterzeichnet.

Weil laut einer Studie der Uniklinik Hamburg fast jedes dritte Kind während der Pandemie psychische Auffälligkeiten entwickelt hat, möchte die Ministerin den Fokus auf einen ganzheitlichen Ansatz legen: Lerndefizite aufarbeiten und gleichzeitig die Schüler sozial-emotional stärken. „Es geht nicht immer um den Unterrichtsstoff, sondern auch um den persönlichen Kontakt zu Gleichaltrigen.“ Es brauche Verknüpfungen in den Nachmittag und in die Ferienzeit, in Kooperation mit außerschulischen Trägern. Man befinde sich in Gesprächen mit den Trägern. Definitive Kooperationsverträge und Mittelzuweisungen könnten aber erst dann erfolgen, wenn die Vereinbarung zwischen Bund und Länder stehe.

Ein Baustein seien Feriencamps in den Sommer- und Herbstferien. Dort sollen Schüler in den Kernfächer wie Deutsch, Mathematik und Fremdsprachen Förderangebote erhalten. Aber nicht nur. Denn zusätzlich soll es Freizeitangebote geben, etwa aus dem musisch-kulturellen und sportlichen Bereich. Dafür brauche es zusätzliches pädagogisches Fachpersonal, das mit den Bundesgeldern finanziert werden könnte.

CDU-Bildungspolitiker Frank Wagner betonte am Dienstag, das derartige Kurse schon vor den Ferien starten müssten, „wenn noch in diesem Schuljahr aufgeholt werden soll. So verfährt auch Rheinland-Pfalz. Grundfertigkeiten wie Lesen und Rechnen müssen jetzt aufgearbeitet werden, denn hier wurde schon zu viel Zeit verloren“.

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