CDU-Parteivorsitzende Warum Annegret Kramp-Karrenbauer aufgibt

Saarbrücken/Berlin · Die CDU-Bundesvorsitzende hatte in ihrer Partei zuletzt ein massives Autoritätsproblem. Das zeigten die Vorgänge in Thüringen. Doch ihre Probleme begannen schon wesentlich früher.

 Annegret Kramnp-Karrenbauer

Annegret Kramnp-Karrenbauer

Foto: dpa/Michael Kappeler

Die Nachricht vom Rückzug der CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer kam am Montagmorgen überraschend. Aber eine echte Sensation war sie nicht. Nach dem Thüringer Wahl-Eklat war deutlich geworden, dass sie ein Autoritätsproblem hat. Ihrer Aufforderung, in dem ostdeutschen Bundesland Neuwahlen anzustreben, widersetzten sich die CDU-Abgeordneten im Thüringer Landtag. Am Ende blieb ein windelweicher Kompromiss, erst übergangsweise einen neuen Ministerpräsidenten zu wählen und danach eine Neuwahl anzugehen.

Reaktionen zum AKK-Verzicht auf Kanzlerkandidatur und CDU-Vorsitz
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Foto: dpa/Christian Charisius

Ihre innerparteilichen Gegner nutzten dies, um Kramp-Karrenbauer Führungsschwäche vorzuwerfen. „Statt die Dinge laufen zu lassen, hätte die Parteispitze gut daran getan, Führung zu zeigen“, sagten der Chef des Unions-Mittelstands, Carsten Linnemann, und der Vorsitzende der Nachwuchsorganisation Junge Union, Tilman Kuban, vor Tagen der „Welt“. Ungefähr zur gleichen Zeit kündigte ihr innerparteilicher Rivale Friedrich Merz an: „Ich werde mich in den nächsten Wochen und Monaten noch stärker für dieses Land engagieren.“

Nun wird bekannt, dass Kramp-Karrenbauer ihre Entscheidung wohl schon am Samstag getroffen und danach auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) informiert hat. Das berichtet die „Welt“. Am Sonntagabend soll sie ihre Stellvertreter in Berlin informiert haben. „Das Gespräch lief nicht so, dass sie den Eindruck hatte, Kanzlerkandidatur ergebe noch Sinn“, berichtet der „Welt“-Korrespondent Robin Alexander. Dem wurde aus Parteikreisen gleichwohl widersprochen.

Am Montagmorgen begründete Kramp-Karrenbauer ihren Verzicht auf die Kanzlerkandidatur und den Rückzug als Parteivorsitzende dann mit den Worten, es gebe „ein ungeklärtes Verhältnis von Teilen der CDU mit AfD und Linken“. Sie sei strikt gegen eine Zusammenarbeit mit beiden. Da Kandidatur und Vorsitz in eine Hand gehörten, solle beides bis Sommer geklärt werden.

Dass das Verhältnis zu AfD und Linken ungeklärt ist, kann man wohl sagen. Zwar gibt es einen Unvereinbarkeitsbeschluss des Bundesparteitages zu beiden Seiten. Allerdings wurde und wird dieser von unterschiedlichen Gruppen in der Partei infragegestellt. Nicht wenige Politiker aus den ostdeutschen Ländern würden gerne mit der AfD zusammenarbeiten, dies läuft dann unter dem Stichwort „Minderheitsregierung“. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Stimmen in der CDU, die das Verhältnis der CDU zur Linken neu bewerten wollen. Auch dagegen gibt es in der Partei breiten Widerstand.

Kramp-Karrenbauer hatte allerdings auch ohne die Thüringen-Diskussion in der Partei einen schweren Stand. Der Bundesparteitag im Dezember 2018 hatte sie nur mit knapper Mehrheit gegen Ex-Fraktionschef Friedrich Merz gewählt. Kramp-Karrenbauer hatte die Merkel-Anhänger in der Partei, den Sozialflügel und die Frauen-Union hinter sich, Merz die Konservativen und die Wirtschaftsliberalen. Bei dieser Spaltung blieb es, auch wenn AKK den Konservativen hin und wieder versuchte, ein paar inhaltliche Angebote zu machen.

Allerdings fanden sich die Merz-Anhänger nie mit der knappen Niederlage ihres Idols ab und stänkerten ständig gegen Kramp-Karrenbauer. Der eine oder andere Fehltritt ließ aber auch Angehörige des eigenen Lagers an ihrer Eignung für höhere Ämter zweifeln. Ihre Beliebtheitswerte: katastrophal. Nicht umsonst stellte sie beim Bundesparteitag im November 2019 die Vertrauensfrage: Wenn die Partei nicht bereit sei, ihren Kurs mitzugehen, „dann lasst es uns heute aussprechen“, sagte sie damals. „Dann lasst es uns heute auch beenden. Hier und jetzt und heute.“ Doch keiner ihrer Gegner wagte sich aus der Deckung.

Hinzu kam, dass die Abstimmung mit Kanzlerin Merkel jedenfalls nach außen hin nicht optimal funktionierte. Durchstechereien, Merkel halte Kramp-Karrenbauer als Kanzlerin angeblich für ungeeignet, machten 2019 die Runde. Ob Merkel das intern tatsächlich gesagt hat, ist bis heute ungeklärt.

Die Arbeitsteilung mit der Kanzlerin war für Kramp-Karrenbauer nachteilig: Merkel glänzte auf diplomatischem Parkett in der Welt, während Kramp-Karrenbauer zu Hause um innerparteiliche Autorität kämpfte. Daran änderte auch nichts, dass sie 2019 das Verteidigungsministerium übernahm, um ein bisschen was vom internationalen Glanz abzubekommen. Dieses Amt hatte zur Folge, dass sie häufig mit der Bundeswehr unterwegs war, auch im Ausland, während zu Hause die Partei Ärger machte.

„Am meisten geschadet hat ihr der Egoismus Angela Merkels. Hinzu kam die Unsicherheit, Lagen richtig einzuschätzen. Dass es nichts mehr wird, hat AKK nun aber korrekt eingeschätzt“, schreibt der „Spiegel“-Korrespondent Markus Feldenkirchen auf Twitter.

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