Verkehrswende im Saarland Mehr Unterstützung beim ÖPNV-Ausbau gefordert

Saarbrücken · Verbände bewerten den Verkehrsentwicklungsplan der Landesregierung positiv. Bald mehr Busse nach Luxemburg. Es gibt aber auch Kritik.

Verbände äußern sich zu Verkehrsentwicklungsplan für ÖPNV im Saarland.
Foto: Manuela Meyer

Der öffentliche Personennahverkehr im Saarland soll attraktiver und zeitgemäßer werden. Deshalb hat die saarländische Landesregierung im Februar einen Verkehrsentwicklungsplan (VEP) aufgestellt, der umfangreiche Änderungen beinhaltet (wir berichteten). Eine ähnlich weitreichende Verkehrsreform im Land gab es zuletzt im Jahr 1998. Der neue VEP sieht unter anderem vor, stillgelegte Bahnverbindungen im Saarland zu reaktivieren. Außerdem verändert sich im ÖPNV etwas im häufig kritisierten Wabensystem der Tarife: Ab dem 1. Juli sollen landesweit neue Tarife gelten. Für die Verkehrswende investiert die Landesregierung 355 Millionen Euro.

In einer Anhörung vor dem Ausschuss Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr im saarländischen Landtag nahmen am Mittwoch Wirtschafts- und Umweltverbände, Gewerkschaften und weitere Interessensvertreter Stellung zum neuen VEP. Dabei gab es viel Zustimmung für die Pläne. „Das ist ein Verkehrsentwicklungsplan, der diesen Namen verdient hat und der in die richtige Richtung geht“, sagte etwa der stellvertretende Geschäftsführer der Gewerkschaft Verdi im Saarland, Christian Umlauf. Wichtig sei, dass man bei der Planung auch an die Beschäftigten im ÖPNV denke. „Es darf nicht nur in das Tarifsystem und die Infrastruktur, sondern es muss auch in Köpfe investiert werden“, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme zum VEP von den Gewerkschaften Verdi und EVG mit der Arbeitskammer. Umlauf fordert einen höheren Zuschuss vom Bund als die bisher vorgesehenen 50 Millionen Euro, um die Verbesserung des ÖPNV auch dauerhaft gestalten zu können.

Auch der saarländische Städte- und Gemeindetag (SSGT) sieht den VEP grundsätzlich positiv. Der ÖPNV sei wichtig für die Lebensqualität der Bürger und müsse verbessert werden. Allerdings mahnten Präsident Hermann Josef Schmidt (CDU) und sein Vize, der Neunkircher Oberbürgermeister Jörg Aumann (SPD), dass durch den VEP auch viele Aufgaben auf die Kommunen zukämen. Sollten Strecken reaktiviert werden, würden zusätzliche Betriebskosten entstehen. Der SSGT fordert daher verbindliche Unterstützung vom Land für die finanzschwachen Kommunen. „Wer das machen möchte, muss auch in die eigene Tasche greifen“, sagte Aumann. Eine Größenordnung konnte er auf Nachfrage zunächst nicht nennen. Bisher gibt es noch keinen Zeitplan, wann welche Strecken reaktiviert werden sollen.

IHK und Handwerkskammer begrüßten, dass es im VEP auch um eine bessere Anbindung der Gewerbegebiete an den ÖPNV geht. Allerdings forderte insbesondere die IHK hier eine Nachbesserung. Im VEP sollten alle Gewerbegebiete – die häufig nicht in den Zentren der Kommunen liegen – berücksichtigt werden. Die Vertreter der Kammern gingen ebenso wie die Gewerkschaften auch auf das im VEP erwähnte Azubi-Ticket ein, das nun landesweit gelten soll. Mit 59 Euro pro Monat sei das für die Auszubildenden noch zu teuer.

Die Tourismuszentrale des Saarlandes warf ein, dass der VEP auch das Freizeitgeschehen stärker berücksichtigen sollte. Geschäftsführerin Birgit Grauvogel würde sich eine bessere Taktung für den Sonn- und Feiertagsverkehr an touristisch interessanten Haltepunkten wünschen. Durch schnellere Verbindungen zwischen den Zentren dürften solche Haltepunkte auch nicht verloren gehen. Manche Ziele, wie zum Beispiel das Orscholz-Gebiet, seien bisher vom ÖPNV schlecht erschlossen. Die Plattform Mobilität bemängelte fehlende Vorgaben was Klima- und Umweltschutz angeht. In anderen Bundesländern seien da klarere Ziele formuliert worden, sagte der Vorsitzende des Vereins, Erhard Pitzius.

Weil die Saar-ÖPNV-Pläne auch die Nachbarländer Frankreich und Luxemburg betreffen, sprachen am Mittwoch auch der Vize-Generaldirektor für den Bereich Mobilität der Region Grand Est, Nicolas Fontaine, und Yan Steil, Vetreter des luxemburgischen Verkehrsministeriums, vor dem Ausschuss. Wie Fontaine betonte, sei man in Grand Est extrem darum bemüht, das Schienennetz weiterzuentwickeln. Bei dem im VEP vorgesehenen Ausbau der Saarbahn bis Forbach müssten jedoch Kosten und Nutzen abgewogen werden. Auf französischer Seite sei man dazu bereit, Studien mitzufinanzieren, die darüber Aufschluss geben sollen. Keine Priorität habe für Fontaine indes eine angedachte Zugverbindung von Dillingen über Bouzonville nach Luxemburg, weil sie keinen zeitlichen Vorteil bringen würde.

Die Route ist eine von drei im VEP skizzierten Varianten, um den Saarländern eine Zugverbindung ins Großherzogtum zu ermöglichen. Die schnellste Zugverbindung wäre von Merzig aus zu realisieren. Doch Luxemburg bevorzugt nach Kosten-Nutzen-Abwägung eher eine Lösung über Konz. Wie Steil vor dem Ausschuss erklärte, werde es ab dem 1. Januar 2022 aber einen stetigeren Busverkehr ins Großherzogtum geben. Von Losheim aus sollen dann zum Beispiel 44 statt wie bisher 14 Fahrten der neuen Linie 401 (vorher 159) nach Luxemburg gehen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort