Rot-Grün-Rot, Ampel und Groko möglich Umfrage sieht SPD im Saarland vorn - Kaum Regierungsoptionen für Tobias Hans

Saarbrücken · Wenn die Wähler bis März ihre Meinung nicht ändern, wird Anke Rehlinger Ministerpräsidentin. Das zeigt die neueste SR-Saarland-Umfrage. Doch es gibt viele Umwägbarkeiten.

 Wird Vize-Regierungschefin  Anke Rehlinger (SPD, links) Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) beerben? Eine neueste Umfrage müsste den Amtsinhaber nervös machen.

Wird Vize-Regierungschefin  Anke Rehlinger (SPD, links) Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) beerben? Eine neueste Umfrage müsste den Amtsinhaber nervös machen.

Foto: BeckerBredel

Vier Monate vor der Landtagswahl kann sich die SPD Hoffnungen machen, im März erstmals seit über einem Vierteljahrhundert stärkste Partei im Saarland zu werden – und auch gleich  mehrere Koalitionsoptionen zu haben. Im neuen SR-Saarland-Trend des Meinungsforschungsinstituts Infratest-Dimap, der heute veröffentlicht wurde, liegt sie fünf Punkte vor der CDU von Ministerpräsident Tobias Hans. Zum letzten Mal sahen die Meinungsforscher die Sozialdemokraten bei der Sonntagsfrage zur Landtagswahl im Saarland vor fast zehn Jahren vorn.

12,7 Punkte Verlust der CDU

In der repräsentativen Umfrage nach den Wählerpräferenzen für die Landtagswahl, die der SR am heutigen Mittwochmorgen veröffentlichte, kommt die SPD derzeit auf 33 Prozent, 3,4 Prozentpunkte mehr als bei der Landtagswahl 2017. Die CDU würden im Saarland derzeit 28 Prozent der im November befragten Wahlberechtigten ihre Stimme geben, 12,7 Prozentpunkte weniger als bei der Wahl 2017. Die Linke käme auf sechs Prozent (minus 6,8 zur Landtagwahl), die Grünen auf 8 (plus 4), die FDP auf 8 (plus 4,7). Die AfD kann sich trotz interner Querelen auf neun Prozent steigern (plus 2,8).

Groko unter SPD-Führung?

Bei diesem Ergebnis könnte die SPD theoretisch eine Regierung mit Grünen und Linken (Rot-Grün-Rot) sowie mit Grünen und FDP (Ampel) bilden. Sie könnte aber auch eine Neuauflage der großen Koalition anstreben. In jedem Fall würde ihre Spitzenkandidatin Anke Rehlinger neue Ministerpräsidentin. Aus Sicht der CDU würde es nicht mal für ein Jamaika-Bündnis mit Grünen und FDP reichen, in dem Ministerpräsident Tobias Hans in der Staatskanzlei bleiben könnte. Ihr bliebe nach 23 Jahren als alleinige oder führende Regierungspartei nur die Perspektive eines Juniorpartners in einer Groko. Eine Koalition mit der AfD schließt die CDU aus.

Rehlinger im direkten Vergleich vorn

Inzwischen punktet die SPD auch mit ihrer Spitzenfrau, die jetzt im direkten Vergleich knapp vorne liegt: 42 Prozent wünschen sich Anke Rehlinger dabei als neue Ministerpräsidentin, Tobias Hans als Regierungschef wollen nur 39 Prozent. Der amtierende Ministerpräsident verliert gegenüber der Umfrage vom November 2020 dabei 13 Prozentpunkte. Die Wirtschaftsministerin und Vizeregierungschefin legt um zehn Punkte gegenüber dem Vorjahr zu. Die guten Chancen der SPD belegen auch die Antworten auf die Frage, welche Partei nach Ansicht der Saarländer die kommende Regierung anführen soll.  46 Prozent wünschen sich in der Umfrage eine SPD-geführte,  29 Prozent eine CDU-geführte Regierung. Vor einem Jahr lagen die Parteien mit 39 (CDU) und SPD (42) noch fast gleichauf.  

Kritik am Corona-Management

Allerdings hat auch die Zufriedenheit mit der gemeinsam von den beiden großen Parteien geführten Landesregierung abgenommen. Beim letzten Saarland-Trend des SR vor einem Jahren zeigten sich 69 Prozent der Saarländer mit der Landesregierung zufrieden. Jetzt sind es nur noch 54 Prozent.  Das mag auch mit der Pandemie  zusammenhängen: Vor einem Jahr standen noch 67 Prozent der Saarländer hinter dem Corona-Krisenmanagement der Landesregierung. Inzwischen sieht es eine klare Mehrheit kritisch (weniger/gar nicht zufrieden: 58 Prozent).

SPD verliert nach Bundestagswahl

Allerdings sind die Wählerpräferenz im Saarland offensichtlich in Bewegung. So konnte die SPD ihr herausragendes Zweitstimmen-Ergebnis von 37,3 Prozent, das sie vor acht Wochen unter besonders günstigen Vorzeichen bei der Bundestagswahl im Saarland erzielte, nicht wiederholen – der Trend geht hier leicht nach unten. Die CDU liegt in der aktuellen Umfrage 4,4 Punkte über dem Landesergebnis der Bundestagswahl. Im längerfristigen Vergleich ist die Verschiebung der beiden Parteien aber deutlich: Vor einem Jahr kam die SPD im Saarland-Trend nur auf 22 Prozent, im Jahr davor auf 25. Die CDU reichte dagegen nach 37 Prozent vor zwei Jahren vor gerade mal einem Jahr mit 40 Prozent fast an ihr Top-Ergebnis der Landtagswahl 2017 heran – zwölf Punkte besser als heute.

Linke im Abwärtstrend

Ein deutlicher Trend nach unten zeigt sich bei der Linken; die vor einem Jahr im Saarland-Trend noch auf elf Prozent kam und sich jetzt der Fünf-Prozent-Hürde von oben nähert. Die Partei muss bei der kommenden Wahl im März auf ihr langjähriges Zugpferd Oskar Lafontaine verzichten, der nach einem Zerwürfnis mit dem Lager von Parteichef Thomas Lutze auf eine erneute Kandidatur verzichtete, jetzt aber auch Gerüchte verneinte, er wolle mit einer neuen Liste antreten.

Grüne mit acht Prozent

Für die Grünen, die bei der Bundestagswahl vor acht Wochen wegen der Unregelmäßigkeiten bei ihrer Listenaufstellung mit Zweitstimme nicht wählbar waren, sind die acht Prozent in der Umfrage im Vergleich zu den Vorjahres-Umfragen von Infratest-Dimap (zwölf bzw. elf Prozent) eher mäßig. Sie haben zudem auch beim Landesparteitag am vergangenen Sonntag ihren Lagerstreit nicht beilegen können, der sich nicht zuletzt um die Rolle des langjährigen Parteichefs Hubert Ulrich dreht.

Neue links-grüne Konkurrenz

Grünen und Linken steht zudem eine links-ökologische Konkurrenz bei der Landtagswahl ins Haus, die auf der Ergebnisliste der Meinungsforscher bei dieser Umfrage noch gar nicht auftaucht: „Bund.Saar“. Ein Aushängeschild bei der Wahl könnte der soeben aus der CDU ausgetretene Illinger Bürgermeister Armin König werden. Ihr Mitinitiator Henry Selzer, ein früheres Bundesvorstandsmitglied der Grünen, schätzt das Potenzial der neuen Liste bei der Landtagswahl auf drei bis 13 Prozent – es wären alles potenzielle Stimmen für Grüne oder Linke.

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