Steigenden Corona-Zahlen im Saarland Lockdown für Ungeimpfte muss laut Tobias Hans möglich sein, SPD widerspricht

Update | Saarbrücken · Im Saarland wird die Corona-Lage immer ernster. Die Inzidenz hat einen neuen Höchstwert erreicht, die Zahl der Corona-Patienten steigt wieder an. Auf Bundesebene soll heute ein neues Bundesinfektionsschutzgesetz beschlossen werden. Der saarländische Ministerpräsident will diesem allerdings wohl nicht zustimmen. Die SPD distanziert sich von der Haltung der CDU.

Tobias Hans zu Corona im Saarland: Lockdown für Ungeimpfte muss möglich sein
Foto: dpa/Michael Kappeler

Über 600 Neuinfektionen an zwei Tagen in Folge, eine Inzidenz von erstmals über 250 und eine steigende Zahl an Corona-Patienten, die stationär aufgenommen werden müssen – die Corona-Lage im Saarland verschärft sich zusehends. Sowohl auf Bundesebene als auch auf Landesebene sollen jetzt striktere Maßnahmen beschlossen werden. Im Saarland wird am Freitag vermutlich die Entscheidung für 2G in Innenräumen getroffen.

Maßnahmen, die laut dem Präsident der saarländischen Ärztekammer schon nicht mehr ausreichen, um die vierte Welle ausreichend zu brechen. Die Mediziner rechnen damit, dass die medizinische Versorgung auch hier im Saarland in den nächsten Wochen an die „Grenzen ihrer Belastbarkeit“ kommt.

Es entsteht eine „neue Dynamik“

Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) hat sich am Donnerstag per Pressemitteilung zu Wort gemeldet und sich vor der Bund-Länder-Konferenz zu der aktuellen Corona-Lage im Saarland geäußert. Die Pandemie nehme auch hierzulande an Fahrt auf. „Die Lage ist ernst und es entsteht eine neue Dynamik“, so Hans. Man müsse jetzt umsichtig und entschlossen handeln. Es bleibe oberstes Ziel, das gesamte Gesundheitssystem und alle Bürger zu schützen.

Aus diesem Grund habe ich angewiesen, den Verwaltungsstab, der bereits in den vergangenen Infektionswellen unter Federführung des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie bis zu täglich zusammenkam, erneut verstärkt tagen zu lassen, um eine Lagebeobachtung durchzuführen und weiterhin zielgenaue Maßnahmen vorzubereiten“, kündigt der Ministerpräsident an.

Diese Maßnahmen hätten allerdings nur dann Erfolg, wenn sie ordentlich kontrolliert werden würden. Daher werde es verstärkte Kontrollen der saarländischen Sicherheitsbehörden geben, um das Einhalten der vorgegebenen Maßnahmen zu kontrollieren – auch schon in den nächsten Tagen.

Fokus auf die Booster-Impfung

Hans appelliert in der Mitteilung außerdem an alle Saarländer, sich solidarisch zu zeigen, um die Krise gemeinsam zu bewältigen. Ein großer Fokus der Corona-Bekämpfung seien deshalb auch die Auffrischungsimpfungen: „Durch die zeitnahe Wiedereröffnung von drei bekannten Impfzentren und einem zusätzlichen Impfzentrum im nördlichen Saarland, den verstärkten mobilen Aktionen und der Unterstützung der Ärzte in der Fläche bringen wir die Impfung direkt zu den Menschen“, verweist Hans abschließend auf die Wichtigkeit der Schutzimpfung.

Nach Angaben von Gesundheits-Staatssekretär Stephan Kolling (CDU) zieht die Zahl der Impfungen bereits deutlich an. In dieser Woche erwartet das Gesundheitsministerium etwa 30 000 Impfungen, nachdem es in der Vorwoche noch 21 000 gewesen waren. Momentan kümmern sich Arztpraxen und mobile Impfteams um die Immunisierung. Im Dezember eröffnet das Saarland drei, perspektivisch vier Impfzentren.

Wichtige Entscheidungen auf Bundesebene

Auf Bundesebene soll heute bereits über die nächsten Corona-Maßnahmen entschieden werden. Dabei deutet sich allerdings eine schwierige Ausgangslage an. Die CDU-geführten Bundesländer drohen aktuell mit einer Blockade – ihnen gehen die vorgeschlagenen Regeln nicht weit genug. Das bestätigte Hans am Donnerstag auch in einem Interview mit dem Saarländischen Rundfunk. Die Corona-Lage habe sich innerhalb weniger Tage entscheidend verändert. Daher könnte er dem Gesetzesvorschlag auch nicht zustimmen, wenn man sich nicht eines besseren besinnt.

Aus SPD-Kreisen hieß es am Donnerstag, es handele sich nicht um die „abgestimmte Meinung der Landesregierung“, sondern um die „momentane CDU-Meinung“. Offiziell kommentieren wollte die Äußerungen des Regierungschefs auf Seiten des Koalitionspartners jedoch niemand. Es mache „wenig Sinn“, sich vor dem Bund-Länder-Gipfel der Ministerpräsidenten mit der geschäftsführenden Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) festzulegen. „Die Lage ist ernst, zu ernst für parteipolitische Spiele und ständiges Hin und Her.“ 

In dem neuen Infektionsschutzgesetz fehlt laut Hans vor allem eine Möglichkeit: ein Lockdown für Ungeimpfte. Dieser werde in betroffenen Regionen notwendig. „Wir brauchen aktuell sicherlich keinen Lockdown“, betonte Hans im Hinblick auf das Saarland. Auch hier könne der Druck auf das Gesundheitssystem allerdings noch stark steigen. Dagegen hält der Regierungspartner in Saarbrücken eine 2G-Regel in den Ländern auch nach der Gesetzesnovelle für möglich. Eine Blockade am Freitag im Bundesrat habe ein Entfallen aller Regeln zur Folge oder mache eine Sondersitzung der Länderkammer notwendig. 

Hans weist Kritik zurück

Kritik an der Politik, die in den letzten Tagen vor allem von Medizinern kam, wies Hans zurück. Nur ein Modell, dass persönliche Freiheiten und Grundrechte nur so stark einschränkt, wie es tatsächlich notwendig ist, würde funktionieren. Das hätten auch Gerichte immer wieder bestätigt. Alles präventiv zu zuschließen sei keine Option.

Das Nachrichtenportal ntv vermeldet hinggegen, dass das Saarland genau wie Schleswig-Holstein im Bundesrat am Freitag für das Ampel-Gesetz stimmen wird. Das erfährt ntv offenbar aus Teilnehmerkreisen einer Schalte der Unions-geführten Bundesländer. Zuvor hatte unter anderem NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst, der Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz ist, die Pläne der Ampel-Parteien kritisiert und eine Zustimmung im Bundesrat durch die sogenannten B-Länder in Frage gestellt. Die Union ist an 10 der 16 im Bundesrat vertretenen Länderregierungen beteiligt. Kann sich eine Landesregierung nicht auf ein Votum einigen, muss sie sich enthalten.

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