Digitalisierungs-Enquête SPD will neue Digital-Professuren an Saar-Uni

Saarbrücken · Sebastian Thul, Vorsitzender der Digitalisierungs-Enquête im Landtag, verbindet eine „Anfangsbilanz“ mit konkreten Forderungen.

 Die Sozialdemokraten wünschen sich an der Universität des Saarlandes die Einrichtung von Lehrstühlen für Digitalethik und Informatikdidaktik.

Die Sozialdemokraten wünschen sich an der Universität des Saarlandes die Einrichtung von Lehrstühlen für Digitalethik und Informatikdidaktik.

Foto: BeckerBredel

Der SPD-Landtagsabgeordnete Sebastian Thul fordert als Reaktion auf die Digitalisierung zwei neue Professuren an der Universität des Saarlandes. In Saarbrücken sollen Lehrstühle für Digitalethik und Informatikdidaktik eingerichtet werden. Beide seien „dringend erforderlich“, sagte Thul. Der Sozialdemokrat ist hochschulpolitischer Sprecher seiner Fraktion, zugleich Vorsitzender der Enquêtekommission „Digitalisierung im Saarland“ des Parlaments. Als solcher zog Thul nun eine „Anfangsbilanz“, in die er seine Überlegungen zur universitären Ausbildung in Schlüsselfächern einschloss.

„Wir sollten unseren exzellenten Informatikstandort um die Digitalethik erweitern“, sagte Thul. „Weil sich herausgestellt hat, dass die Informatiker während ihres Studiums überhaupt nicht mit ethischen Fragen konfrontiert sind.“ Der SPD-Politiker sieht neben der Ausbildung die Notwendigkeit einer „ethischen Grundlagenforschung im digitalen Bereich“, die sich auch auf den Umgang des Staates mit den sensiblen Daten seiner Bürger bezieht.

Daneben will Thul die Digitalisierung mit einer Professur für Informatikdidaktik fächerübergreifend im Schulunterricht etablieren – nicht nur durch Laptops oder Tablets. „Es ist allseits anerkannt, dass wir in der Lehrerausbildung etwas tun müssen“, sagte Thul. Die Informatikdidaktik solle „allen Lehrern an die Hand geben, wie sie informatische Bildungsinhalte in ihren Unterricht einbinden können. Das bedeutet insbesondere, die Prozesse oder Abläufe dahinter zu verstehen.“ So könnten Modelle moderner Verschlüsselungsmechanismen im Geschichtsunterricht anschaulich an historischen Beispielen dargestellt werden, erklärte Thul.

Nachholbedarf sieht er beim Bildungsangebot zur Digitalisierung nicht nur an den Schulen, sondern auch darüber hinaus: „Wir haben ganz viele Generationen, die nicht kompetent sind in diesem Bereich.“ Darüber will Thul im nächsten Jahr in der Enquêtekommission ausführlicher sprechen, wenn es um Bildungsthemen gehen wird.

Bisher befasste sich die Kommission unter seinem Vorsitz mit der digitalen Infrastruktur und dem E-Government, dem Einsatz moderner Technologien in der öffentlichen Verwaltung. Sie hörte eine Reihe von Experten an. Bei der Infrastruktur beschäftigten sich die Abgeordneten mit dem Breitbandausbau im Land – mit Blick auf die „Kernfrage“, was der Staat an Netzinfrastruktur stellen und müsse und was privat zu erledigen sei, sagte Thul. „Den Zugang zu Informationen muss der Staat garantieren, das ist Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge.“

Nicht wenige Informationen landen bei der öffentlichen Verwaltung. Auch hier muss die Infrastruktur stimmen. Parlamentarier wie Experten seien alle einer Meinung gewesen, so Thul: „Daten, die von öffentlicher Hand erhoben werden, müssen auch auf öffentlichen, sprich staatlichen Servern abgelegt werden.“ Statt sie auf den Großrechnern privater Firmen wie Amazon zu speichern. Der SPD-Politiker betonte: „Wir tragen als Staat die Verantwortung, dass diese Daten sicher sind.“

Was das E-Government betrifft, sprach Thul von einer Erwartungshaltung der Bürger an die Politik. Es gebe Untersuchungen der Universität Gießen, dass die Nutzung des E-Governments rückläufig sei, sagte er. „Im Saarland liegt sie unterm Bundesdurchschnitt, was mit einer großen Skepsis der Bevölkerung zu tun hat – da liegen wir über dem Durchschnitt.“ Grundsätzlich meinte der Sozialdemokrat, dass E-Government als Thema überschätzt werde, weil der Durchschnittsbürger im Jahr nur eineinhalb Behördenkontakte habe. „Man kann mit E-Government die Menschen nicht begeistern, weil es in ihrem Alltag kaum eine Rolle spielt“, sagte Thul.

Er beklagte auch „Medienbrüche“ bei der Anwendung, dass nach einem Schritt im Internet einer außerhalb des Netzes erforderlich wird – etwa zur Unterschrift, weil es eine sogenannte „Schriftformerfordernis“ gibt. Die Experten hätten der Kommission empfohlen, alle Gesetze und Regelungen durchzugehen, um solche Vorgaben ausfindig zu machen, berichtete Thul. „Das ist ein ganz konkreter Auftrag für uns als Gesetzgeber und die Kommunen, dass man das prüft und gnadenlos streicht – wenn möglich.“ Ziel der Kommission sei zu schauen, wo E-Government sinnvoll sei und welche Lösungen man suche, damit alle Bürger auch Zugang dazu hätten, betonte Thul: „Alle Angebote, die wir digital haben, müssen barrierefrei und auch analog machbar sein.“

 Der Landtagsabgeordnete Sebastian Thul (SPD)   Foto: SPD-Fraktion

Der Landtagsabgeordnete Sebastian Thul (SPD) Foto: SPD-Fraktion

Foto: SPD-Landtagsfraktion/Tom Gundelwein

Die Enquêtekommission zur Digitalisierung war vor einem Jahr von der Linksfraktion im Landtag vorgeschlagen, dann auch von der großen Koalition aus CDU und SPD unterstützt worden. Demnächst stehen Arbeit und Verkehr auf der Agenda der Parlamentarier.

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