Mehr Schüler im Saarland Bildungsministerin sieht keinen akuten Lehrermangel, aber Probleme in mehreren Fächern

Saarbrücken · Im neuen Schuljahr, das am Montag beginnt, zählen die Bildungseinrichtungen rund zwei Prozent mehr Schülerinnen und Schüler als im Vorjahr. Der Bedarf an Lehrkräften steigt, SPD-Ministerin Christine Streichert-Clivot verweist auf mehr Planstellen im nächsten Jahr.

Schulstart im Saarland - Ministerin: Kein akuter Lehrermangel, aber...
Foto: BeckerBredel

Ab Montag heißt es wieder die Schulbank drücken. Dann beginnt das neue Schuljahr im Saarland – für gut zwei Prozent mehr Schülerinnen und Schüler als im Vorjahr. Die Zahlen, die Saar-Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD) am Dienstag vorlegte, zeigen einen deutlichen Zuwachs vor allem in den Grund- und Gemeinschaftsschulen. Mit 8956 Einschulungen gibt es insgesamt 33 160 Grundschüler im Saarland und damit 1153 mehr als im Jahr zuvor. Gemeinschaftsschulen verzeichnen ein Plus von 700 Schülerinnen und Schüler auf insgesamt 30 071. An den Förderschulen gibt es ein Plus von 123 Kindern und Jugendlichen auf 3784. Gesunken ist dagegen die Gesamtanzahl der Gymnasiasten um 179 auf 24 561, wobei es mit 3435 neuen Fünftklässlern 60 mehr gibt. Mit nun 25 600 lernen auch 1767 weniger Schüler an den beruflichen Schulen.

Auch viele Kinder aus der Ukraine

Streichert-Clivot sprach trotzdem von einer erfreulichen Entwicklung. Vor allem, weil es die Steigerungen bei den jüngeren Schülern gebe. „Das heißt, wir haben es mit mehr Geburten zu tun.“ Dies sei auch „eine Bestätigung für die Familien- und Bildungspolitik des Landes“.

Der Aufwuchs sei aber auch auf den Zuzug von Kindern und Jugendlichen aus Krisen- und Kriegsgebieten wie der Ukraine zurückzuführen. So haben die Grundschulen 606 Kinder und die Gemeinschaftsschulen 565 Schüler aus der Ukraine aufgenommen, die Gymnasien 263 Schüler. Die Bildungsministerin geht davon aus, dass die Zahl in den kommenden Wochen und Monaten noch weiter zunimmt.

Bedarf an Lehrkräften wächst

Mit der Zunahme bei der Schüleranzahl steigt auch Bedarf an Lehrkräften. Laut Angaben aus dem Bildungsministerium gab es im vergangenen Schuljahr 9400 Lehrkräfte, zum neuen Schuljahr sind es rund 100 mehr. Hinzu kämen außerdem 180 Sprachförderlehrkräfte, die bislang in der Trägerschaft des Paritätischen Bildungswerks waren und nun beim Land angestellt sind.

Einen Mehrbedarf an Lehrkräften werde es auch durch die G9-Reform im Saarland und die Einführung des Pflichtfaches Informatik ab dem Schuljahr 2023/24 geben, erklärte Streichert-Clivot. Die Landesregierung habe in ihrer Haushaltsklausur bereits einen entsprechenden Stellenzuwachs beschlossen. Demnach stehen im Haushaltsentwurf für 2023, der jetzt diskutiert und voraussichtlich im Winter vom Parlament verabschiedet wird, zusätzlich 146 unbefristete Vollzeitstellen für Lehrkräfte und für 121 zusätzliche Sprachförderlehrkräfte.

Streichert-Clivot: Kein akuter Lehrermangel, aber Probleme in mehreren Fächern

Bislang habe das Land den Bedarf decken können. Streichtert-Clivot sieht auch keinen akuten Lehrkräftemangel. Allerdings erklärte sie auch, dass es zunehmend Probleme gebe in den Fächern Mathematik, Kunst und Musik sowie in den Naturwissenschaften. Nicht nur im Saarland, auch bundesweit sei die Lage auf dem Arbeitsmarkt angespannt. Die Anwerbung von Lehrkräften aus dem Ausland sowie von Quer- und Seiteneinsteigern müsse vorangetrieben werden, sagte die Ministerin.

Lisa Brausch, die Vorsitzende des Saarländischen Lehrerinnen und Lehrerverbands (SLLV), kritisierte im SR-Interview, dass viele junge Lehrkräfte im Saarland lediglich befristete Stellen bekämen – Rheinland-Pfalz dagegen mit Planstellen locken würde. Außerdem warnte Brausch vor personellen Problemen im Herbst und Winter, sollte es wegen Corona erneut eine große Anzahl von Ausfällen geben.

Gewerkschaft sieht „eklatanten“ Lehrkräftemangel im Winter

Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) im Saarland „blickt mit Sorge“ auf das neue Schuljahr. „Schon jetzt ist klar, dass die personellen Reserven in den Schulen, falls vorhanden, schnell aufgebraucht sein werden. Das betrifft alle Schulformen. Spätestens im Winter werden wir an den Schulen einen eklatanten Lehrkräftemangel haben, der zu Vertretungsunterricht oder sogar Unterrichtsausfällen sorgen wird. Wir brauchen daher dringend eine Strategie, um den Personalmangel mittelfristig zu beheben“ fordert Landesvorsitzender Max Hewer. Zu dieser Strategie gehören laut der Bildungsgewerkschaft deutlich mehr Planstellen, als die Landesregierung sie für den nächsten Haushalt angedeutet hat. „Nur durch eine langfristige Perspektive können wir noch die Fachkräfte im Saarland halten“, so Hewer.

Deutschlandweit fehlen zum Schuljahresbeginn nach Einschätzung des Deutschen Lehrerverbands bis zu 40 000 Lehrerinnen und Lehrer. Die Unterrichtsversorgung habe sich in allen Bundesländern verschlechtert, sagte Verbandspräsident Heinz-Peter Meidinger. „Bundesweit gehen wir von einer echten Lücke von mindestens 30 000, vielleicht sogar bis zu 40 000 unbesetzten Stellen aus.“ Es seien zwar nur Schätzungen, da noch nicht in allen Ländern die Schule wieder begonnen habe. „Die bisher bekannten Zahlen sind aber dramatisch“, fügte er hinzu. Meidinger spricht von Unterrichtsausfällen, gekürzten Stundenplänen, gestrichenen Zusatzangeboten bereits zum Schuljahresbeginn. In Deutschland gibt es mehr als 800 000 Lehrkräfte an Schulen und Berufsschulen.

(mit dpa)

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