Steigende Infektionszahlen Saarland streicht Lockerungen der Corona-Regeln zu Weihnachten

Update · Das Saarland muss sich auf einen harten Lockdown auch zu Weihnachten einstellen. Die beschlossenen Lockerungen für die Festtage werden „nicht wie geplant umgesetzt“. Das hat die Landesregierung am Freitagabend beschlossen.

Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU).

Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU).

Foto: BeckerBredel

Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) hatte aufgrund steigender Infektionszahlen den Ministerrat zu einer außerordentlichen Sitzung zusammengerufen. „Klar ist jetzt schon, dass Corona unseren Hoffnungen auf ein möglichst unbeschwertes Weihnachtsfest einen Strich durch die Rechnung gemacht hat“, erklärte der Regierungschef nach mehr als dreistündigen Beratungen in einer Videoschalte. An einem harten Lockdown führe kein Weg vorbei, sagte er. Ähnlich äußerte sich Anke Rehlinger (SPD), die stellvertretende Ministerpräsidentin und Wirtschaftsministerin. Sie sagte, die bisherigen Maßnahmen seien nicht ausreichend gewesen.

Die erst in dieser Woche beschlossene Verordnung, die mehrere Verschärfungen der Corona-Regeln, aber auch weniger Kontaktbeschränkungen zu Weihnachten vorsah, tritt am kommenden Montag nicht in Kraft. Dafür werden die bestehenden Regelungen um drei Tage verlängert.

Hintergrund sind die geplanten Beratungen zwischen Bund und Ländern über bundesweite Maßnahmen am Sonntag. Die Landesregierung setzt auf gemeinsame Verabredungen der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). „Alleingänge einzelner Bundesländer bringen uns in dieser Situation nicht weiter, wir brauchen den bundesweiten Schulterschluss und einheitliche Maßnahmen, um die Situation wieder in den Griff zu bekommen“, sagte Hans. Im ZDF kündigte er am späten Freitagabend an, das Saarland werde einen harten Lockdown „mittragen“.

Was der Ministerrat in seiner Sondersitzung außerdem beschlossen hat:

  • Alten- und Pflegeheime: Die Testkonzepte für Alten- und Pflegeheime sollen „verschärft“ werden, die Heimaufsicht erhält den Auftrag, deren Umsetzung zu kontrollieren – und bei Verstößen auch Sanktionen zu verhängen. Liegt der Inzidenzwert landesweit über 150 sollen in den Einrichtungen zwei Mal wöchentlich Corona-Tests durchgeführt werden. Bisher hatte das Gesundheitsministerium vorgesehen, dass Mitarbeiter wöchentlich, die Bewohner der Heime alle vierzehn Tage getestet werden. Daran hatte es Kritik gegeben, unter anderem seitens der Arbeitskammer und dem Vorsitzenden des Gesundheitsausschusses im Landtag, Magnus Jung (SPD). Die Heimbewohner und die Beschäftigten müssten „deutlich besser getestet und geschützt werden“, erklärte Rehlinger am Freitagabend.
  • Krankenhäuser: Damit es nicht zu einer Überlastung der Krankenhäuser kommt, möchte die Regierung „nicht dringend notwendige Eingriffe“ verschieben – nach einem dreistufigen Modell. Das Land will auf einer ersten Stufe fünf Covid-Schwerpunkt-Kliniken dazu verpflichten, entsprechende OPs abzusagen und Betten freizuhalten. Bisher gibt es mit dem Universitätsklinikum in Homburg, dem Klinikum Saarbrücken und dem SHG-Klinikum drei Schwerpunktzentren für Covid-19. Die finanziellen Ausfälle der Kliniken will das Land vorfinanzieren, bis es Gelder vom Bund gibt. In der zweiten Stufe sollen zwei weitere Krankenhäuser hinzukommen, auf der dritten und letzten Stufe sollen alle Klinikem im Land auf verschiebbare Eingriffe verzichten. Über ein Landesprogramm sollen die Krankenhäuser für das Freihalten von Betten finanziell entlastet werden.
  • Schulen: Nachdem mehrere Länder die Schulpflicht aufgehoben haben, will das Saarland nach den Gesprächen zwischen Bund und Ländern sein „Konzept für den Schulbetrieb“ anpassen. Was das bedeuten könnte, erklärte Ministerpräsident Hans im ZDF-Interview: „Wir haben beschlossen, dass wir an den Schulen für die älteren Schüler die Präsenzpflicht aufheben, wenn der harte Shutdown kommt.“ In einer Erklärung der Staatskanzlei liest sich das noch verklausulierter: Ab dem Mittwoch nächster Woche (16. Dezember) sollen „für die verbleibende Zeit bis zu den Ferien in jedem Fall die digitalen und analogen Lernangebote für zuhause bei Sicherstellung der Betreuungsmöglichkeiten ausgeweitet“ werden, heißt es darin. Auch will das Land eine „erweiterte Möglichkeit zur Freistellung“ von Schülern vom Präsenzunterricht schaffen. Die Lehrkräfte sollen jedoch in den Schulen bleiben. Für Kinder und Jugendliche ohne Arbeitsmöglichkeiten zu Hause möchte die Regierung Plätze in den Klassenräumen schaffen.

Ministerpräsident Hans hatte sich in den vergangenen Tagen mehrfach für einen „harten Lockdown“ in Deutschland ausgesprochen, es brauche ein „bundesweit beherztes Eingreifen“, erklärte er. Die Lage im Saarland bezeichnete der Regierungschef als „alarmierend“, weshalb er für Freitagabend eine Sondersitzung des Kabinetts einberief. Bereits am Nachmittag war in Saarbrücken der Corona-Krisenstab der Landesregierung zusammengekommen.

In den vergangenen Tagen haben sich die Kennzahlen der Pandemie im Saarland deutlich verschlechtert. Der Inzidenzwert erreichte einen neuen Höchststand. Der Wert gibt an, wie viele Menschen pro 100000 Einwohner sich in den vergangenen sieben Tagen mit dem Coronavirus angesteckt haben. Am Freitag waren es 185,1.

Mit dem Regionalverband Saarbrücken und dem Landkreis St. Wendel haben zwei Regionen sogar die Schwelle von 200 Neuinfektionen pro 100000 Einwohner überschritten. Udo Recktenwald (CDU), der Landrat von St. Wendel, forderte am Freitagabend einen „harten und schnellen Lockdown bereits kommende Woche, auch über Weihnachten“. Bund und Länder stufen Inzidenzwerte über 200 als „besonders extreme Infektionslagen“ ein, für die man Maßnahmen wie ein Hybrid- oder Wechselunterricht an den Schulen ab der Klassenstufe 8 vereinbart hat.

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