Die zweite Reihe der SPD-Regierung Das sind die neuen Staatssekretäre im Saarland – welches Kalkül hinter welcher Besetzung steckt

Saarbrücken · Wer übernimmt künftig in der zweiten Reihe der neuen SPD-Landesregierung im Saarland die Verantwortung und warum hat sich die neue Ministerpräsidentin Anke Rehlinger für diese sieben Frauen und Männer entschieden? Ein Überblick.

 Der Sitz der neuen SPD-Ministerpräsidentin Anke Rehlinger: die Staatskanzlei in Saarbrücken. Ihre Regierungsmitglieder, darunter auch die Staatssekretäre, gehen hier die nächsten fünf Jahre ein und aus.

Der Sitz der neuen SPD-Ministerpräsidentin Anke Rehlinger: die Staatskanzlei in Saarbrücken. Ihre Regierungsmitglieder, darunter auch die Staatssekretäre, gehen hier die nächsten fünf Jahre ein und aus.

Foto: Simon Palzer

Bis auf den neuen Finanzminister des Saarlandes, Jakob von Weizsäcker, kennen die Saaländerinnen und Saarländer die Mitglieder des Kabinetts der neuen SPD-Ministerpräsidentin Anke Rehlinger. Wie sieht es aber in der zweiten Reihe aus, bei den Staatssekretärinnen und Staatssekretären? Und wie sorgten einige durch Entscheidungen in der Vergangenheit dafür, dass jetzt Heike Becker die erste Landtagspräsidentin in der Geschichte des Saarlandes wird?

Auch wenn das Umweltministerium nun von Petra Berg geführt wird, einen neuen Namen trägt und die Aufgabenbereiche wachsen – heißt es doch ab jetzt Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Mobilität, Agrar und Verbraucherschutz – ändert sich zumindest in der zweiten Reihe nichts. Sebastian Thul bleibt Staatssekretär. Der 42-Jährige wechselte 2019 vom Landtag, dem er seit 2012 angehörte, ins Ministerium. Dort löste er Roland Krämer ab, der in den Ruhestand ging. Anke Rehlinger sagte damals über Thul, dass er aufgrund seiner Herkunft aus der Hüttenstadt Neunkirchen und seinem Amt als Vize-Landesvorsitzender bei den Naturfreunden das verkörpere, „was wir uns als Sozialdemokratie zur Aufgabe gemacht haben, nämlich eine sozial-ökologische Wende in der Wirtschaft zu organisieren“. Seither stand Thul an der Seite des bisherigen Umweltministers Reinhold Jost. Übernahm viele Termine, besuchte Landwirte, war in die Aufgaben des Forstes, des Umweltschutzes natürlich und in die Verwaltungsbelange involviert. Thul selbst sagte unserer Zeitung vor der Landtagswahl: „Wo die Partei mich braucht, bin ich auch.“ Auch deswegen habe er nochmals für das Parlament kandidiert. Weil er aber Staatssekretär bleibt, wird er nicht im Landtag Platz nehmen – was ihm sicherlich nichts ausmachen dürfte, sagte er doch: „Man kann in der Exekutive schneller etwas erreichen als in der Legislative.“

Saarland: Das sind die Minister der SPD-Regierung unter Anke Rehlinger
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Das sind die Minister der neuen SPD-Regierung im Saarland

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Foto: dpa/Oliver Dietze

Mit dem nächsten Staatssekretär hat Thul einiges gemeinsam. Auch Jan Benedyczuk bleibt Staatssekretär, im Ministerium für Bildung und Kultur. Und wie Thul übernahm der 47-Jährige 2019 während der Legislaturperiode dieses Amt. Der damalige Bildungsminister Ulrich Commerçon übernahm den Posten des Fraktionschefs im Landtag von Stefan Pauluhn. Bildungsministerin wurde seine vorherige Staatssekretärin Christine Streichert-Clivot. Benedyczuk wiederum rückte für seine alte und auch neue Chefin nach. Der gebürtige Trierer mischte bereits 20 Jahre zuvor während des Studiums als wissenschaftlicher Assistent der SPD-Fraktion im Saar-Landtag mit. Ehe er dann 2004 nach Rheinland-Pfalz wechselte: 2015 Referent in der dortigen Staatskanzlei, dann Referatsleiter im Innenministerium und 2017 Büroleiter der rheinland-pfälzischen Bildungsministerin Stefanie Hubig. Bis der Ruf 2019 aus dem Saarland kam.

Googelt man den nächsten Staatssekretär, so findet man nur sehr, sehr wenige Einträge. Trotzdem ist Jens Diener kein Unbekannter, zumindest nicht in seinem Fach. Der 42-Jährige war bisher Richter am Landgericht. Er war aber auch schon Amtsrichter und hatte laut Anke Rehlinger unter anderem Abordnungen an das Bundesverfassungsgericht und das Landesjustizministerium. „Insofern ist er eine gute Ergänzung“ von Juristin Petra Berg an der Spitze des Justizministeriums, sagte Rehlinger.

Vor allem kommunalpolitisch bekannt ist Torsten Lang. Der 48-Jährige ist neuer Staatssekretär im Ministerium für Inneres, Bauen und Sport unter dem neuen Minister Reinhold Jost. Der St. Wendeler gilt als renommierter Anwalt für Insolvenzrecht und ist der Sohn des früheren SPD-Landtagsabgeordneten und derzeitigen Vorsitzenden des VdK-Landesverbands, Armin Lang. Zuletzt war er Zentralabteilungsleiter im Wirtschaftsministerium unter Rehlinger, arbeitet zuvor aber lange als Kämmerer der Stadt Saarbrücken. Er arbeitete in dieser Funktion eng zusammen mit der früheren Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (SPD). Lang sei jemand, der „mit seiner Fachexpertise dazu beitragen kann, die schwierigen Aufgaben“ vor allem im Bereich Bauen zu organisieren, sagte Rehlinger.

Reichlich Expertise spricht Rehlinger auch Elena Yorgova-Ramanauskas zu, die sie zur Staatssekretärin in ihrem früheren Wirtschaftsministerium macht. Die 45-jährige gebürtige Bulgarin ist die einzige in der Riege, die kein SPD-Parteibuch hat, und unterstützt den neuen Wirtschaftsminister Jürgen Barke. Sie sei eine „profunde Kennerin der saarländischen Wirtschaft und Unternehmerszene“, sagte Rehlinger. Yorgova-Ramanauskas studierte Internationale Wirtschaftsbeziehungen in Bulgarien und Betriebswirtschaftslehre in Saarbrücken. Zuletzt war sie als Geschäftsführerin einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft tätig. „Sie wird sicherlich einen guten Beitrag dazu leisten, Unternehmen nach vorne zu entwickeln“, sagte Rehlinger.

Mit Bettina Altesleben, neue Staatssekretärin im Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Gesundheit unter Magnus Jung, setzt die SPD ein starkes Zeichen. Zum ersten Mal beruft sie ein Gewerkschaftsmitglied in die Regierung. Die 61-jährige Saarbrückerin war Geschäftsführerin des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Region Saar und ist seit Ende 2021 stellvertretende Bezirksvorsitzende des DGB Rheinland-Pfalz/Saarland. Dieses Amt übernahm sie von Eugen Roth, der in den Ruhestand ging. 2007 kandidierte Altesleben bei der Bürgermeisterwahl in Überherrn gegen den damaligen, parteilosen Amtsinhaber Thomas Burg. Rehlinger entschied sich für die Gewerkschafterin, um „die Bedeutung des Bereichs der Arbeit in all seinen Facetten stark zum Ausdruck zu bringen“. Mit der Arbeitnehmerseite nun erstmals in direkter Verantwortung muss sie diese aber auch konsequent im Blick behalten.

Der Letzte in der Riege ist Wolfgang Förster, der neue Staatssekretär im Ministerium für Finanzen und Wissenschaft unter Minister Jakob von Weizsäcker. Der 62-jährige Volkswirt aus Riegelsberg arbeitet schon seit Anfang der 1990er im Ministerium, zuletzt als Abteilungsleiter. Er gilt als Anhänger einer restriktiven Haushaltspolitik und als Verfechter der Idee, dass sich das Saarland zum Beispiel beim Personal nicht mehr leisten darf als andere finanzschwache Bundesländer. Bereits 2017 hätte sich die damalige CDU-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer vorstellen können, SPD-Mitglied Förster zum Staatssekretär zu machen – wenn die SPD im Gegenzug einen Christdemokraten als Staatssekretär in einem ihrer Häuser akzeptiert hätte.

Und wer dieser Sieben hat nun Heike Becker indirekt geholfen, Landtagspräsidentin zu werden? Als Sebastian Thul 2019 Staatssekretär wurde, musste sein Platz im Parlament mit einem Kandidaten aus seinem Wahlkreis Neunkirchen neu besetzt werden. Das sollte eigentliche Torsten Lang sein. Doch der verzichtete auf sein Mandat – und machte so den Weg frei für Heike Becker, die auf dem Listenplatz hinter ihm stand. Dadurch hat Becker immerhin schon knapp drei Jahre Parlamentserfahrung, bevor sie nun erneut – dieses Mal direkt – in den Landtag einzog und nun an der Spitze des Hauses steht.

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