Schulen im Saarland Lehrer kritisieren Tablets im Unterricht: Enorme Anschaffungs- und Folgekosten

Saarbrücken · Die Begeisterung über die digitalen Endgeräte an Schulen hält sich in Grenzen. Der Saarländische Lehrerinnen- und Lehrerverband übt hart Kritik. Und fordert vom Bildungsministerium Konzepte.

Saarland: Lehrerverband kritisiert Tablets an Schulen
Foto: dpa/Arne Dedert

Das „Mammutprojekt“ Medienausleihe an saarländischen Schulen stößt auf immer mehr Unmut. Nachdem sich dieser Tage Eltern besorgt um den Datenschutz ihrer Kinder zeigten, kritisiert nun auch der Saarländische Lehrerinnen- und Lehrverband (SLLV) die Tablets im Unterricht. Es gelte noch unzählige offene Fragen zu klären. Der Zeitplan des Ministeriums sei ambitioniert.

„Grundsätzlich finde ich es gut, dass digitale Medien in den Schulen zum Einsatz kommen. Schulen dürfen nicht abgehängt werden von der Gesellschaft und der Wirtschaft mit ihren Bedarfen im digitalen Bereich“, sagt SLLV-Chefin Lisa Brausch. „Allerdings darf nicht schon wieder einmal der zweite Schritt vor dem ersten gemacht werden.“ In den allermeisten weiterführenden Schulen seien die technischen Voraussetzungen für einen reibungslosen und zielführenden Unterricht mit Tablets nicht gegeben. Die Grundschulen lebten häufig unverschuldet digital „im Mittelalter“ und seien von der finanziellen Lage ihrer Träger – den Kommunen – abhängig. Selbst Schulen, die digital gut aufgestellt sind, kritisierten unzureichende Netzkapazität, -störungen und Ausfälle. Viele Lehrkräfte beklagten gegenüber dem Lehrerverband: „Man kann sich auf die Technik nie richtig verlassen. Man plant mit viel Zeitaufwand eine digitale Unterrichtseinheit und scheitert schlussendlich an der Technik.“

Zudem mache es keinen Sinn, die Schülerinnen und Schüler digital auszustatten, während die Lehrkräfte ihren Unterricht „noch mit der grünen Tafel gestalten“ müssten. Aktuell läuft die Ausgabe der Geräte für die Sechtsklässler. Laut Bildungsministerium hätten die Lehrkräfte der Schüler, die bereits mit den Tablets arbeiten, ebenfalls ihre Geräte bekommen.

Ein sinnvolles Arbeiten mit digitalen Geräten erfordere auch eine digitale Ausstattung aller Klassensäle, außerdem seien die veralteten Raumkonzepte in den Schulen einem „offenen und eigenverantwortlichen Arbeiten“ mit Tablets nicht zuträglich. Moderner Unterricht bedeute nicht, lediglich die Schulbücher digital bereitzustellen, sondern auch ein „umfangreiches Repertoire an Apps zum differenzierten Lernen“ zur Verfügung zu stellen, mahnt der Lehrerverband. Dies verursache jedoch enorme Anschaffungs- und Folgekosten für die Träger. Es sei fraglich, ob alle Schulträger über die notwendigen finanziellen Mittel hierfür verfügten.

Brausch erkennt den Zugewinn durch die Medienausleihe zwar an. „Jedoch ist es für uns undenkbar auf analoge Materialien, wie einzelne Bücher,  Arbeits- und Übungshefte zu verzichten.“ Die Handschrift sei unersetzbar und ein Lernen über viele Kanäle  – akustisch, taktil, optisch –  verstärke den positiven Lernerfolg. „Es ist wünschenswert, dass weiterhin eine Methodenvielfalt in der Schule möglich ist, dabei müssen auch Bücher weiterhin eine Rolle spielen und dürfen keinesfalls komplett ersetzt werden.“

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