Beobachtungen in Kliniken Hinweise auf Misshandlungen beschäftigen den Landtag

Saarbrücken · In der Corona-Krise berichten Krankenhäuser von auffälligen Verletzungen bei Kindern. Die große Koalition will darüber im Sozialausschuss sprechen.

 Am Klinikum Saarbrücken haben Ärzte mehr Schädelbrüche bei Säuglingen festgestellt. 

Am Klinikum Saarbrücken haben Ärzte mehr Schädelbrüche bei Säuglingen festgestellt. 

Foto: BeckerBredel

Nachdem es in der Corona-Krise in saarländischen Krankenhäusern vermehrt Hinweise auf Misshandlungen von Kindern gab, zeigt sich die SPD-Fraktion im Landtag „alarmiert“. Das erklärte Martina Holzner, die Sprecherin für Kinder- und Jugendpolitik der Regierungsfraktion. Gemeinsam mit dem Koalitionspartner CDU wollen die Sozialdemokraten im Sozialausschuss des Parlaments über die Beobachtungen der Kliniken sprechen. Das bestätigte die Unionsfraktion.

„Bislang hat das Sozialministerium auf Nachfrage im Ausschuss stets berichtet, dass dort keinerlei Informationen vorliegen würden“, sagte Holzner. „Offenbar ist die Problemlage eine andere.“ Aus der Opposition hieß es am Montag, es müsse „genau geprüft“ werden, wie sich die Situation der Kinder während der Pandemie verändert habe. „Es gibt nach wie vor keine Entwarnung und keine Rückkehr zur Normalität“, erklärte Astrid Schramm, die gesundheitspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Landtag. Viele Kinder seien auch in den nächsten Wochen nur selten in Kita oder Schule, betonte sie. „Bald sind außerdem Sommerferien und viele Familien haben in der Corona-Krise große Probleme.“

Nach Auskunft des Universitätsklinikums (UKS) in Homburg gab es dort während der Ausgangsbeschränkungen „viele Fälle von vermutlich misshandlungsbedingten Frakturen“, wie Eva Möhler, Direktorin der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, unserer Zeitung sagte (wir berichteten). „Das war in dieser Häufung vor der Pandemie nicht der Fall.“ Möhler unterrichtete über die „aktuelle Situation“ auch die von der Landesregierung eingesetzte Kinderschutzkommission.

Das Klinikum Saarbrücken berichtete von fünf Schädelbrüchen bei Säuglingen binnen Wochen. Normalerweise verzeichnet man zwei bis drei dieser schweren Verletzungen im Jahr. Dagegen konnte die Marienhausgruppe, die Kinderkliniken in Saarlouis und auf dem Kohlhof in Neunkirchen betreibt, „keine Zunahme von Hinweisen auf häusliche Gewalt“ feststellen, wie ein Sprecher auf SZ-Nachfrage erklärte. Ähnlich wie das Saarbrücker Klinikum auf dem Winterberg und niedergelassene Ärzte registrierten die Verantwortlichen bei Marienhaus mehr Unfälle von Kindern, während die Kitas und Schulen im Saarland geschlossen waren.

Wie die Behörden mit einem Misshandlungsverdacht umgehen, zeigen Beispiele aus dem Klinikum Saarbrücken. Mit einem der fünf Schädelbrüche bei Babys befasste sich das Jugendamt im Regionalverband. Der betroffene Säugling sei in eine Spezialklinik verlegt worden, erklärte ein Sprecher. Dort hätten Untersuchungen ergeben, „dass kein Fremdeinwirken und somit keine Kindeswohlgefährdung vorgelegen“ habe. Bei den übrigen Schädelfrakturen war ein anderes Jugendamt zuständig. Oder Rechtsmediziner konnten ein Verschulden der Eltern ausschließen. So war es auch bei einem Schlüsselbeinbruch, nach dem das Jugendamt das Kind kurzzeitig in seine Obhut genommen hatte.

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