Diskussion um Digitalisierung in Verwaltungen Saarland ganz hinten bei Digitalisierung: SPD gibt CDU die Schuld – die wehrt sich

Saarbrücken · Das Saarland steht bei digitalen Behördengängen bundesweit an letzter Stelle. Die SPD-Fraktion im Landtag sieht große Versäumnisse in der ehemals CDU-geführten Staatskanzlei. Die CDU will das so nicht stehen lassen.

 In den saarländischen Verwaltungen sind nach wie vor wenige Abläufe digitalisiert und es wird mit Papier-Akten gearbeitet.

In den saarländischen Verwaltungen sind nach wie vor wenige Abläufe digitalisiert und es wird mit Papier-Akten gearbeitet.

Foto: dpa/Armin Weigel

Im Ergebnis waren sich alle Fraktionen im saarländischen Landtag am Montag einig: Bei der Digitalisierung der saarländischen Verwaltungen und der Umsetzung des Online-Zugangsgesetzes (OZG) hinkt das Saarland hinterher. Nach den Vorgaben des Online-Zugangsgesetzes sollten fast alle Leistungen der deutschen Verwaltungen, wie zum Beispiel das Ummelden der Wohnung oder ein Führerscheinantrag, zu Beginn dieses Jahres digital im Internet zur Verfügung stehen. Bei der Umsetzung des Gesetzes ist das Saarland nach Recherchen unserer Zeitung im Bundesländervergleich auf dem letzten Platz.

Commerçon kritisiert viel heiße Luft aus der damaligen Staatskanzlei

„Das Thema ist auf Landesebene schlicht verpennt worden“, sagte Ulrich Commerçon, Fraktionsvorsitzender der SPD im Saar-Landtag, und kritisiert die „fehlende Planung“ bei der Digitalisierung der Verwaltungen der vorherigen Landesregierung. Dort war das Ressort „Digitales“ bei der CDU-geführten Staatskanzlei angesiedelt.

Die Digitalisierungsstrategie der Staatskanzlei habe vor dem Regierungswechsel 2022 eher aus PR-Aktionen und „viel heißer Luft“ bestanden als aus hilfreichen Programmen. „Ich bin guter Dinge, dass wir in diesem Jahr bei der Verwaltungs-Digitalisierung große Fortschritte machen werden“, betonte Commerçon. Elena Yorgova-Ramanauskas, Staatssekretärin im zuständigen Ministerium für Wirtschaft und Digitales, bringe sich mit ihrer Erfahrung aus der Privatwirtschaft bei diesem Thema stark ein und stehe in gutem Dialog mit dem kommunalen Digitalisierungs-Zweckverband Ego Saar und den Kommunen, so der SPD-Fraktionschef.

„Wir erhoffen uns bei der Digitalisierung nun an möglichst vielen Stellen, möglichst viele Fortschritte“, sagte Commerçon. Über den Ego Saar sei es möglich, gemeinsame, landesweite Digitalisierungsprojekte umzusetzen. Zudem wolle das Saarland nun auch schauen, welche Projekte aus anderen Bundesländern übernommen werden könnten. Es sei außerdem wichtig, die Kommunen als Arbeitgeber attraktiver zu machen, um dem Fachkräftemangel im IT-Bereich entgegenzutreten.

Toscani sieht SPD mit in der Verantwortung

Den Vorwurf, die bis zur Landtagswahl 2022 CDU-geführte Staatskanzlei habe die Digitalisierung der Verwaltungen im Saarland verschlafen, will Stephan Toscani, Vorsitzender der CDU-Fraktion, nicht stehen lassen: „Die SPD hat hier im Saarland zehn Jahre mitregiert. Nun stiehlt sie sich bei diesem Thema aus der Verantwortung.“

Toscani und seine Fraktion sehen den Grund für die mangelnde Umsetzung des Online-Zugangsgesetzes eher bei den finanziell schlecht ausgestatteten Kommunen im Saarland. „Solange die Kommunen nicht angemessen mit Finanzen ausgestattet sind, habe ich wenig Hoffnung, dass die Digitalisierung der Verwaltungen schnell voran gehen wird“, erklärte Toscani. Es sei sinnvoll, dass der Digitalisierungs-Zweckverband Ego Saar für alle saarländischen Kommunen digitale Lösungen erarbeite, aber „der beste Zweckverband, die beste Bündelung nutzt nichts, wenn es bei der Umsetzung am Ende am Geld fehlt“, sagte Toscani.

Am Online-Zugangsgesetz zeige sich beispielhaft, woran die Kommunen litten, sagte Toscani: „Auf Bundesebene werden Gesetze beschlossen und Ansprüche formuliert. Bei der Umsetzung werden die Kommunen aber alleine gelassen und bekommen kein Geld zur Verfügung gestellt.“

AfD erkennt Imageschaden für das Saarland

Die AfD-Fraktion sieht in der nicht gelungenen Umsetzung des Online-Zugangsgesetzes im Saarland einen „Imageschaden sondergleichen“, betonte AfD-Fraktionschef Josef Dörr. Es sei „immer falsch, flächendeckend gleichzeitig etwas durchsetzen zu wollen“. Die Verwaltungs-Digitalisierung sei von der Landesregierung nur „halbherzig“ betrieben worden. Dörr verglich dabei die Verwaltungs-Digitalisierung mit der Einführung von Computern an saarländischen Schulen.

Auch dabei habe es seiner Erfahrung nach schon Probleme gegeben. Aus Sicht der AfD hätten die Landesregierungen in der Vergangenheit bei der Digitalisierung der Verwaltungen viel mehr auf Pilotprojekte in den Kommunen setzen müssen. Tatsächlich habe die Landesregierung im März 2022 vier „digitale Modellkommunen“ in einem Pilotprojekt unterstützt.

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