CDU nach 23 Jahren in der Opposition „Kreativität einer Weinbergschnecke“: CDU attackiert Rehlinger nach erster Regierungserklärung

Saarbrücken · 23 Jahre regierte die CDU das Land. Nun musste sie zum ersten Mal aus der Opposition auf eine Regierungserklärung antworten. Und tat das direkt mit heftiger Kritik.

Regierungswechsel im Saarland: Landtag wählt neue Landtagspräsidentin und Ministerpräsidentin
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Foto: BeckerBredel

Nach 23 Jahren an der Macht muss sich die CDU innerhalb kürzester Zeit gedanklich vom Regieren aufs Opponieren umstellen – mit Abgeordneten, die Opposition aus eigenem Erleben gar nicht kennen.

Man durfte also gespannt sein, wie Fraktionschef Alexander Funk – der sein Amt im Frühjahr an den neuen Oppositionsführer Stephan Toscani abgeben wird – am Dienstag auf die Regierungserklärung antworten würde. Er bot der neuen Regierung in eine „konstruktive Zusammenarbeit“ an, wünschte ihr viel „Elan und Tatkraft“ und im Sinne des Landes Erfolg.

Um dann auf Angriff zu schalten. Funk warf Rehlinger und ihrer Regierung vor, für zentrale Vorhaben ihrer Regierung lediglich „Floskeln und Worthülsen“ präsentiert zu haben und hier und da die „Kreativität einer Weinbergschnecke“ zu zeigen. Konkrete Konzepte und Ideen fehlten. „Leider lässt sich feststellen, dass die Hälfte des SPD-Wahlprogramms noch nicht einmal die erste Regierungserklärung überlebt hat“, sagte er.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Ulrich Commerçon, der die große Koalition in seiner Rede als „zehn gute Jahre“ für das Saarland bezeichnete und die jahrelange Zusammenarbeit mit seinem Amtskollegen Funk hervorhob, entgegnete auf Funk: „Nach 100 Tagen hätte ich eine solche Rede erwartet. So war es doch ein kleines bisschen zu kleines Karo.“

Funk begründete seine Kritik zum Beispiel mit Rehlingers Aussagen zum Strukturwandel. Es sei erstaunlich, dass sie in ihrer Regierungserklärung keinerlei konkrete Konzepte vorgelegt habe. Ein „Strukturwandelkabinett“ schaffe keinen merklichen Mehrwert, Rehlinger verfahre hier nach dem Motto: „Wenn du nicht mehr weiter weiß, bilde einen Arbeitskreis.“ Zur Stahlindustrie sei von ihr nur ein „Lippenbekenntnis“ gekommen, dass das Saarland „ein Herz aus Stahl“ habe. Das greife viel zu kurz.

Das im Wahlkampf von der SPD angekündigte Sondervermögen zur Finanzierung zusätzlicher Bildungsausgaben sei in der Regierungserklärung nicht mehr vorgekommen. Funk vermisste zudem Aussagen zur Qualität in Kitas und Schulen. Die Abschaffung der Kitabeiträge sei zwar „richtig und wichtig“. Mindestens genauso wichtig sei aber eine bessere Betreuungsqualität durch eine Senkung der Gruppengröße und mehr Personal.

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Foto: dpa/Harald Tittel

Beim Ausbau der Windkraft werde mit Zahlen „fernab der Realität“ jongliert. Die Ministerpräsidentin bleibe die Antwort schuldig, wo neue Windkraftanlagen im dreistelligen Bereich gebaut werden sollten. Funk warnte davor, im historisch alten Wald Flächen für Windräder zu roden. Rehlinger habe auch nichts zum Bau von Gaskraftwerken gesagt oder zu Geothermie und Grubengas.

Anders als die CDU muss sich die AfD nicht erst in der Opposition zurechtfinden. Fraktionschef Josef Dörr wiederholte seine Forderungen aus den vergangenen fünf Jahren, etwa nach einer Unterstützung des Bundes von acht Milliarden Euro für das Saarland und seine Kommunen. Darauf habe das Saarland einen Anspruch, nachdem es in Zeiten von Kohle und Stahl für den Wohlstand des Bundesgebiets gesorgt habe.

 Die Fraktionchefs von SPD und CDU, Ulrich Commerçon und Alexander Funk, haben in den letzten Jahren eng in der großen Koalition zusammengearbeitet. Nun sind sie politische Kontrahenten.

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Foto: BeckerBredel

Zum Regierungswechsel sagte Dörr: „Es ist Zeit gewesen für eine Wende.“ Er warne die SPD aber vor zu viel Euphorie. „Denn die große Koalition wird weiterbestehen, durch Geflechte und durch Filz“, sagte Dörr. Auch müsse die SPD in ihren eigenen Reihen die Ansprüche derer dämpfen, die verlangten, was nicht möglich sei. Dafür wünsche er Rehlinger „Kraft und Glück“.

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