Nach Landtagswahl Künftige Saar-Regierung derzeit einzigartig – Expertin schätzt die politische Lage im Saarland ein

Saarbrücken · Das Saarland wird künftig das einzige Bundesland mit Alleinregierung sein. Das Regieren wird für die SPD damit leichter und die Rolle der zukünftigen Ministerpräsidentin Anke Rehlinger wird sich bundespolitisch ändern, meint eine Politik-Expertin.

Saarland: Alleinregierung der SPD in Deutschland einzigartig
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Die Aussicht auf eine SPD-Alleinregierung im Saarland ist laut Politik-Professorin Dorothée de Nève in Deutschland derzeit einzigartig. „Betrachtet man die bundesweiten Trends, so sind Zweierkoalitionen und Dreierbündnisse seit Ende der 1990er Jahre weit verbreitet“, sagte die Expertin von der Justus-Liebig-Universität in Gießen der Deutschen Presse-Agentur. In keinem anderen Bundesland gebe es zurzeit eine Alleinregierung der SPD oder der CDU.

Selbst in Bayern, wo die CSU seit 1962 fast durchgängig alleine regierte, sei nach der Landtagswahl 2018 eine Koalition aus CSU und Freien Wählern ins Amt gekommen. Auch in den einst großen SPD-Hochburgen wie Bremen, Niedersachsen oder Nordrhein-Westfahlen regierten seit geraumer Zeit Koalitionen. Und im Saarland liegt die letzte Einparteienregierung auch länger zurück: Sie gab es von 1999 bis 2009 unter CDU-Ministerpräsident Peter Müller.

Regieren im Saarland wird für die SPD einfacher

Bei der Landtagswahl im Saarland am 27. März hatte die SPD mit 43,5 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit geholt. Sie wird somit erstmals seit 23 Jahren wieder die Regierung führen: mit der designierten Ministerpräsidentin Anke Rehlinger, die am 25. April im Landtag gewählt werden soll. Die CDU hatte mit 28,5 Prozent eine schwere Niederlage eingefahren - und stellt erstmals seit 1999 nicht mehr den Ministerpräsidenten.

Für die künftige SPD-Alleinregierung an der Saar werde das Regieren sicherlich einfacher, sagte De Nève. Denn es bedeute, dass die Partei alleine über Vorhaben, Priorisierung der Themen und Umsetzung der Regierungsarbeit entscheiden könne. „Das mühsame Ringen um Mehrheiten und Kompromisse“ bleibe der SPD erspart. Aber: Die Regierungspartei trage „dann freilich die alleinige Verantwortung. Für die Ergebnisse der eigenen Regierungsarbeit im Saarland wird dann die SPD letztlich auch alleine geradestehen müssen“, sagte sie.

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Foto: dpa/Harald Tittel

Die CDU könne ihre schwere Niederlage bei der Saar-Wahl als Chance deuten und nutzen. Dazu bedürfe es „nun einiger Kreativität und der Bereitschaft zur Veränderung“. Die CDU müsse sich deutlicher von der SPD absetzen: Es sei „dringend nötig, dass die Unterschiede zwischen den beiden Parteien wieder klar markiert werden“, sagte sie. „Das ist die Voraussetzung dafür, dass die CDU auch über das Saarland hinaus wieder Wahlerfolge erzielen kann.“

„Tiefgehende Konflikte“ beeinflussen Landtagswahl

De Nève sagte, die Wahl im Saarland habe „die kühnen Träume der SPD einerseits und die schlimmsten Befürchtungen der CDU andererseits erfüllt“. Von dem Saar-Wahlergebnis gingen für die in diesem Jahr anstehenden Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen „andere Signale“ aus, als die der neue CDU-Chef Friedrich Merz erhofft hatte. Lediglich für Schleswig-Holstein sei ziemlich klar, dass die CDU ihren Regierungsanspruch verteidigen könne. „Dennoch spricht vieles dafür, dass dies für die CDU noch eine lange Durststrecke wird“, sagte die Expertin.

Die Tatsache, dass es im Saarland künftig ein Parlament mit nur drei Fraktionen gebe, beruhe auf „tiefgehenden Konflikten“, die die Linke und die Grünen im Land zerrüttet hätten. Zudem schaffte auch die FDP den Einzug in den Landtag nicht. Die SPD wird im künftigen Landtag 29 von 51 Abgeordneten stellen. Die CDU hat 19 Sitze, die AfD drei.

Die designierte Ministerpräsidentin Anke Rehlinger wird derweil nach Meinung von De Nève auch bundespolitisch eine größere Rolle spielen. Sie werde „nun zu der Riege der vier amtierenden Ministerpräsidentinnen gehören, die wir in Deutschland haben, die übrigens alle der SPD angehören“, sagte die Gießener Politik-Professorin. „Das ist auch ein starkes geschlechterpolitisches Signal für die Bundespolitik.“

Für die unmittelbare Zukunft erwartete die Expertin nicht, dass die Saarländerin zusätzliche bundespolitische Aufgaben übernehmen werde. Aber: „Längerfristig wird die SPD sicherlich auch Frau Rehlinger stärker einbinden“, sagte De Nève.

(dpa)
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