Trotz Razzien Saar-AfD sieht keine Gefahr durch Reichsbürger – Faesers Pläne "erschreckend"

Saarbrücker · Bundesinnenministerin Nancy Faeser will nach den „Reichsbürger-Razzien“ in der vergangenen Woche unter anderem das Waffenrecht verschärfen. Die AfD im Saarland findet das „erschreckend“. CDU und SPD sehen Handlungsbedarf.

Großrazzia gegen Reichsbürger - Wohl auch Umsturz geplant
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Die Pläne von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), das Waffenrecht und Disziplinarrecht zu verschärfen, sind in den saarländischen Landtagsfraktionen auf ein geteiltes Echo gestoßen. Die AfD-Fraktion sieht im Saarland erst gar kein Problem mit sogenannten Reichsbürgern – Menschen, die die Bundesrepublik Deutschland und ihre Institutionen nicht anerkennen. „Ich sehe die Gefahr nicht, wie sie dargestellt wird“, sagte der Fraktionsvorsitzende Josef Dörr am Montag. Er habe daher die entsprechenden Artikel gar nicht erst gelesen.

AfD: „Wir haben dieses Problem hier im Saarland mit Sicherheit nicht“

Vergangene Woche waren 3000 Beamte an deutschlandweiten Razzien beteiligt. 25 Personen, darunter eine ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete, wurden festgenommen. Sie sollen einen gewaltsamen Umsturz geplant haben.

Ob die AfD Verfassungsfeinde in ihren Reihen dulde? „Das bestreite ich energisch“, sagte Dörr. „Wir haben dieses Problem hier im Saarland mit Sicherheit nicht“, sagte er. Daher sehe er auch keinen Handlungsbedarf. Anders als Bundesinnenministerin Faser. Nachdem bei der „Reichsbürger“-Razzia auch Soldaten und eine Richterin verhaftet wurden, möchte sie das Disziplinarrecht ändern. Wie Faeser am Sonntagabend in der ARD-Talkshow Anne Will erläuterte, soll es künftig möglich sein, Beatme ohne Verwaltungsgerichtsverfen aus dem Dienst zu entfernen. Geht es nach der Innenministerin, soll auch das Waffenrecht verschärft werden.

Die beiden Landtagsabgeordneten der AfD Christoph Schaufert und Josef Dörr am Montag bei der Landespressekonferenz.

Die beiden Landtagsabgeordneten der AfD Christoph Schaufert und Josef Dörr am Montag bei der Landespressekonferenz.

Foto: BeckerBredel

Reichsbürger: Auch im Saarland gab es Razzien

Dörr findet, schärfere Gesetze träfen immer die Falschen. „Die organisierte Kriminalität kümmert sich nicht um Waffengesetze. Der unbescholtene Bürger wird an die Kandare geholt.“ Sein Parteifreund Christoph Schauert findet Faesers Pläne „erschreckend“. „Da wird die Axt an die Wurzel des Rechtsstaats gesetzt“, sagte er.

Laut dem Innenministerium, das am Freitag den Lagebericht des saarländischen Verfassungsschutzes vorgestellt hat, sind dem saarländischen Verfassungsschutz 140 Reichsbürger bekannt. Auch hierzulande fanden Razzien statt, es kam jedoch zu keinen Festnahmen. Laut saarländischem Innenministerium haben 18 Personen aus der Rechtsextremen- und Reichsbürger-Szene eine waffenrechtliche Erlaubnis. Neun von Ihnen besitzen registrierte Waffen. Im Lagebericht wird auch eine weitere Gruppe beschrieben, sogenannte Delegitimierer. Sie sind keiner bestimmten Ideologie oder Weltanschauung zuzuordnen. Sie glauben an Verschwörungserzählungen und haben das Vertrauen in den Staat, seine Einrichtungen und Repräsentanten und auch in die Medien verloren.

CDU und SPD sehen Handlungsbedarf

Der CDU-Abgeordnete Raphael Schäfer sieht anders als die AfD in der Entwicklung „ein ernstzunehmendes Problem“. Erste Reaktionen des Bundesinnenministeriums habe seine Fraktion daher positiv zur Kenntnis genommen. Bei Staatsdienern müsse genauer hingeschaut werden, von daher warte man entsprechende Gesetzgebungsverfen auf Bundesebene ab. Die Lage im Saarland sei auch Thema des nächsten Innenausschusses.

Auch die SPD sieht Handlungsbedarf. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Timo Ahr mahnte aber, dass Beamte nicht unter Generalverdacht gestellt werden dürfen. Das Saarland liege zwar unter dem Bundesdurchschnitt. Aber gerade die Corona-Pandemie hat Verschwörungserzählungen befeuert – Stichwort Querdenker. Man werde jetzt auf die Bundesländer blicken, die stärker betroffen sind und werden erprobte Maßnahmen ins Saarland übernehmen, wenn es erforderlich sei, sagte Ahr. Konkrete Maßnahmen seien derzeit zurzeit noch nicht abzusehen.

Ahr: Ton hat sich verschärft

Ahr selbst habe gerade in Zusammenhang mit der Corona-Politik Anfeindungen von Kollegen und ehrenamtlichen Mitarbeitern erlebt, die auch zu Anzeigen geführt hätten. Besonders betroffen sei SPD-Fraktionsvorsitzender Ulrich Commerçon, der aufgrund von Hetze im Netz im vergangenen Jahr den Staatsschutz einschaltete. Ahr selbst habe ebenfalls Anfeindungen im Zusammenhang mit der geplanten SVolt-Ansiedlung erlebt.

Saarland: AfD sieht keine Gefahr durch Reichsbürger – Faeser-Pläne "erschreckend"​
Foto: dpa/Uli Deck

Durch die zahlreichen Krisen wie Corona, Krieg und Energiepreisschock habe sich der Ton verändert. Das aufzuarbeiten, müsse früh beginnen. Etwa mit entsprechenden Projekttagen in der Schule. Ahr sieht sowohl die Politik in der Pflicht: „Die sozialen Spannungen steigen und wir müssen alles dafür tun, dass die Gesellschaft zusammen hält und wir wirtschaftliche Maßnahmen treffen, die für Entlastungen sorgen.“ Als auch die Zivilgesellschaft. Extremisten seien nicht mehr so einfach zu erkennen. Deshalb ist die „Zivilgesellschaft aufgefordert, darauf eine Auge zu haben“.

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