Gesundheit und Pflege „Haushalte müssen Gesundheitsstandorte sein“

Saarbrücken · Von Mittwoch an befasst sich ein Saarbrücker Kongress mit neuen Entwicklungen in Medizin, Ernährung und Pflege.

 Die Versorgung von älteren Menschen, die möglichst lange zu Hause leben wollen, ist auch ein zentrales Thema auf dem Saarbrücker Gesundheitskongress „SALUT!“.

Die Versorgung von älteren Menschen, die möglichst lange zu Hause leben wollen, ist auch ein zentrales Thema auf dem Saarbrücker Gesundheitskongress „SALUT!“.

Foto: dpa/Christian Charisius

Zur fünften Auflage des Gesundheitskongresses „SALUT! DaSein gestalten“ von diesem Mittwoch, 10. April, an bis Freitag, 12. April, in der Saarbrücker Congresshalle werden über 800 Teilnehmer und gut 200 Referenten aus ganz Deutschland erwartet. 40 Einzelveranstaltungen widmen sich diversen Themen aus der Gesundheitswirtschaft. Es geht um das gesunde Essen in der Kantine, aber auch darum, wie ältere Menschen möglichst lange in ihrer gewohnten Umgebung leben können. Armin Lang, Vorsitzender des VdK Saarland, erklärt die regionalen Schwerpunkte.

Herr Lang, was bringt der Kongress dem Saarland?

LANG Die Gesundheitswirtschaft ist im Saarland die größte Branche und die stille Heldin des Strukturwandels mit derzeit über 90 000 Beschäftigten. Wir wollen uns im Wettbewerb mit anderen Regionen messen und müssen deshalb dafür sorgen, dass wir mit innovativen Technologien, Produkten und Dienstleistungen deutschlandweit zur Spitze gehören. Der Kongress bietet neueste Erkenntnisse von Unternehmen aus ganz Deutschland. Wir wollen Experten miteinander ins Gespräch bringen und gleichzeitig aufzeigen, was die Gesundheitsbranche im Saarland leistet. Unternehmen aus der Medizintechnik, Hersteller von Medizinprodukten, Akut- und Reha-Kliniken sowie Pflegeeinrichtungen und Ausbildungsstätten stellen sich vor. Der Kongress kann auch von interessierten Laien besucht werden, die sich über neue Trends informieren wollen.

Sie selbst sagen, das Saarland könnte im Gesundheitswesen zu einem bundesweiten Vorbild werden.

LANG Wir haben exzellente Forschung an unseren Hochschulen in den Bereichen Medizintechnik und Pharmazie. Ebenso verfügen die Versorgungsangebote in der Akut- und Reha-Medizin sowie die Pflegeanbieter über bundesweit beachtete Kompetenz. Diese Unternehmen zu mehr gemeinsamen Initiativen zusammenzubringen, sie regional und überregional zu vernetzen, müsste im Land der kurzen Wege ehrgeizig vorangetrieben werden. Mit unserem Kongress organisieren wir hierzu Impulse von außen und geben die Möglichkeit Leuchttürme aus dem Land überregional zu präsentieren.

Können Sie hierzu Beispiele nennen?

LANG Ein immens wichtiges Thema ist die künftige Versorgung von hochbetagten Menschen, die möglichst lange zu Hause leben wollen. Viele von ihnen leben alleine. Es muss uns gelingen, das Saarland zu einem Top-Standort zu machen, wie sie gesund und gut versorgt alt werden können. Wir zeigen auf dem Kongress, wie gute Versorgung gerade mehrfach kranker Menschen aussehen kann. Wir stellen nachahmenswerte Versorgungsmodelle vor und geben Anregungen, wie man durch vorsorgende Angebote möglichst gesund alt werden kann.

Wie müssen versorgungsgerechte Wohnungen künftig aussehen?

LANG Es werden heute schon mehr schwerkranke und pflegebedürftige Menschen in der eigenen Wohnung versorgt als im Krankenhaus oder im Pflegeheim. Wohnungen und Haushalte müssen als Gesundheitsstandorte begriffen und ausgestaltet werden. Dazu gehört die Vermeidung von Barrieren, schon beim Bau von Wohnungen, erst recht bei ihrer Sanierung. Damit würde sich auch die Sicherheit der Menschen in der eigenen Wohnung erhöhen. Eine gute Wohnung zeichnet sich künftig zum Beispiel durch das Vorhandensein einer Internetplattform aus, über die die Bewohner mit Ärzten, Kliniken, Pflegediensten und Reha-Anbietern kommunizieren können. Ebenso sollen sie sich darüber mit Angehörigen, Freunden und Nachbarn austauschen sowie Güter des täglichen Bedarfs einkaufen und liefern lassen können.

Was muss sich noch verändern?

LANG Auch das Leben im Quartier muss altersgerecht organisiert werden. Dazu gehört auch, dass ältere und allein lebende Menschen dabei unterstützt werden, in Gemeinschaft zu essen. Es muss auch mehr Angebote geben, sie zu Hause abzuholen an solche Orte, wo es dieses Essen in Gemeinschaft gibt. In einer Veranstaltung des Kongresses zeigen Experten aus der Wohnungswirtschaft, wie das Wohnen der Zukunft in einer älter werdenden Gesellschaft auch bei schweren Erkrankungen und Pflegebedürftigkeit aussehen sollte und wie es verwirklicht werden kann.

In der Pflege werden händeringend Mitarbeiter gesucht. Gleichzeitig brechen viele junge Menschen ihre Ausbildung in einem Pflegeberuf ab. Wie kann geholfen werden?

LANG Viele Mitarbeiter in Gesundheit und Pflege sind dem Dauerstress in ihrem Job nicht gewachsen und werden häufiger auch selbst krank. Die Beschäftigten brauchen zuallererst eine höhere Anerkennung, denn pflegen und therapieren kann längst nicht jeder. Die höhere Anerkennung reicht von einer angemessenen Bezahlung bis hin zur Begegnung auf Augenhöhe mit den Führungskräften. Die jungen Leute müssen sich entwickeln können, auch durch Weiterbildung und Spezialisierung. Wenn der Beruf Perspektiven bietet, bleibt man eher dabei. Wir müssen mehr Anreize schaffen, denn die Pflegeberufe stehen in einem knallharten Wettbewerb zu anderen Berufen. Am Donnerstag und am Freitag zeigen wir im ganztägigen Forum „Gesundheit und Pflege als Beruf“ wie gute Arbeitgeber handeln können, damit sie wieder längere Bewerberlisten und zufriedenere Mitarbeiter bekommen können. Bereits im Eröffnungsforum am Donnerstag ergreifen wir Partei für die Beschäftigen in Gesundheit und Pflege und diskutieren offensiv, dass es ohne konkrete gesetzliche Personalstandards besonders in der Pflege nicht geht.

Was spricht heute für ein Engagement in einem Pflegeberuf?

LANG Die Berufe in Gesundheit und Pflege sind sicher. Dies gilt auch für die Medizintechnik und die Pharmazie. Auch die Arbeitsplätze sind in der Regel wohnortnah. Die Arbeit im Pflegeberuf bringt Erfüllung. Menschen, denen man hilft, geben meist viel zurück. Es ist auch nötig, selbstbewusst diesen wichtigen Beruf zu vertreten. Auch hierzu geben wir Anregungen.

Auch eine gesunde Ernährung spielt auf dem Kongress eine große Rolle.

 Armin Lang, Vorsitzender des Sozialverbandes VdK Saarland

Armin Lang, Vorsitzender des Sozialverbandes VdK Saarland

Foto: VdK Saarland

LANG Immer mehr Menschen nutzen heute eine Gemeinschaftsverpflegung, beispielsweise in einer Kantine. Studien besagen, dass die persönliche Leistungsfähigkeit steigt, je besser die Ernährung ist. Deshalb sollten Unternehmen und Schulen, aber auch Kliniken und Heime mehr in die Ernährung ihrer Mitarbeiter, Patienten und Bewohner investieren. Gesunde Ernährung hat ihren Preis. Auch regionale Produkte aus der Landwirtschaft gehören dazu. Man kann erschrecken, wenn man vergleicht, wie wenig Geld viele Menschen für Ernährung ausgeben, im Unterschied zu ihrem Handy oder ihrem Auto. Wir werben auf dem Kongress für gesunde Gemeinschaftsverpflegung und wollen hierfür auch mit dem Verbraucherminister und der IKK gemeinsam im kommenden Jahr einen „SALUT!-Ernährungspreis“ ausloben.

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