Halbzeit-Bilanz der Saar-Sozialdemokraten SPD fordert „Kanzlerinnenwort“ und Milliarden für Stahlindustrie

Neunkirchen · Die Sozialdemokraten an der Saar wettern bei ihrer Halbzeit-Bilanz zur großen Koalition gegen die Schuldenbremse und raten, von Nachbarn zu lernen.

Der saarländische SPD-Politiker und DGB-Landeschef Eugen Roth

Der saarländische SPD-Politiker und DGB-Landeschef Eugen Roth

Foto: BeckerBredel

Mehr Klimaschutz mit grüner Industrie und Joberhalt, aber auch IT-Ausbau samt schnellerem Internet und autonomem Fahren: Im Saarland, sagte SPD-Fraktionsvize und Landeschef des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) Eugen Roth in Neunkirchen bei der Halbzeit-Bilanz seiner Partei zur großen Koalition, wird sich zeigen, ob der Strukturwandel in ganz Deutschland gelingt oder nicht. „Das Saarland ist, ob es will oder nicht, bereits Modell für diesen Wandel“, so Roth. Er verlangte unter viel Applaus ein „Kanzlerinnenwort“ von Angela Merkel und bis zu drei Milliarden Euro Hilfen („Sie haben sich nicht verhört“) alleine für den sozial-ökologischen Umbau der Stahlindustrie im Land.

Seit dem Start der sogenannten Halbzeit-Tour der SPD Mitte September im Vereinshaus Saarlouis-Fraulautern über die Eisenbahnhalle Losheim, wo die Besucherstühle nicht ausreichten, und zuletzt Oberthal ist die SPD-Landtagsfraktion noch bis zum 23. Oktober (Finale im Saalbau Homburg) im Land unterwegs, um unter dem Motto „Gesagt, getan“ nach zweieinhalb Jahren Bilanz ihrer Arbeit in der Koalition mit der CDU zu ziehen und neue Perspektiven aufzuzeigen. Bei der vierten Station in der Stumm‘schen Reithalle in Neunkirchen kamen jetzt allerdings nur etwa 60 Zuhörer zu der „Talkrunde mit Abgeordneten“. Während der neue SPD-Fraktionschef Ulrich Commerçon fehlte, erläuterte die Parteivorsitzende, Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger, zupackend gestikulierend ihr Zukunfts-Positionspapier mit dem Titel „Aufbruch Saarland“.

Die Kernthesen der SPD-Landesvorsitzenden: Das im vergangenen Vierteljahrhundert um 70 000 Menschen geschrumpfte Saarland brauche wieder eine Million Einwohner, und müsse dazu mit mehr Investitionen, einer Modernisierungsoffensive für die Saar-Wirtschaft und mehr Geld von Bund und EU attraktiver gemacht werden. „Die schwarze Null ist nicht mehr zeitgemäß.“ Für ihre Anregung, die Frankreich-Strategie des Landesregierung mit einem Luxemburg-Plan zu ergänzen und mit Blick auf Kita-Gebühren, Lernmittelfreiheit und den Öffentlichen Personennahverkehr auch mal in das sich hier deutlich besser präsentierende benachbarte Rheinland-Pfalz zu schauen, gab es spontanen Beifall der Zuhörer.

Ein junger Beschäftigter des Getriebeherstellers ZF beklagte, den Unternehmen gehe es nur um Gewinnmaximierung statt Arbeitsplatzerhalt: „Anke Rehlinger hat gekämpft wie eine Löwin, und unser Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) kann außer Lippenbekenntnissen und Keksen essen nix mehr“, meinte er. Zwei Schülerinnen setzten sich dafür ein, Ausbildungsmöglichkeiten zu verbessern und mehr Gewerkschafter zu Vorträgen in Schulen zu holen. Debattiert wurde auch über eine Saar-Initiative zum Strukturwandel für mehr Gemeinsamkeit im Land.

„Im Saarland arbeiten wir pragmatischer und enger in der Groko zusammen als in Berlin, was durchaus dazu führt, dass es auch mal ein bisschen kracht und scheppert, aber im Ziel sind wird uns einig: Stabilitär für dieses Land“, sagte DGB-Landeschef Roth. Er selbst sieht den größten Erfolg der SPD-Arbeit in der saarländischen großen Koalition zur Halbzeit darin, dass die Arbeitslosigkeit im Land mit einer Quote von 6,6 auf aktuell 6,2 Prozent deutlich gesunken ist. Auch wenn es derzeit viel Unruhe wegen wirtschaftlicher Hiobsbotschaften gebe.

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