Saar-Ministerpräsident sieht Chancen durch Brexit Hans bringt „Saarland-Büro“ in London ins Spiel

Saarbrücken · Strukturwandel, Investitionen, Altschulden: Das Saarland steht 2020 vor wichtigen Weichenstellungen. Dem geplanten Brexit gewinnt der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) dabei sogar etwas Positives ab.

Tobias Hans (CDU), Ministerpräsident des Saarlandes, will mehr für den Klimaschutz tun.

Tobias Hans (CDU), Ministerpräsident des Saarlandes, will mehr für den Klimaschutz tun.

Foto: dpa/Arne Immanuel Bänsch

Der Austritt von Großbritannien aus der Europäischen Union kann nach Ansicht des saarländischen Ministerpräsidenten Tobias Hans (CDU) auch eine Chance für neue Arbeitsplätze im Saarland sein. Er wolle prüfen, ein „eigenes Saarland-Büro“ in London zu eröffnen und zu versuchen, in Großbritannien produzierende Industriebetriebe ins Saarland zu holen, sagte Hans der Deutschen Presse-Agentur in Saarbrücken.

„Wir haben hier im Saarland hervorragend ausgebildete Fachkräfte, wir haben die Nähe zum Finanzplatz Luxemburg.“ Man könne gemeinsam mit Luxemburg schauen, wie man die „perfekte Industriestruktur“ des Saarlandes „mit der Position Luxemburgs als Finanzplatz verschränken kann, um Menschen in diese Region zu locken“. Es gebe derzeit viele Industriebetriebe im Vereinigten Königreich, die eine neue Bleibe suchten.

Der Brexit werde „sehr zügig“ kommen. Dabei müssten Möglichkeiten zum Handel mit Großbritannien, das vom ersten auf den fünften Platz der saarländischen Handelspartner abgerutscht sei, erhalten bleiben. Generell gelte: „Wir müssen die Risiken minimieren, die es im Zusammenhang mit dem Brexit gibt.“ Die Briten brauchten auch weiter „Autos und hochwertige Produkte, die auch aus dem Saarland kommen“.

Im nächsten Jahr werde es auch wichtig sein, ob der Ausstieg aus der Kohleverstromung ohne Benachteiligung von strukturschwachen Regionen wie beispielsweise dem Saarland gelinge. Zweites großes Thema werde die Arbeit der Kommission der Bundesregierung zur Gleichwertigkeit von Lebensverhältnissen sein. Vor allem die „dramatische Altschuldenproblematik“ der Städte und Gemeinden müsse gelöst werden: „Hier brauchen die Kommunen dringend die Hilfe und Solidarität des Bundes.“ Dies sei „eine nationale Aufgabe“, auch wenn es nur um Teile Deutschlands – neben dem Saarland auch Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Hessen – gehe.

Gelinge die Entschuldung nicht, dann werde es „in einzelnen Kommunen dazu kommen, dass im wahrsten Sinne des Wortes die Lichter ausgehen, dass die Menschen dort wegziehen und dass es Geisterstädte geben wird, die nichts mehr mit dem Rest von Deutschland zu tun haben“. Das Saarland habe deswegen die Hälfte der kommunalen Kassenkredite übernommen: „Wir haben Vorleistungen geliefert und erwarten jetzt natürlich Ergänzungen des Bundes. Der Bund sollte sich hier endlich einen Ruck geben.“

Die Parteien müssten „weiter konstruktiv zusammenarbeiten, damit Deutschland nicht abgehängt wird von den internationalen Entwicklungen“. Dazu gehöre eine Führungsrolle im Bereich der künstlichen Intelligenz und eine Umstellung der Industrie auf eine CO2-neutrale Produktion mit Hilfe von Wasserstoff. „Das sind Riesenaufgaben, die gehen nur mit einem Schulterschluss.“

Das Saarland wolle „Modellregion für ganz Deutschland werden, wenn es darum geht, den Strukturwandel zu bewältigen“. „Wir wollen zeigen, dass wir mit schnellen Abläufen und schnellen Prozessen auch Investitionen in den industriellen Standort Saarland und Deutschland hinbekommen“, sagte der Ministerpräsident.

Das Saarland wolle Industrieland bleiben und werde um jeden einzelnen Industrie-Arbeitsplatz kämpfen. Diese Arbeitsplätze würden aber anders aussehen als früher: „Wir müssen unabhängiger werden vom Verbrennungsmotor in der Automobilindustrie“, sagte Hans. Wichtig seien auch künstlich erzeugte Kraftstoffe, Wasserstofftechnologie und Elektromobilität: „Das sind Zukunftsthemen im Saarland und darauf müssen wir setzen.“

„Die Menschen sind weiter, als viele in der Politik glauben. Es wird erwartet, dass wir signifikant etwas verändern, auch CO2 einsparen“, sagte Hans. Im kommenden Jahr beginne nach der „Durststrecke“ von 2019 nun ein „Jahrzehnt der Investitionen im Saarland“. Dafür stehe zusätzlich eine Milliarde Euro bereit. „Es wird auch für die Bürgerinnen und Bürger des Landes ein gutes Jahr werden, wenn sie sehen, dass die Bagger anrollen“, erklärte Hans.

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