Wie soll moderner Religionsunterricht aussehen? Schülervertretungen kritisieren den Religionsunterricht

Saarbrücken/Mainz · Die Rheinland-Pfälzer wollen die Abschaffung des Schulfachs, die Saarländer die Zusammenlegung der Konfessionen ohne Glaubensvermittlung.

 Der saarländische Landesschülersprecher Usamah Hammoud  Foto: Paul-Lukas Wagner/LSV

Der saarländische Landesschülersprecher Usamah Hammoud Foto: Paul-Lukas Wagner/LSV

Foto: Paul-Lukas Wagner (LSV)

( Über die Zukunft des Schulfachs Religion wird in den Schülervertretungen der Bundesländer Saarland und Rheinland-Pfalz engagiert debattiert. „Der nach Konfessionen getrennte Religionsunterricht entspricht nicht unseren Vorstellungen“, sagte der Saar-Landesschülersprecher Usamah Hammoud, 20, der das Kaufmännische Berufsbildungszentrum Friedrich-List-Schule in Saarbrücken besucht, der SZ. Die Landesschülervetretung des Saarlandes setze sich für einen gemeinsamen Religionsunterricht aller Konfessionen unter wissenschaftlichen Voraussetzungen ein, sagte Hammoud, der etwa 100 000 Saar-Schüler vertritt. „Die Trennung des Religionsunterrichts ist absolut falsch“, betonte Hammoud. Sinnvoll sei ein einheitlicher Unterricht, der die gemeinsamen Werte der Religionen vermittele. Es gehe nicht um Glaubensvermittlung im Fach Religion, das sei Konsens im Vorstand der Landesschülervertretung, sagte Hammoud, der auch bei den Saar-Jusos aktiv ist.

Die Landesschülervertretung (LSV) in Rheinland-Pfalz ist radikaler: Sie fordert die Abschaffung des konfessionellen Religionsunterrichts und eine Änderung der Landesverfassung. Der Religionsunterricht in seiner bisherigen Form widerspreche der Trennung von Kirche und Staat, sagten Lucia Wagner und Lucas Fomsgaard vom LSV-Vorstand. Artikel 29 der Mainzer Landesverfassung mit der Vorgabe einer Erziehung „zur Gottesfurcht“ sei kaum mit dem Ziel einer angstfreien Erziehung vereinbar. Sie selbst sei zwar in der Kirche aktiv, empfinde die Pflicht zur Wahl zwischen evangelischem, katholischem und Ethikunterricht aber als diskriminierend, sagte Lucia Wagner im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. „Es ist total ätzend, dass man Religion nicht abwählen kann.“ Deswegen und aufgrund der Begrenzung der Stundentafel habe sie beim Wechsel in die 11. Klasse auf Biologie verzichten müssen, sagte die 17-Jährige.

Die LSV tritt dafür ein, den bisherigen Religions- oder Ethikunterricht durch ein Fach zu ersetzen, das über verschiedene Religionen, Weltanschauungen und Kritik an Religion informiere und den Jugendlichen „fundierte, aber auch reflektierte Möglichkeiten der eigenen Glaubensfindung“ biete. In einem solchen Unterricht könnten Schülerinnen und Schüler dann auch ihre eigenen Glaubensüberzeugungen vorstellen. Es sei im Unterricht spürbar, dass vielen Religionslehrkräften mit kirchlicher Bindung die pädagogische Ausbildung fehle, bemängelte der 18-jährige Lucas Fomsgaard. „Vor allem an Grundschulen halte ich es für höchst problematisch, Nichtpädagogen einzusetzen.“

Die Mainzer Landesvertretung der Schülerinnen und Schüler hat auch schon mit Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) über ihre Forderung gesprochen. „Den bekenntnisorientierten Religionsunterricht abzuschaffen, halten wir weder für erforderlich noch für zielführend“, teilte das Bildungsministerium in Mainz dazu mit.

Der Saar-LSV-Chef Hammoud setzt sich nicht für eine Verfassungsänderung im Saarland ein. Auch dort ist in Artikel 30 zu lesen, dass die Jugend unter anderem in der „Ehrfurcht vor Gott“ zu erziehen sei.

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