Macron oder Le Pen? Präsidentschaftswahlen in Frankreich und das Saarland: „Da kommt einiges auf uns zu“

Saarbrücken/Paris · Emmanuel Macron oder Marine Le Pen? Wer Frankreich regiert, hat auch Folgen für das Saarland. Warum eine zweite Amtszeit von Macron der deutschen Wirtschaft nicht unbedingt schmecken könnte, Le Pen einen Präzedenzfall in punkto Migrationspolitik schaffen könnte und die Sicherheitspolitik im Grenzraum so oder so feststeckt.

 Absolviert Emmanuel Macron seine zweite Amtszeit oder zieht Marine Le Pen in den Élyséepalast? Warum den Menschen im Saarland nicht egal sein sollte, wer Frankreich regiert.

Absolviert Emmanuel Macron seine zweite Amtszeit oder zieht Marine Le Pen in den Élyséepalast? Warum den Menschen im Saarland nicht egal sein sollte, wer Frankreich regiert.

Foto: dpa/Daniel Karmann

Wenn an diesem Sonntag der erste Wahlgang der Präsidentschaftswahlen in Frankreich ansteht, läuft es auf ein Duell zwischen dem liberalen Amtsinhaber Emmanuel Macron (LREM) und der rechtskonservativen Herausforderin Marine Le Pen (RN) hinaus. „So oder so, da kommt einiges auf uns zu. Die Europa-Politik wird in den kommenden Jahren sehr schwierig werden“, sagt Helma Kuhn-Theis (CDU), Vorsitzende des Ausschusses für Europa und Fragen des Interregionalen Parlamentarierrates im Saar-Landtag, der sich kurz vor der Wahl bei den Nachbarn am Donnerstag zu Wahlprognosen und Aussichten zusammengefunden hat.

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass Macron das Rennen nicht macht, aber man steckt nicht drin“, sagt Kuhn-Theis. Sie geht davon aus, dass Macron in einer zweiten Amtszeit Frankreich noch mehr in eine Rolle manövrieren wird, die Deutschland inne hatte. „Frankreich wird eine besondere Rolle in Europa einnehmen und in strategischer Autonomie den Ton angeben“, sagt sie und führt aus, „Macron hat sich im Taxonomie-Streit um die Atomkraft durchgesetzt.“ Frankreich werde sich in zentralen Fragen durchsetzen, auch in wirtschaftlichen. „Macron ist der Meinung, dass der Staat mehr als bisher in Markt eingreifen muss, das ist ganz anders als bei uns. Das wird für Deutschland, dem er schon jetzt Zögerlichkeit vorwirft, sehr schwer werden“, glaubt Kuhn-Theis. Ein erster Schritt sei die gemeinsame europäische Verschuldung im EU-Aufbaufonds zur Abfederung der Corona-Folgen gewesen, der den Druck auf Deutschland ebenfalls erhöhe.

Bezüglich Atomkraft ist lediglich der linke Kandidat Jean-Luc Mélenchon gegen einen weiteren Ausbau; während Macron Mini-AKW bauen will, hat Le Pen die Wiederbelebung von Fessenheim ins Spiel gebracht.

Helma Kuhn-Theis fordert, dass Aachener Vertrag in deutsch-französischen Beziehungen besser angewandt wird

Sollte Le Pen, die nicht gerade als deutsch-freundlich gelte, in den Élysée-Palast einziehen, werde nationalistisches Denken in Paris bald stärker. „Die Experten sind sich einig, dass sie das Thema Migration wieder beleben und ein Referendum darüber abhalten wird, wie viel Migration die Franzosen in Frankreich wollen“, sagt Kuhn-Theis. „Das würde einen Präzedenzfall schaffen“, glaubt die saarländische Politikerin. Für grundlegend problematisch hält Kuhn-Theis diesbezüglich auch das Fehlen einer europäischen Asylpolitik und eines europäischen Asylrechts.

Und die deutsch-französischen Beziehungen? Nicht einmal der „hoch gelobte“ Aachener Vertrag sei umgesetzt, sagt Kuhn-Theis. Etwa bezüglich polizeilicher Zusammenarbeit gebe es nur minimale Fortschritte. „Wir brauchen eine echte grenzüberschreitende Sicherheitspolitik, vor allem hier im Grenzraum.“ Beispielsweise kämen Zugriffsrecht und Nacheile, die Verfolgung eines Flüchtenden über die Grenze, deutscher Polizisten auf französischem Gebiet nicht voran. „Die Experimentierklauseln des Aachener Vertrags haben, außerhalb einer Verfassungsänderung in Frankreich, die Qualität, dass die Nacheile besser angewandt werden kann.“ Diese Qualitäten hätten mehr genutzt und mit Verantwortlichen in Grand Est und Moselle geklärt werden müssen. Aber wer auch in Frankreich gewählt wird, den Aachener Vertrag könnte er oder sie nicht antasten. Bliebe also erst recht die Chance, den Vertrag mehr anzuwenden, so Kuhn-Theis.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort