Polizeiausbildung SPD gegen mehr mittleren Dienst bei Polizei

Saarbrücken · Die Junge Union will die Polizei attraktiver machen, eine Laufbahn im mittleren Dienst anbieten. Im Landtag hält man wenig davon.

 Im vergangenen Herbst legten 128 Polizeianwärter in Illingen ihren Eid auf die Verfassung ab. Sie hatten zuvor ein dreijähriges Studium an der Verwaltungshochschule absolviert. Geht es nach der Jungen Union, soll die Polizeikarriere auch wieder ohne Fachabi oder Allgemeine Hochschulreife möglich sein.

Im vergangenen Herbst legten 128 Polizeianwärter in Illingen ihren Eid auf die Verfassung ab. Sie hatten zuvor ein dreijähriges Studium an der Verwaltungshochschule absolviert. Geht es nach der Jungen Union, soll die Polizeikarriere auch wieder ohne Fachabi oder Allgemeine Hochschulreife möglich sein.

Foto: Andreas Engel

Die Junge Union (JU) stößt mit ihrem Konzept für die Polizeiausbildung auf massiven Widerstand. Auf seinem Saarlandtag hatte der CDU-Nachwuchs am vergangenen Samstag den Vorschlag gemacht, wieder Polizisten für den mittleren Dienst auszubilden. Diese Laufbahn wurde 1994 praktisch abgeschafft. Neueinstellungen gibt es nur noch für den gehobenen Dienst, den Karriereweg der Kommissare – inklusive Studium. Dafür müssen Bewerber mindestens Fachabitur haben oder eine Ausbildung plus Berufserfahrung vorweisen können.

Dabei soll es nach Ansicht der Sozialdemokraten im Landtag auch bleiben. „Die Junge Union ist mehr eine Alte Union“, sagt Petra Berg, die innenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, am Montag bei der Landespressekonferenz. Sie wirft dem konservativen Politnachwuchs einen „Rollback in die Vergangenheit“ vor. JU und CDU hefteten sich das Label an, eine Partei der inneren Sicherheit zu sein, so Berg. „Mit solchen Anträgen ist man eher eine Partei der inneren Gefährdung.“ Denn: Kriminalität habe sich verändert, was der Grund gewesen sei, dass man den mittleren Dienst abgeschafft habe, meint Berg. Der Hintergrund: 1991 hatte eine Unternehmensberatung im Auftrag des Innenministeriums von Nordrhein-Westfalen festgestellt, dass Polizeibeamte in den gehobenen Dienst gehörten – wegen gestiegener Anforderungen.

So heftig wie SPD-Frau Berg reagieren die Oppositionsparteien nicht. Der mittlere Dienst sei von der Jungen Union aus finanziellen Gründen gefordert worden, sagt Oskar Lafontaine von der Linken. Man müsse Polizisten aber angemessen bezahlen. AfD-Fraktionschef Josef Dörr sagt: „Wenn Polizei, dann soll sie auch so ausgebildet werden, wie es sich gehört.“ Es sei eine ältere Idee, dass man Polizisten nicht so gut qualifiziere, meint er. Dörr zielt damit auf den Polizeilichen Ordnungsdienst (POD) ab, eine Hilfspolizei, wie es sie seit wenigen Jahren gibt. Tatsächlich sieht der Vorschlag der JU vor, die 45 Angestellten dieser Einheiten in den mittleren Dienst der Polizei zu übernehmen.

Wie kommentiert die Union die Ideen aus dem eigenen Nachwuchs? Fraktions-Vize Hermann-Josef Scharf sagt: „Die Junge Union ist eine eigenständige Organisation, die somit diskutieren kann, was sie will.“ Anschließen wird sich seine Fraktion dem Antrag vom JU-Saarlandtag jedoch nicht. Scharf verweist auf die gemeinsame Regierung mit den Sozialdemokraten. „Wir haben klare Aussagen, die im Koalitionsvertrag stehen“, erklärt Scharf. Die große Koalition verständigte sich 2017 bei der Regierungsbildung darauf, den Personalabbau bei der Polizei zu stoppen. Kommissaranwärter sollen so viele eingestellt werden, dass die Zahl der Polizisten in den nächsten Jahren stabil bleibt. Auch am „Prinzip der Assistenzkräfte“ wollen die Parteien festhalten. Die Wiedereinführung des mittleren Dienstes kommt in der Vereinbarung jedoch nicht vor.

Dagegen möchte die JU in Stufen zum mittleren Dienst zurückkehren, demnächst wieder 65 Anwärter für diese Laufbahn einstellen. Sie will dadurch die Polizeipräsenz im Land stärken und den Beruf des Ordnungshüters attraktiver machen. Gleichzeitig müssten die Einstellungszahlen für den gehobenen Dienst konstant bleiben, heißt es in dem am Wochenende vorgelegten Antrag. Zuletzt gab es über 120 Kommissaranwärter im Land.

Die Gewerkschaften lehnen den Vorstoß des Parteinachwuchses ab. Sascha Alles von der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) hatte unserer Zeitung nach Bekanntwerden des Antrags gesagt, eine Wiedereinführung des mittleren Dienstes bedeute das „Eingestehen von Fehlentscheidungen bei der Polizei“. Grundsätzlich sei es richtig, dass die Bewerberzahlen im Saarland seit Jahren fielen und mittlerweile auf einem traurigen Rekordtief angelangt seien, erklärte Alles nach dem Saarlandtag der Jungen Union. Doch die Forderung, den mittleren Dienst neu aufleben zu lassen, sei in vielerlei Hinsicht nicht durchdacht. Die DPolG schlägt vor, eine Berufsfachschule einzuführen, an deren Ende ein Fachabitur stünde. „Wir müssen Menschen, die einen mittleren Bildungsabschluss haben und auch hochmotiviert sind, jedoch im Moment keine Chance auf Einstellung haben, die Möglichkeit eröffnen, zur Polizei zu kommen“, sagt Alles. In Rheinland-Pfalz gibt es bereits Höhere Berufsfachschulen für Polizeidienst und Verwaltung.

Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) übte Kritik. „Das ist respektlos gegenüber der Polizei“, hatte Landes-Chef David Maaß zunächst gesagt. Am Montag legte er nach: Für die Abschaffung des mittleren Dienstes habe die GdP vor Jahren hart gekämpft, heißt es in einer Pressemitteilung. Aus Sicht der Gewerkschaft sei der mittlere Dienst im Vollzugsbereich ein Relikt aus alten Zeiten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort