Schüler-Petition Nach Mathe-Abi im Saarland wächst Wut bei Prüflingen
Saaarbrücken · Mit einer Unterschriften-Aktion im Internet laufen Schüler Sturm gegen die aus ihrer Sicht unfairen Voraussetzungen.
Die Wut auf den Ablauf der Prüfungen im Fach Mathematik scheint bei den angehenden Abiturienten im Saarland massiv. Denn die Zahl jener, die eine Online-Petition unterzeichnen, wächst stetig. So waren am Sonntagnachmittag bereits 2900 Unterstützer registriert.
„Zu schwer, zu wenig Zeit“
„Zu schwer, ein zu hoher Erwartungshorizont, zu wenig Zeit und allgemein im Vergleich viel schwieriger als die vorigen Abiturprüfungen“ – so skizzieren die Beschwerdeführer die aus ihrer Sicht die unfairen BEdingungen.
Druck auf Korrektorenkonferenz erhöhen
Bereits wenige Stunden nach Ende der Klausuren hatten Schüler am Freitag (3. Mai) eine Petition gestartet. Dafür sammeln sie im Internet Unterschriften jener, die sich ebenfalls ungerecht behandelt fühlen. Der Adressat: Bildungsminister Ulrich Commerçon (SPD). Der Zweck: Er soll dafür sorgen, bei der anstehenden Bewertung der landesweit zentralen Prüfungsaufgaben einen Kompromiss zu finden. Ein konkreter Vorschlag, wie dieser aussehen könnte, steht indes noch aus. Offensichtlich soll mit der Aktion aber der Druck auf die Korrektorenkonferenz erhöht werden. Die kommt im Laufe dieser Woche zusammen, um über die Notenvergabe zu beraten.
Keine Wiederholung gewünscht
Einer derjenigen, die die Petition auf den Weg gebracht haben, ist Philipp Martini, Schülersprecher am Wirtschaftswissenschaftlichen Gymnasium in Saarbrücken. „Unser Ziel ist es, allgemein eine Lösung zu schaffen“, sagt er auf Anfrage. Allerdings schließen er und seine Mitstreiter aus, die Prüfung zu wiederholen. Der 18-Jährige: „Das wollen wir keinem zumuten, sich erneut auf die echt anstrengende Prüfung vorzubereiten.“ Je nach Kurs haben die Schüler bis zu fünf Stunden Zeit, die Aufgaben zu lösen.
30 Schulen aus dem gesamten Saarland beteiligt
Nach Angaben der Initiatoren beteiligten sich bis Sonntag 30 weiterführende Schulen aus dem gesamten Land an dem Aufruf, in der Regel von den jeweiligen Schülervertretungen repräsentiert. Unter anderem dabei: das Gymnasium am Rotenbühl in Saarbrücken, das Homburger Saarpfalz-Gymnasium, die Waldorfschule in Nohfelden-Walhausen sowie das Berufsbildungszentrum (BBZ) in Merzig.
Vater kritisiert Umfang der Aufgaben
Konkret werfen sie den Ausgestaltern der aktuellen Abiklausur vor, dass darin Aufgaben auftauchten, die nicht Gegenstand des darauf vorbereitenden Unterrichts gewesen und deswegen kaum zu lösen sein sollen. Auch Eltern zählen zu den Kritikern. So wirft ein Vater den Prüfungsverantwortlichen vor, dass der Klausurablauf „nach zehn Jahren abrupt geändert wurde, statt das System langsam umzustellen“. Das habe auch leistungsstarke Prüflinge schon beim Einstieg an ihre Grenzen gebracht. Dabei gehe es nicht darum, das Abitur mit leichten Aufgaben abzuwerten. Aber es müsse die Möglichkeit geben, komplexe Aufgaben wie gefordert mit der entsprechenden Vorbereitung zu lösen. Das sei diesmal nicht der Fall gewesen, beklagt der Vater eines betroffenen Schülers. Zudem sei die Fülle an Aufgaben auch für einen sehr gut vorbereiteten Prüfling kaum zu bewältigen gewesen. „Wenn alle protestieren, dann muss was dran sein.“
Prominente Unterstützer
Unterdessen bleiben die angehenden Abiturienten mit ihrer Forderung an den Minister in Saarbrücken nicht allein. So schloss sich beispielsweise Illingens Bürgermeister Armin König (CDU) der Petition an. Auf seiner Facebookseite veröffentlichte der Politiker am Samstagvormittag die Forderung und kommentierte: „Ich unterstütze die Petition, weil mir die Argumentation der Schülerinnen und Schüler schlüssig erscheint.“
Auch Thema im Landtag
Am Sonntag meldete sich dann Barbara Spaniol, die bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im saarländischen Landtag, zu Wort. „Der Vorwurf, dass in der Prüfung Aufgaben auftauchten, die nicht Gegenstand des Unterrichts waren, muss aufgeklärt werden“, erklärte sie. „Gegebenenfalls muss auch das Verfahren zur Auswahl von Abituraufgaben auf den Prüfstand.“ Unklare und kaum lösbare Aufgabenstellungen müssten ausgeschlossen werden, sagte Spaniol. Sie kündigte an, das Thema im Bildungsausschuss des Parlaments auf die Tagesordnung setzen zu lassen. Ob das schon zur Ausschusssitzung am Donnerstag gelingt, ist offen.
Landesschülervertretung debattiert über Vorgehen
Unabhängig davon kamen am Samstag Schülervertreter aus dem Saarland im Landesinstitut für Pädagogik und Medien (LPM) zur Vorstandsklausur der Landesschülervertretung zusammen. Dabei handelte es sich um einen lange im Voraus anberaumten, regulären Termin. Nichtsdestotrotz waren die aktuellen Entwicklungen dort Thema. Das bestätigte auf Anfrage Landesschülersprecher Usamah Hammoud.
Bildungsminister in Kenntnis gesetzt
Die heftige Kritik seitens der Prüflinge ist mittlerweile auch im saarländischen Bildungsministerium angekommen. Dessen Sprecherin Marija Herceg wiederholte am Sonntag, dass sich ihre Behörde am Montag dazu äußern wolle.
Nicht die erste Protestnote
Diese Petition ist nicht die erste. Schon im Vorjahr hatten sich saarländische Schüler wegen der Hörverstehensprüfung im Abifach Englisch mit einer Petition im Internet an Bildungsminister Commerçon gewandt. Sie forderten eine Notenanhebung, weil Schüler über erhebliche Verständnisprobleme klagten. Die Korrektorenkonferenz lehnte trotz 1800 Unterzeichner von landesweit 15 gymnasialen Oberstufen ab. Eine erste saarländische Schüler-Petition im Netz gegen eine Abiklausur war 2013 gestartet worden, damals mit 400 Teilnehmern ebenfalls wegen des Hörverstehenstests im Fach Englisch.
Ähnliche Probleme mit den Vorbereitungen auf die Abiturprüfungen melden zurzeit Schüler auch aus anderen Bundesländern. So kamen bis Sonntag in Bayern an die 35 000 Unterschriften zusammen, ebenfalls wegen Mathematik.