Ostermarsch in Saarbrücken Friedensbewegte hoffen auf mehr Zuspruch

Saarbrücken · Der Ostermarsch zieht keine Massen an, obwohl das Thema hochaktuell ist. Bringt die Teilnahme der „Fridays for Future“-Schüler jetzt die Wende?

 „Abrüsten statt Aufrüsten“ lautete das Motto des Ostermarsches in Saarbrücken im vergangenen Jahr. 

„Abrüsten statt Aufrüsten“ lautete das Motto des Ostermarsches in Saarbrücken im vergangenen Jahr. 

Foto: BeckerBredel

Die Themen der Friedensbewegung sind aktuell wie lange nicht. Es droht ein neues Wettrüsten, nachdem die USA den Vertrag über den Verzicht auf nukleare Mittelstreckenraketen gekündigt haben. In der Ukraine und in Syrien wird Krieg geführt und Deutschland gibt wieder mehr Geld für Rüstung aus. Doch der Zulauf der Friedensbewegung hält sich in Grenzen. Zwischen 150 und 400 Menschen kamen in den vergangenen Jahren zu den Ostermärschen in Saarbrücken. Deutlich mehr werden es am Samstag wohl auch nicht sein.

Das hat Gründe. Anders als in der Nachrüstungsdebatte Anfang der 1980er Jahre oder zu Zeiten des Kosovo- oder des Irak-Krieges seien die derzeitigen Konflikte in der Ostukraine oder in Syrien wesentlich komplexer und schwerer greifbar, sagt Gregor Hofmann, Wissenschaftler am Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung in Frankfurt.

Der Politikwissenschaftler bestätigt damit einen Befund, den vor wenigen Wochen Oskar Lafontaine erhoben hatte. Mit seiner Sammlungsbewegung „Aufstehen“ hatte er im Februar in Saarbrücken den Protest gegen die Kündigung des Mittelstrecken-Vertrages auf die Straße tragen wollen. Am Ende waren es 100 Menschen, die er mobilisieren konnte – wenn es hoch kommt. „Ich hatte von Anfang an keine allzu hohe Erwartung“, sagte Lafontaine anschließend. 100 Leute seien „natürlich zu wenig“. In der Hochzeit der Friedensbewegung habe man in größeren Städten Versammlungen mit 30 000 bis 40 000 Teilnehmern machen können, er habe in Bonn vor 100 000 Menschen gesprochen. Damals seien die Menschen „echt berührt“ gewesen und hätten Angst gehabt. „Diese Voraussetzung ist nicht gegeben.“

Das Motto an diesem Samstag in Saarbrücken lautet: „Radikal umsteuern – es ist an der Zeit! Kein atomares Wettrüsten! Abrüstung statt Sozialabbau!“ Das Bündnis der Unterstützer reicht von Attac und der Lehrer-Gewerkschaft GEW über parteipolitische Gruppen wie Linke, Linksjugend, Jusos, Piratenpartei und der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) bis hin zu Friedensgruppen und christlichen Initiativen, den Naturfreunden oder dem Motorradclub „Kohle Wampe Saarland“.

An diesem Samstag gibt es in Saarbrücken jedoch eine Neuerung: Die Bewegung „Fridays for Future“ hat die Schüler, die sonst freitags für mehr Klimaschutz auf die Straße gehen, dazu aufgerufen, diesmal für den Frieden demonstrieren zu gehen. Susanne Speicher, Sprecherin von „Fridays for Future Saarland“, wird beim Ostermarsch eine Rede halten.

Das Friedensnetz Saar als Veranstalter des Ostermarsches freut sich über den neuen Unterstützer. Die Schüler hätten, anders als die Umweltverbände, verstanden, dass Klimaschutz Friedensarbeit sei und der Frieden dem Klima diene, weil das Militär die Umwelt belaste, sagt Sprecherin Waltraud Andruet.

Ob deshalb jedoch gleich Massen junger Menschen zum Ostermarsch strömen, ist fraglich. Das Friedensnetz erwartet rund 500 Teilnehmer. Forscher Hofmann sagt: „Ich habe das Gefühl, dass sich junge Leute weniger um ihre physische Unversehrtheit sorgen, sondern mehr um die Einschränkung ihrer Freiheitsrechte, wie man an den Protesten gegen die Urheberrechtsreform gesehen hat, oder durch den Klimawandel.“ Die treuesten Ostermarschierer blieben die Angehörigen der 68er- und der Babyboomer-Generation, sagt Hofmann.

Die Slogans der Ostermärsche, hat der Wissenschaftler beobachtet, seien außerdem zu diffus und fernab der Lebensrealität vieler junger Menschen. „Der bedingungslose Pazifismus scheint für viele junge Menschen zu schwarz-weiß-malerisch“, sagte Hofmann. Sie sähen, dass es unter bestimmten Bedingungen sinnvoll sein könne, Militär einzusetzen, etwa in UN-Friedensmissionen oder um Menschenrechte zu schützen oder um den „Islamischen Staat“ zu bekämpfen.

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