Neue Modelle für künftige Versorgung im Saarland AOK will strikte Trennung in ambulant und stationär aufbrechen

Saarbrücken · Die Spitze der Krankenkasse mit den meisten Versicherten im Saarland fordert eine offene Diskussion über neue Versorgungsstrukturen.

 (Symbolbild)

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Foto: dpa-tmn/Hauke-Christian Dittrich

Die medizinische Versorgung der Menschen im Saarland kann nach Ansicht der AOK auf lange Sicht nur mit einem völlig neuen Ansatz gesichert werden. „Wir benötigen eine deutlich stärkere Verzahnung von stationären und ambulanten Strukturen“, sagte die Vorstandsvorsitzende der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland, Martina Niemeyer, der SZ. Sie schlug vor, dass Krankenhäuser auch originäre ambulante Leistungen anbieten und Ärzte in ambulanten Gesundheitszentren umgekehrt Patienten kurzzeitig stationär versorgen könnten.

Niemeyer und die Bevollmächtigte des AOK-Vorstandes, Christiane Firk, forderten eine offene Diskussion und die Bereitschaft aller, sich auf neue Ideen einzulassen. „Wir sehen ein starkes Festhalten an bisherigen Strukturen“, sagte Niemeyer. Nötig sei aber, „den Lösungsraum zu erweitern“. Die vorhandenen finanziellen Mittel müssten für zukunftsfähige Lösungen eingesetzt werden. Auch verlange der Fachkräftemangel im ärztlichen und pflegerischen Bereich nach neuen Lösungen. Haupthindernis für eine stärkere Verzahnung von stationären und ambulanten Angeboten seien die unterschiedlichen Abrechnungssysteme, auch finde derzeit zu wenig sektorenübergreifende Planung statt.

 Martina Niemeyer, die Vorstandsvorsitzende der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland.

Martina Niemeyer, die Vorstandsvorsitzende der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland.

Foto: AOK Rheinland-Pfalz/Saarland/Lauer

Firk sagte, das Saarland sei geprägt von kleinen Krankenhäusern mit überdurchschnittlich vielen Fachabteilungen. Nötig seien mehr Konzentration und mehr Spezialisierung. Es gebe einen klaren Zusammenhang zwischen der Anzahl von Behandlungen und der Qualität. Eine Grundversorgung müsse aber flächendeckend vorgehalten werden.

 Christiane Firk, Bevollmächtigte des Vorstandes der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland

Christiane Firk, Bevollmächtigte des Vorstandes der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland

Foto: AOK Rheinland-Pfalz/Saarland

Niemeyer und Firk betonten, ihnen gehe es nicht darum, Krankenhäuser zu schließen. Die Leistungen müssten zwischen den Krankenhäusern aber besser abgestimmt werden. In zu vielen, räumlich naheliegenden Kliniken würden zum Beispiel gefäßchirurgische und kardiologische Leistungen angeboten – das sei auch angesichts der knappen Ressource Personal nicht sinnvoll. So werde der Fachkräftemangel verstärkt und die vorhandenen Ärzte und das Pflegepersonal stark belastet. „Wir müssen die Kompetenzen bündeln“, so Niemeyer.

Letztlich sei es oft gar nicht entscheidend, ob  ein Krankenhaus oder zum Beispiel ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) mit angestellten Ärzten eine bestimmte Leistung erbringt. Es gelte vielmehr, die Bedürfnisse des Patienten in den Mittelpunkt zu stellen, um dann „ein passgenaues, integriertes Versorgungsangebot“ zu machen. Dabei spielten auch neuartige, intersektorale Ansätze in der Region eine Rolle.

Einen Beitrag zur zukünftigen Sicherung der ärztlichen Versorgung kann aus Sicht der AOK-Chefinnen auch die Telemedizin leisten – auch wenn Videosprechstunden den persönlichen Kontakt zwischen Arzt und Patient  nicht ersetzen könnten. Die Corona-Krise habe die Bereitschaft aller Beteiligten verstärkt, sich damit auseinanderzusetzen und zu probieren, was funktioniere und was nicht.

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