Fachkräftemangel in der Pflege Wie das Saarland weitere ausländische Pflegekräfte gewinnen will
Saarbrücken · Im Kampf gegen die Personalnot in der Pflege setzt Sozialminister Jung (SPD) auf ausländische Fachkräfte. Die anzuwerben ist die Spezialität der Defa aus Saarbrücken.
Die Deutsche Fachkräfteagentur für Gesundheits- und Pflegeberufe (Defa) mit Sitz in Saarbrücken hat ein neues Projekt zur Anwerbung von ausländischen Fachkräften vorgestellt. Die Defa-Geschäftsführer Thorsten Kiefer und Christoph Lang stellten das Projekt mit dem Namen „Work in Health! Germany“ gemeinsam mit Gesundheitsminister Magnus Jung (SPD) am Mittwoch in Saarbrücken vor. Das Projekt starte auch vor dem Hintergrund, dass 2024 eine Förderung der Defa durch den Bund auslaufe. Die gewährleistete bisher, dass die Defa den bürokratischen Verwaltungsprozess der Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland beschleunigen konnte.
Sie kümmerte sich zum Beispiel um Anträge auf Visa, Anerkennung der Berufserlaubnis sowie Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis, hat bereits 1350 Antragsverfahren erfolgreich durchgeführt, berichtet Lang. Die Bearbeitungszeit der Unterlagen konnte die Agentur nach eigenen Angaben von einem Dreivierteljahr auf acht Wochen reduzieren. Für Kliniken und Personalagenturen, die sich vor Ort selbst auf die Suche nach geeigneten Leuten machen, „ist die komplexe deutsche Behördenstruktur sehr schwer zu überblicken“, erklärte Lang.
Übernahme der Anwerbung und Co.
In ihrem neuen Projekt „Work in Health! Germany“ bietet sie nun Kunden wie Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen an, den kompletten Prozess zu übernehmen – von der Anwerbung vor Ort, über den Papierkram bis zu den Integrationsleistungen in den Einrichtungen. Auch, um nach dem Auslaufen der Bundes-Förderung auf eigenen Füßen stehen zu können. Seit ein paar Monaten laufe das Projekt nun, ohne „groß Marketing zu machen begleiten wir bereits 200 Kandidatinnen und Kandidaten“, berichtete Lang.
Am Anfang des „Work in Health! Germany“-Prozesses stünden Gespräche mit Personalern von „meist kleinen Kliniken oder Pflegeeinrichtungen“, erklärt Lang. Die spüren den Fachkräftemangel, haben keine Personal-Kapazitäten, um Fachkräfte im Ausland anzuwerben. Das können nur die großen „wie zum Beispiel das Winterbergkrankenhaus oder die Uniklinik in Homburg“, sagt Lang, die in Mexiko Fachkräfte angeworben haben (wir berichteten mehrfach).
Jung: „Wir wollen anderen Ländern nicht die Fachkräfte abwerben“
Nach dem Auftrag einer Einrichtung suche die Defa in ihrem „Work in Health“-Projekt Kandidaten im Ausland. 17 Mitarbeiter hat die Agentur derzeit, hat Stützpunkte auf den Philippinen (Manila), in Mexiko (Mexiko-City) und in Indien (Kerala). In Ländern, deren Bevölkerung im Schnitt sehr jung ist und die deutlich über ihren eigenen Bedarf ausbilden. „Wir wollen nicht anderen Ländern die Fachkräfte abwerben“, betont Gesundheitsminister Jung, der auch sagt, dass es an der Qualifikation der ausländischen Fachkräfte nicht mangele: „Selbstverständlich gelten auch für sie die bewährten Zulassungsstandards und Qualifikationsanforderungen für examinierte Pflegekräfte wie zum Beispiel das ausreichend hohe Sprachniveau B2.“
Die Defa arbeite vor Ort eng „mit den Behörden, Sprachschulen und weiteren seriösen Dienstleistern zusammen“, sagt Lang. Das Sprachniveau B2 garantiere er. Er sagt aber auch: „Vor allem die letzte Meile ist sehr wichtig“. Der Defa-Geschäftsführer meint damit, „dass die Integrationsleistungen in den Einrichtungen gut sein müssen“. Sonst könne es sein, dass eine Pflegekraft aus Mexiko, Brasilien oder den Philippinen im kalten deutschen Winter zu viel Heimweh bekomme – und die Auswanderung abbreche. Damit wäre alles umsonst. Die Defa verlangt von den Bewerbern übrigens kein Geld. Sprachkurse, Verdienstausfälle – alles bezahlt der Auftraggeber. „Wir wollen eine faire und nachhaltige Personalgewinnung“, sagt Lang.
Die Defa ist nicht nur eine hundertprozentige Landesgesellschaft, für die saarländische Landesregierung ist die Anwerberarbeit im Ausland ein wichtiger Bestandteil auf ihrem Weg zu ihrem selbstgesteckten Ziel, bis „Ende der Legislaturperiode 4000 neue Pflegekräfte für das Saarland zu gewinnen“, wie Jung erneut erklärte. Daher sei es wichtig, dass die Agentur in Saarbrücken sitze. Ob die Defa ihr Angebot auf weitere Berufszweige ausbauen will? Das sei nicht abzusehen, aber auch nicht auszuschließen, war der Tenor. Denn eines ist sicher: Der Fachkräftemangel schlägt in vielen Branchen zu.