Neues Antidiskriminierungsgesetz in der Hauptstadt Saar-Polizisten wollen nicht mehr zu Einsätzen nach Berlin

Saarbrücken/Berlin · Staatsbesuche, Massenkundgebungen und Großveranstaltungen: Immer wieder muss die Berliner Polizei bei solchen Großlagen Kollegen aus dem Saarland und anderen Bundesländern zur Unterstützung anfordern.

 Der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) im Saarland, David Maaß.

Der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) im Saarland, David Maaß.

Foto: GdP

Doch das könnte bald schwierig werden. Grund ist das umstrittene Antidiskriminierungsgesetz, das der Berliner Senat am Donnerstag verabschiedet hat. Es soll die rund 3,8 Millionen Menschen in der Hauptstadt vor Diskriminierung durch Behörden schützen und Ansprüche auf Schadenersatz gegen das Land ermöglichen. Kritiker behaupten, durch das Gesetz werde die Beweislast umgekehrt, so dass beispielsweise Polizisten künftig nachweisen müssten, dass Diskriminierungsvorwürfe gegen sie falsch seien.

Die Polizeigewerkschaft GDP läuft Sturm. Mehrere Landesverbände haben die Innenminister in ihren Bundesländern aufgefordert, keine Polizisten mehr zu Großeinsätzen nach Berlin zu schicken. Saar-GdP-Chef David Maaß findet ebenfalls deutliche Worte, nennt das Gesetz einen „Dolchstoß und Misstrauensvotum der Politik gegenüber der Polizei“ und fügt hinzu: „Wir erleben steigende Gewalt gegenüber Polizisten. Dann kommt so ein Gesetz. Das passt nicht in unsere Welt.“ Maaß will ebenfalls keinem seiner Kollegen mehr einen Einsatz in Berlin zumuten und in den kommenden Tagen mit Innenminister Klaus Bouillon (CDU) die Sache besprechen.

Aber auch aus Boullions CDU regt sich massiver Widerstand gegen das Gesetz aus dem Hause des grünen Justizsenators Dirk Behrendt. So fordern etwa die innenpolitischen Sprecher von CDU und CSU in Bund und Ländern, die Innenminister aller anderen 15 Länder sollten vorerst keine Polizisten mehr zur Amtshilfe nach Berlin schicken. Das neue Gesetz stelle die Polizei und den ganzen öffentlichen Dienst „unter Generalverdacht, grundsätzlich und strukturell zu diskriminieren“, kritisiert der baden-württembergische CDU-Innenpolitiker Thomas Blenke. „Deutschland ist nicht USA. Wir haben hier kein Rassismus-Problem in der Polizei.“ Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagt, das Gesetz animiere „mit weitreichenden Entschädigungsregelungen die falschen Leute geradezu, die Polizei mit fadenscheinigen Diskriminierungsvorwürfen zu überziehen, um Kasse zu machen“.

Derweil bemüht sich die Berliner Senatsverwaltung um Aufklärung und hat auf seiner Internet-Seite einen Artikel veröffentlicht, der Fragen zu dem neuen Gesetz beantwortet. Darin wird auch das zweistufige Verfahren erklärt, das schließlich zur umstrittenen Beweislastumkehr führt. Danach muss derjenige, der behauptet, diskriminiert worden zu sein, vor Gericht Beweise dafür vorlegen. Hält es der Richter danach für wahrscheinlich, dass der Kläger tatsächlich diskriminiert wurde, kehrt sich die Beweislast um und der Beklagte, etwa ein Polizeibeamter, muss nun haarklein nachweisen, dass die Vorwürfe haltlos sind.

Dies werde zu einer Prozessflut gegen Polizeibeamte und die Beschäftigten anderer Behörden führen, warnte der Berliner GdP-Landesbezirksvorstand unlängst in einem offenen Brief an die Mitglieder des Abgeordnetenhauses, der von den Vorsitzenden aller GdP-Landesverbände unterzeichnet wurde. Weil das Gesetz auch die Möglichkeit einer Verbandsklage zulasse, könnten künftig sogar Vereine „gegen eine konkrete polizeiliche Eingriffsmaßnahme“ vor Gericht ziehen, heißt es in dem Schreiben vom 28. Mai weiter, mit dem die Polizeigewerkschafter die Abgeordneten dazu bewegen wollten, gegen das Gesetz zu stimmen. Doch die Abstimmung am Donnerstag fiel eindeutig aus. Die rot-rot-grüne Mehrheit im Abgeordnetenhaus beschloss das Antidiskriminierungsgesetz, 86 der 143 anwesenden Abgeordneten votierten dafür, 57 dagegen.

Justizsenator Behrendt sagte, es bedrücke ihn, wenn schwarze Bekannte im ganzen Stadtgebiet ihm schildern würden, von der Polizei häufiger als Weiße kontrolliert zu werden. „Das ist nicht in Ordnung und die können sich dann dagegen wehren.“

Saar-GdP-Chef Maaß hat zumindest die Hoffnung, dass das Gesetz nur für Berliner Landesbehörden gilt und nicht für saarländische Polizisten, die ihren Kollegen in der Hauptstadt bei Großeinsätzen unterstützen. In der Tat: Auf der Internetseite der Senatsverwaltung heißt es auf die Frage, wo das Gesetz gilt: „Das LADG bindet die gesamte öffentliche Verwaltung und alle öffentlichen Stellen des Landes Berlin.“ Von amtshilfeleistenden Polizeibeamten aus anderen Bundesländern ist dabei keine Rede. Maaß will deshalb auch diese Frage mit Bouillon besprechen.

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