„Politik und Regieren im Saarland“ Neues Buch über die Politik im Saarland

Saarbrücken · In dem über 400 Seiten dicken Werk untersuchen die Autorinnen und Autoren zahlreiche Politikfelder und vergleichen die Politik mit anderen Bundesländern.

Neuer Sammelband über die Politik im Saarland​
Foto: Springer VS

Vor den Regalen des gut sortierten Buchladens oder in den Bibliotheken des Landes findet sich längst ein buntes Potpourri an populärer regionalgeschichtlicher und regionalkultureller Literatur. Sie ist aber nicht selten gekennzeichnet von einer gefühligen Saartümelei, die den Blick auf die Realitäten des Landes und seine Probleme verstellt.

Was bisher fehlte, ist ein nüchterner, analytischer Blick auf die Politik im Saarland. Diese Leerstelle füllt der kürzlich erschienene Sammelband „Politik und Regieren“, herausgegeben von Felix Hörisch, seit 2020 Professor für Sozialwissenschaften, Sozial- und Bildungspolitik an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Saarbrücken.

Der Politikwissenschaftler, der vor seinem Wechsel ins Saarland an der Uni Heidelberg lehrte und forschte, verspricht eine „umfassende und systematische Analyse“ aus verschiedenen Blickwinkeln. Auf 410 Seiten und einer stellenweise beeindruckenden Detailtiefe richtet sich das Werk eher an ein wissenschaftlich interessiertes Publikum. Auch politischen Praktikern sei es anempfohlen, zur Reflexion des eigenen Tuns.

Hörisch schreibt in seinen einleitenden Bemerkungen, das Saarland weise trotz seiner vergleichsweise geringen Größe zahlreiche strukturelle Merkmale auf, die eine eingehendere politikwissenschaftliche Analyse auch über das Bundesland selbst hinaus relevant und lohnenswert erscheinen ließen. Dazu zählt er etwa die Stärke der Volksparteien und die häufigen Alleinregierungen.

Der Band, für den der Herausgeber Autorinnen und Autoren aus dem Saarland und darüber hinaus gewonnen hat, lässt sich in zwei Teile untergliedern: zunächst eine umfassende Darstellung von Historie, politischen Akteuren und Institutionen des Saarlandes, für die unter anderem der Präsident des Verfassungsgerichtshofs, Professor Roland Rixecker, sowie die Trierer Parteienforscher Professor Uwe Jun und Marius Minus Beiträge geliefert haben.

Seine eigentliche Originalität gewinnt der Bund durch seinen zweiten Teil: die Darstellung und Analyse unterschiedlicher Politikfelder. Hier lautet die Frage, welche Politik die Landesregierungen im Saarland gemacht haben und derzeit machen. Ein solcher Überblick lag in der breit gefächerten politikwissenschaftlichen Literatur zwar für das eine oder andere Bundesland vor, nicht aber für das Saarland.

Untersucht wurden: Innere Sicherheit und Justiz, Bildungs- und Integrationspolitik, Energie-, Klima- und Umweltpolitik, Finanz-, Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik, Gesundheitspolitik, Kinderschutz und Kinderrechte sowie Bürgerbeteiligung.

Die Beiträge der Autorinnen und Autoren sind quellen- und datengesättigt sowie gut lesbar. Der Erkenntnisgewinn entsteht besonders dadurch, dass die Autorinnen und Autoren die saarländische Politik im bundesdeutschen Vergleich einordnen, zum Teil auch mit aussagekräftigen Grafiken. Ein äußerst verdienstvoller Blick über den Tellerrand, der im Saarland leider oft zu kurz kommt.

Beim innersaarländischen Blick, also der Analyse eines Politikfeldes im Zeitverlauf, hätte angesichts der vielen Jahre Alleinherrschaft von SPD und CDU deutlicher herausgearbeitet werden können, welchen Unterschied es macht, ob SPD oder CDU am Ruder sind – oder ob es nahezu egal ist, weil ohnehin kein Geld zum politischen Gestalten da ist.

Historische Brüche wie der Ausstieg aus dem Bergbau, die Einführung der Schuldenbremse oder der aktuelle Strukturwandel werden zwar behandelt, allerdings hätten die gesellschaftlichen Konflikte rund um diese Themen und damit auch ihr Einfluss auf den Parteienwettbewerb mehr Beachtung verdient gehabt. Dies kann den insgesamten positiven Eindruck, dass hier wissenschaftliche Pionierarbeit geleistet worden ist, aber nicht schmälern.

Felix Hörisch (Hrsg.): Politik und Regieren im Saarland, 410 Seiten, 64,99 Euro, Verlag Springer VS