Bundespartei nimmt Wahl von Thomas Lutze unter die Lupe Linke im Saarland: Jetzt prüft die Bundespartei die Wahl von Lutze

Saarbrücken · Der parteiinterne Streit der Saar-Linken zieht erneut Kreise bis nach Berlin. Die Bundesgeschäftsstelle überprüft die Wahl von Thomas Lutze zum Spitzenkandidaten.

Nach Wahl von Thomas Lutze: Landesliste der Linke Saarland wird geprüft
Foto: dpa/Oliver Dietze

Die Landeliste der Linken im Saarland wird überprüft. Die Bundesgeschäftsstelle hat sich nun in den parteiinternen Streit an der Saar eingeschaltet. Zuvor hatte der SR darüber berichtet. Es geht um die Wahlversammlung Anfang Juni im Neunkirchen Ellenfeld-Station. Landesvorsitzender Thomas Lutze wurde mit 55,6 Prozent der Stimmen auf den ersten Platz der Landesliste für die Bundestagswahl gewählt . Der 51-Jährige sitzt bereits seit 2009 für die Saar-Linken im Bundestag.

Laut Jochen Flackus, parlamentarischer Geschäftsführer der Linke im Landtag, habe sich Lutze zuvor geweigert, die Liste der Bundespartei zur Verfügung zu stellen. „Mit Blick auf die knappen gesetzlichen Fristen für die Einreichung der Landesliste versucht er, eine Überprüfung zu verhindern und sich so ein lukratives Bundestagsmandat zu sichern“, sagte Flackus am Freitag. Es bestünden nach wie vor „erhebliche Zweifel“ daran, dass die Mitgliederliste, auf deren Grundlage Lutze zur Wahlversammlung in Neunkirchen eingeladen hatte, rechtens war.

Nach mehrfacher Aufforderung – weil Beschwerden von Mitgliedern vorlägen, die nicht eingeladen worden seien – habe Lutze jetzt nach 14-tägiger Verzögerung die Teilnehmer-Liste an die Bundesgeschäftsstelle übersandt, teilte Astrid Schramm, ehemalige Landeschefin und Fraktionsvize im Saar-Landtag der SZ am Dienstag mit. „Es ist offensichtlich, dass Lutze auf Zeit spielt, um eine nach einer Überprüfung möglicherweise notwendige Nachwahl zu verhindern.“

Die Gräben zwischen dem Landesvorstand und der Landtagsfraktion sind tief. Vor rund zwei Wochen hatte die Landesschiedskommission die Fraktions-Vize Astrid Schramm aus der Partei ausgeschlossen – offenbar ohne schriftliche Begründung. Schramm legte daraufhin Beschwerde beim Parteigericht der Bundespartei ein. Bis eine Entscheidung fällt, bleibt Schramm vorerst Mitglieder Linke. Ihren eventuellen Ausschluss bezeichnet Schramm als „dreist“. Die 65-Jährige gehört seit Jahren parteiintern zu den schärfsten Kritikern des Landeschefs Lutze. Sie unterstellt ihm ein „Betrugssystem“ mit Stimmenkauf und hatte Strafanzeige gegen ihn gestellt. Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken ermittelt gegen Lutze wegen des Verdachts der Urkundenfälschung.

„Die Mitgliederdatei des saarländischen Landesverbands wird seit Jahren vom Bundesverband überprüft, zuletzt im April und Mai diesen Jahres, wegen fehlerhafter Führung durch den Landesvorstand und wegen einer ungewöhnlich hohen Zahl an Änderungseinträgen“, sagt Schramm. „Der Landesvorsitzende Lutze hatte letztes Jahr persönlich über 270 Datensätze bearbeitet. Rund 700 Mitglieder wurden in den letzten Jahren gestrichen.“

Oskar Lafontaine, Linke-Fraktionschef im Landtag, hatte vor der Wahlversammlung mehrmals wegen Betrugsvorwürfen vor der Wahl Lutzes zum Spitzenkandidaten gewarnt. Nach der Wahl hatte Lafontaine sogar öffentlich davon abgeraten bei der Bundestagswahl im September der Landesliste seiner Partei die Stimme zu geben. „Kandidat Lutze kann nicht unterstützt werden.“ Der Landesvorsitzende betreibe seit Jahren ein „Betrugssystem“ bei den Mitgliederlisten der Partei, um sich über „den Kauf von Mitgliedern“ Unterstützung zu sichern.

Lutze hatte die Vorwürfe wiederholt bestritten. Im SZ-Interview erklärte er: „Wenn man so einen Vorwurf erhebt, muss man auch Beweise auf den Tisch legen. Die gibt es nicht. Es hat keinen Betrug gegeben, und es wird auch in Zukunft keine Betrügereien geben. Alles andere ist eine Kampagne gegen mich.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort