Staatsanwalt stellt Ermittlungsverfahren ein Urkundenfälschung? Schriftgutachten entlastet Linken-Chef Lutze – aber belastet einen Parteikollegen
Exklusiv | Saarbrücken · Seit knapp einem Jahr ermittelte die Staatsanwaltschaft gegen Thomas Lutze wegen des Verdachts der Urkundenfälschung. Seine Gegner forderten deshalb seinen Rückzug. Nun kommt raus: Gefälscht hat die Unterschriften wahrscheinlich ein anderer Linker.
Bei ihrem Kampf gegen den Linken-Landesvorsitzenden Thomas Lutze muss die innerparteiliche Opposition rund um den Fraktionschef im Landtag, Oskar Lafontaine, einen Rückschlag hinnehmen. Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken hat ihr Ermittlungsverfahren gegen Lutze wegen des Verdachts der Urkundenfälschung eingestellt.
Lutzes Gegner hatten darauf gehofft, dass er angeklagt und schließlich von einem Gericht der Manipulation überführt wird. Dadurch wären er und sein Unterstützerlager in der Partei entscheidend geschwächt worden.
Beim Verdacht der Urkundenfälschung geht es um ein Dokument, auf dem Mitglieder der Linken per Unterschrift bestätigen, dass sie ihre Beiträge bar bezahlt haben. Mit eidesstattlichen Versicherungen hatten Mitglieder angegeben, dass ihre vermeintliche Unterschrift gar nicht von ihnen stammt. Die Linken-Landtagsabgeordnete und frühere Landesvorsitzende Astrid Schramm hatte Lutze daraufhin angezeigt und dies öffentlich gemacht, woraufhin Lutzes den Parteiausschluss Schramms beantragte.
Schriftgutachten entlastet Lutze – und belastet Parteikollegen
Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft teilte auf SZ-Anfrage mit, nach dem Ergebnis eines Schriftgutachtens – durchgeführt von der Kriminaltechnik des Landespolizeipräsidiums – sei „mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit“ nicht Lutze der Schrifturheber, sondern ein früherer Mitarbeiter Lutzes. Entsprechend scheide Lutze „mit derselben Wahrscheinlichkeit“ als Schrifturheber aus.
Das laufende Ermittlungsverfahren war einer der Gründe, weshalb Lafontaine und andere Lutze ihre Unterstützung im Bundestagswahlkampf versagt hatten. Sie werfen ihm ein Betrugssystem vor, um seine innerparteiliche Macht abzusichern. Schramm hatte Lutze nach Bekanntwerden des Ermittlungsverfahrens aufgefordert, bis zur Klärung der Vorwürfe seine Ämter ruhen zu lassen und auf eine Kandidatur zum Bundestag zu verzichten.
Der frühere Mitarbeiter Lutzes, gegen den sich nun der Verdacht der Staatsanwaltschaft richtet, war von 2017 bis 2020 auf 450-Euro-Basis in dessen Bundestagsbüro beschäftigt, wurde dann aber von Lutze entlassen. Inzwischen sind sich beide spinnefeind. Der Ex-Mitarbeiter wirft Lutze vor, vor der Bundestagswahl 2017 seine Aufstellung als Spitzenkandidat mit gekauften Stimmen gesichert zu haben. Daher ist er für Lutzes Rivalen ein wichtiger Belastungszeuge im Kampf gegen den Landeschef. Dieser weist die Vorwürfe zurück.
Nach dem Schriftproben-Gutachten hat die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen den früheren Mitarbeiter eingeleitet. Zum gegenwärtigen Verfahrensstand wollte der Sprecher der Behörde aber keine Angaben machen.