Landtag im Saarland Opposition lehnt Doppelhaushalt weiter ab

Saarbrücken · Während CDU und SPD im Saar-Landtag im Entwurf das richtige Instrument zur Bewältigung der Corona-Krise sehen, verweisen Linke und AfD auf unabsehbare Entwicklungen.

Landtag im Saarland: Opposition lehnt Doppelhaushalt weiter ab
Foto: BeckerBredel

Von Teresa Prommersberger

Nachdem Finanzminister Peter Strobel (CDU) den Entwurf des Doppelhaushalts für die Jahre 2021/22 am Dienstag im saarländischen Landtag vorstellte, erfolgte am Mittwochmorgen eine gut zweieinhalbstündige Aussprache in erster Lesung im Parlament.

Die Opposition wurde schnell deutlich. Die Linksfraktion bezeichnete den Doppelhaushalt als „falsch“. Seine Fraktion begrüße zwar den geplanten Personalaufwuchs in den Verwaltungen, in der Justiz, bei der Polizei und im Bildungsbereich, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Linke, Jochen Flackus. Ausdrückliches Lob gab es auch dafür, dass das Land für einen gewissen Zeitraum die „Schwarze Null“ durch die zeitweise Aussetzung der Schuldenbremse aufgibt. Doch der Haushaltsentwurf sei geprägt von „Licht und Schatten“. Die Linke vermisst konkrete Ideen zu Leit-Investitionen. „Wir haben Zweifel, ob die richtige Ausrichtung da ist. Nur Cispa reicht nicht aus“, sagte Flackus und brachte, wie in jüngeren Debatten bereits, Investitionen in die Medizintechnik ins Spiel. Darüber sei aber „noch nicht einmal“ diskutiert worden. Das Saarland sei auch mit Blick auf die Investitionsquote abgehängt, betonte Linken-Fraktionschef Oskas Lafontaine. Durchschnittlich würden in Deutschland 600 Euro pro Person und Jahr investiert. In Bayern seien es 925 Euro, im Saarland „nur 388 Euro“. Die Landesregierung müsse sich mit Blick auf gleichwertige Lebensverhältnisse an den Ausgaben anderer Bundesländer orientieren. Finanzminister Strobel aber betonte, der Doppelhaushalt erlaube Investitionen von 1,1 Milliarden Euro – eine „Investitionsquote von 10,2 Prozent. Damit liegt das Saarland an der Spitze der finanzschwachen Flächenländer West“.

Ein Doppelhaushalt in dieser Zeit mache auch deswegen wenig Sinn, weil die wirtschaftliche Entwicklung kaum zu kalkulieren sei, sagte Flackus. „Die Zahlenentwicklungen gleichen einer Glaskugel.“ Die Belastungen einer zweiten oder gar dritten Corona-Welle seien nicht absehbar – ein erneuter Nachtragshaushalt umso wahrscheinlicher. „Und Regieren mit Nachtragshaushalten ist kein gutes Regieren.“ Er warnte auch davor, zu früh zur Schuldenbremse zurückzukehren, die seine Fraktion sowieso abgeschafft sehen will. Strobel entgegnete: „Wir geben mit dem Doppelhaushalt die beste Antwort auf die Herausforderungen die vor uns liegen.“ Das hatte er bereits Tags zuvor gesagt und gleichzeitig betont, dass das Land ab 2023 ohne neue Schulden auskommen will – also zurück zur Schuldenbremse.

Auch AfD-Fraktionschef Josef Dörr wies darauf hin, dass die Folgen der Corona-Pandemie nicht abzusehen seien. Das Saarland habe in den vergangenen Jahren gespart, keine Schulden gemacht. Mit dem Ergebnis, dass dringende Investitionen nicht getätigt worden seien. „Wir haben nicht in Schulen, Krankenhäuser, Straßen oder den ÖPNV investiert. Das sind die tatsächlichen Schulden, die wir heute haben.“ Gleichzeitig unterstellte Dörr der Regierung, die Corona-Pandemie zu „missbrauchen, um durch den Doppelhaushalt die Schuldenbremse zu umgehen“. Er sieht dahinter „wahltaktische“ Beweggründe, um vor den Landtagswahlen Landtagswahlen 2022 eine „unangenehme Haushaltsdebatte“ zu vermeiden.

Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Stefan Thielen, hält den Doppelhaushalt hingegen für einen „mutigen“ Schritt. Natürlich sei es ein enormer Kraftakt für das Land und die Kommunen, sagte der Christdemokrat. Weil das Land aber in den vergangenen Jahren gut konsolidiert habe, „sind wir in der Lage, die Situation angemessen zu stemmen“. Der Entwurf sei keine „Politik aus der Klamottenkiste“. Er mache das Saarland zukunftssicher. Und nur mit dem Doppelhaushalt könne das Saarland die Krise bewältigen. Für seine Fraktion habe die „Schwarze Null“ im Übrigen nie im Fokus gestanden. Die Schuldenbremse sei aber das richtige, verteidigte Thielen. Sie schaffe Flexibilität und Planungssicherheit in Krisenzeiten.

Ähnlich äußerte sich seine Koalitionskollegin, die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Petra Berg. Der Doppelhaushalt bedeute „Planungssicherheit für das Land, Kommunen, Verbänden und Institutionen. Er ist das richtige Instrument für eine generationengerechte Zukunft in drei Schritten“: Den Wirtschaftsstandort Saarland stärken, etwa mit dem Beteiligungsfonds. Damit würden Arbeitsplätze gesichert und Unternehmen vor Pleiten bewahrt. Zweitens, die Bildung stärken. Der Doppelhaushalt kehre unter anderem den Stellenabbau bei den Lehrkräften um. „351 zusätzliche Lehrer werden Schulen dauerhauft zur Verfügung stehen.“ Der dritte Schritt sei das „Wohnen und Leben im Einklang mit unserer Umwelt“. Die Entwicklung ländlicher Räume werde weiter ausgebaut, fast 14 Millionen Euro seien bis 2022 dafür eingeplant.

Der Haushaltsentwurf der Landesregierung sieht insgesamt Ausgaben von 4,97 Milliarden Euro für 2021 und 5,07 Milliarden Euro für 2022 vor. Dafür nimmt das Land Geld auf: 394 Millionen Euro im kommenden Jahr und 258 Millionen Euro im Jahr darauf. Normalerweise steht die Schuldenbremse dem entgegen. Der Landtag aber hatte im Juni bescheinigt, dass es sich bei der Corona-Pandemie um eine außergewöhnliche Notsituation handelt. Diese hebt die Schuldenbremse auf, das Land darf Geld aufnehmen. Dies geschah aber im Rahmen eines „Sondervermögens“ zur Bewältigung der finanziellen Folgen der Pandemie. Im Juni hatte der Landtag den Weg freigemacht für einen 2,1 Milliarden teuren Nachtragshaushalt. In den kommenden zwei Jahren muss das Land also neben den Schulden für den Doppelhaushalt auch Kredite in Höhe von rund 1,2 Milliarden für den Nachtragshaushalt aufnehmen. Diese Schulden sollen ab 2025 über 30 Jahre getilgt werden. Jährlich sind das rund 47 Millionen Euro. Dazu kommen jährlich 80 weitere Millionen Euro, um die bisherige Schuldenlast abzutragen (etwa 16 Milliarden Euro derzeit), sowie weitere 20 Millionen Euro pro Jahr für den Saarlandpakt. Dem Sondervermögen werden jährlich Mittel aus dem Haushalt zugeführt, um die Tilgung zu tätigen.

Die Abgeordneten der Regierungskoalition von CDU und SPD stimmten dem Entwurf in erster Lesung zu. Die Linke enthielt sich, die AfD stimmte dagegen. Die weiteren Details des Doppelhaushaltes werden jetzt im Ausschuss für Finanzen und Haushaltsfragen diskutiert. Im Dezember wird der Landtag den Haushalt beschließen.

Die nicht im Landtag vertretene Saar-FPD krtisiert den Doppelhaushalt als „überdimensioniertes Wahlgeschenk“, nachdem wichtige Ausgaben bereits in den Nachtragshaushalt geflossen seien. „Gerade der Stellenaufwuchs in der Verwaltung erscheint viel zu hoch, während der echte Personalzuwachs bei Lehrern und Polizisten viel zu gering ist“, sagte der finanzpolitische Sprecher, Roland König. Auch der Landesbezirk der Gewerkschaft der Polizei (GdP) ist der Ansicht, dass der geplante Stellenzuwachs nicht ausreiche, um die in der Saar-Polizei weiterhin vorherrschende Personalnot zu regulieren, erklärt der Landesvorsitzende der GdP, David Maaß. In den weiteren Beratungen müsse nachgesteuert werden.

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