Nach den Sommerferien geht es los, zumindest mündlich. Die neuen Fünftklässler und – wie SPD-Ministerpräsidentin Anke Rehlinger vergangene Woche verkündet hatte – auch die neuen Sechstklässler werden das Abitur an Gymnasien wieder nach neun statt nach acht Jahren ablegen. Gesetzlich geregelt ist das allerdings noch nicht. Das Gesetzgebungsverfahren muss noch das Parlament durchlaufen, was erst im Laufe des kommenden Schuljahres passiert. Formal wird die G9-Reform also erst zum Schuljahr 2023/24 starten.

Dennoch brauche es schon jetzt eindeutige Konzepte, fordern die CDU-Abgeordneten Schmitt-Lang und Wagner. „Wie viele Stunden sind in der Stundentafel veranschlagt? Wie viele Lehrkräfte werden benötigt? Wo liegen die inhaltlichen Schwerpunkte? Wo die Abgrenzung zwischen Gymnasium und Gemeinschaftsschule?“, fragte Wagner. All das habe die Ministerin bis jetzt noch nicht kommuniziert. „So lange noch kein Fahrplan steht, ist das so kurz vor dem neuen Schuljahr den Schülern, Eltern und Lehrkräften gegenüber unverantwortlich“, sagte Schmitt-Lang. „Wir starten nach den Sommerferien ohne überhaupt zu wissen, wohin die Reise geht“, ergänzte Wagner.

Die Christdemokraten erwarten, dass die Landesregierung zumindest zu der Stundentafel „endlich etwas sagen wird“. Wie sie im künftig neunjährigen Gymnasium aussehen soll beziehungsweise wie viele Stunden sie umfassen soll, dazu hat die CDU ganz eigene Vorstellungen. Mindestens 185 Jahreswochenstunden müssten es schon sein. Bei G8 im Saarland gibt es derzeit nach Angaben des Saarländischen Philologenverbands 159 Jahreswochenstunden. Was es mit diesen Stunden auf sich hat und wie sie berechnet werden? Man addiert alle Wochenstunden der Jahrgangsstufen. Das ergibt eine Anzahl Wochenstunden für die gesamten acht, später neun Jahre Schulzeit am Gymnasium. Rechenbeispiel: Die Klasse fünf hat 30 Stunden Unterricht in der Woche, die Klassen sechs, sieben, acht und neun jeweils 31 Stunden und die zehnte Klasse 32 Stunden. Also 30 + 31 + 31 + 31 + 31 + 32 = 186.

Die Anzahl der Jahreswochenstunden beträgt im Bundesdurchschnitt beim neunjährigen Gymnasium 185. „Diesen Mindeststandard brauchen wir“, sagte Wagner. „Alles unter der Zahl ist nur ein Sparmodell. Dann wird gespart an Ressourcen und Lehrkräften. Darunter leidet dann auch die Qualität“, ist sich Schmitt-Lang sicher. Es gehe nicht darum, in das zusätzlichen Lernjahr noch viel mehr Lernstoff zu packen, betonte sie, sondern vor allem darum, mehr Zeit zu geben für Vertiefung in den Fächern, die Qualität zu verbessern und das Profil zu schärfen. Gebe es hier eine klare Linie, könnten Eltern und Schüler bei der Wahl der Schulform besser unterscheiden zwischen Gemeinschaftsschule und Gymnasium und letztlich auch besser entscheiden, welche für das Kind am besten sei.

Auch die Junge Union kritisiert das Bildungsministerium und fordert zeitnah ein klares Konzept. „Dass die Schulen nicht planen können, ist unbefriedigend“, sagte die stellvertretende JU-Landesvorsitzende Vivien Rupp.

Nun tagt an diesem Donnerstag nicht nur der Bildungsausschuss. Auch das Beteiligungsforum kommt am Abend erneut zusammen. Bereits vor einigen Wochen hieß es, die Landesregierung wolle noch im Sommer die Stundentafel festzurren, damit auch die Lehrplankommissionen ihre Arbeit aufnehmen können. Das wiederum verunsichert nun nach eigenen Angaben die Landeselternvertretung Gymnasien – weil sich das Forum, in dem sich Vertreter nahezu aller Gruppen aus der Schulgemeinschaft austauschen, am Donnerstagabend erst zum zweiten Mal trifft. Die Beteiligung des Forums an der Ausgestaltung des neuen Bildungsweges würde dann Richtung Null tendieren, kritisiert die Elternvertretung.

„Wir dürfen G9 nicht als zusätzliches Jahr sehen, dass wieder mit mehr Lerninhalten und zusätzlichen Fächern vollgepackt wird, sondern müssen auch ausreichend Freiräume schaffe“, sagt Max Hewer, Landeschef der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und mahnt gleichzeitig die Umsetzung der Gleichwertigkeit von Gymnasien und Gemeinschaftsschulen an. „Beide Schulformen können, ebenso wie die beruflichen Schulen, zum Abitur führen. Das muss sich auch in der Stundentafel abbilden, das heißt, das Gymnasium kann nicht mehr Schulstunden zur Verfügung haben als die Gemeinschaftsschule.“ Um jedoch eine echte Gleichwertigkeit der beiden Schulformen herzustellen, „bedarf es für die Gemeinschaftsschulen in erster Linie deutlich mehr Personal und kleinere Klassen“.