Französisch-Wörterbuch für Saarländer Neues Wörterbuch für den Dialog im Alltag

Saarbrücken · Franz Schneider aus Saarbrücken arbeitet an einem Wörterbuch für das Alltagsgespräch mit unseren Nachbarn. Das Kapitel zum Verkehr sieht er als Versuchsballon.

 Man muss der Muttersprache im Nachbarland Respekt zollen, fordert Franz Schneider. Ein paar Brocken Französisch reichen nicht aus, findet er.

Man muss der Muttersprache im Nachbarland Respekt zollen, fordert Franz Schneider. Ein paar Brocken Französisch reichen nicht aus, findet er.

Foto: dpa/Peter Kneffel

Viele Saarländer fahren regelmäßig über die Grenze nach Saargemünd oder Forbach. Vor allem, um dort einzukaufen. Zu sprachlichen Verständigungsproblemen kommt es dabei eher selten. Unsere französischen Nachbarn sprechen oft Deutsch. Noch. Denn vermehrt ist es die ältere Generation, die des Deutschen mächtig ist. Die Deutschkenntnisse bei den Jüngeren werden immer weniger, sagt Franz Schneider aus Saarbrücken, emeritierter Professor der Fachbereiche Wirtschaftsfranzösisch und Lexikographie.

„Im Saarland wird viel über die Sprachenproblematik diskutiert. Dabei wird aber oft verkannt, dass es ein hoch kompliziertes Problem ist“, sagt der 70-Jährige. Deutsch-französische Kommunikation funktioniere zwar auf universitärer Ebene, zum Beispiel mit Austauschprogrammen wie Erasmus, und auch auf wirtschaftlicher Ebene zwischen Unternehmen sehr gut. Aber im Alltag gebe es ein Defizit. Und diese Lücke des grenzübergreifenden Dialoges „normaler“ Bürger will Franz Schneider schließen. „Europa beginnt im alltäglichen Dialog.“ Dafür hat er ein spezielles Online-Wörterbuch entwickelt. Das „Wörterbuch-Saar-Lor“ geht über eine reine Eins-zu-eins-Übersetzung der Wörter, wie man sie von klassischen Wörterbüchern kennt, hinaus.

Denn nur ein paar Brocken Französisch zu können, reiche bei weitem nicht aus. Man müsse der Muttersprache im Nachbarland Respekt zollen. Sie vermittele auch Erfahrungen, Verhaltensmuster und Verhaltenserwartungen, gebe viel preis über Gefühle und Höflichkeiten. „Die Wertschätzung gegenüber dem Anderssprachigen bringe ich am besten dadurch zum Ausdruck, dass ich seine Sprache spreche. Das Bemühen, ihn damit in seiner Identität anzuerkennen, wird von ihm geschätzt und ist die Grundlage für eine gute menschliche Beziehung“, ist Schneider überzeugt.

Das Wörterbuch ist in Sachbereiche gegliedert. Bisher gibt es nur den Bereich Straßenverkehr. Abfallwirtschaft ist noch in Arbeit. Kommunale Verwaltung und Aufgaben, soziale Organisationen, Vereinswesen und weitere sollen folgen. Warum aber gerade diese Bereiche? Schneider nutzte und nutzt für sein Wörterbuch die Tageszeitung „Le Républicain Lorrain“. „Die Zeitung ist wie ein Kompass. Durch intensive Lektüre haben sich diese Alltagsbereiche herausgeschält.“ Und diese Bereiche beträfen die Bürger diesseits und jenseits der Grenze gleichermaßen. Das Wörterbuch leitet also an, sich über den Kauf eines Baguettes hinaus mit Sachwissen mit den Nachbarn aus Lothringen zu unterhalten. „Sie werden schnell erkennen, hier spricht der ‚fachliche Laie’ in einem positiven Sinn“, sagt Schneider.

Das „Wörterbuch-Saar-Lor“ funktioniert wie folgt: Klickt man beispielsweise auf den Eintrag „accident“, also Unfall, öffnet sich automatisch eine Vielzahl von Verweisen, angezeigt durch ein schwarzes Dreieck. Zum Beispiel „l’accident corporel“ (Unfall mit Personenschaden), „l’accident matériel“ (Unfall mit Sachschaden) oder „l’accident précédent“ (der vorhergehende Unfall). Diesen Verweisen hängen weitere Verweise an. Außerdem sind die Wörter immer in Kontexte eingebettet und werden durch Beispielsätze verständlicher: „L’accident est dû à ma faute“ (Der Unfall ist meine Schuld) oder „Il y a eu un accident suite à une manoeuvre de dépassement“ (Es gab einen Unfall nach einem Überholmanöver).

Franz Schneider geht durchaus selbstkritisch mit seinem Wörterbuch um. „Verbesserungspotenzial ist natürlich da.“ Aber: Es ist ein Ein-Mann-Projekt und mit einem erheblichen Aufwand verbunden. Rund zweieinhalb Jahre sind von der Idee bis zum Start des Online-Wörterbuchs mit dem „gefüllten“ Sachbereich Straßenverkehr vor einigen Tagen vergangenen. Informatiker Philipp Weber, ein Familienmitglied, hat die Webseite erstellt. „Dafür bin ich sehr dankbar. Das hätte ich nicht geschafft“, sagt Schneider.

Inwieweit weitere Bereiche bearbeitet werden, hänge davon ab, in welchem Maße der „Versuchsballon Straßenverkehr“ genutzt wird. „Anregungen, Kritik und Beobachtungen sind sehr erwünscht.“ Sehr freuen würde sich Schneider, wenn sich auch auf französischer Seite ein „Wörterbuchmacher“ fände, der die gleiche Arbeit für die französischen Benutzer anfertigen würde. „Dafür müsste er mit der intensiven Lektüre der Saarbrücker Zeitung beginnen.“

Das Wörterbuch von Franz Schneider ist kostenlos. Man findet es im Internet unter

 Der Saarbrücker Franz Schneider hat im Internet ein Französisch-Wörterbuch erstellt.  Foto: Teresa Bauer

Der Saarbrücker Franz Schneider hat im Internet ein Französisch-Wörterbuch erstellt. Foto: Teresa Bauer

Foto: Teresa Bauer
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