Woche der Entscheidung Geheim-Paket: Landesregierung will Ford mit 500 Millionen Euro in Saarlouis halten – Entscheidung schon gefallen?

Exklusiv | Saarbrücken/Saarlouis · Die saarländische Landesregierung ist zu massiven Zugeständnissen an den Autobauer Ford bereit, damit der Konzern sein Werk in Saarlouis über das Jahr 2025 hinaus noch betreibt und dort Elektro-Autos produziert.

Ford Saarlouis: 500 Mio-Angebot der Landesregierung – Entscheidung gefallen?​
Foto: Ruppenthal

Kurz vor der Landtagswahl im März hat das alte CDU/SPD-Kabinett ein dickes Paket geschnürt, das bisher nicht öffentlich wurde. Nach exklusiven SZ-Informationen beläuft es sich auf insgesamt rund 500 Millionen Euro - eine Summe, die aus dem Landeshaushalt nicht annähernd bezahlt werden kann. Dazu müssten Rücklagen des Saarlandes im Sondervermögen „Zukunftsinitiative“ angegriffen werden, die vor allem für Investitionen etwa im Baubereich vorgesehen sind.

Laut Betriebsrat will das Unternehmen am Mittwoch die Entscheidung über die Zukunft des Saarlouiser Ford-Werks bekannt geben. Das Werk konkurriert in einem Bieterwettbewerb mit dem Ford-Standort Valencia. Selbst wenn der Standort Saarlouis erhalten bliebe, wäre davon auszugehen, dass viele Jobs verloren gehen. Branchen-Experten gehen davon aus, dass Ford für die Herstellung von Elektro-Autos in Saarlouis nur noch rund 2000 Beschäftigte bräuchte, möglicherweise auch etwas mehr, aber nicht jene 4600, die derzeit in Saarlouis beschäftigt sind (hinzu kommen 1300 im Zulieferpark).

Saar-Wirtschaftsminister Jürgen Barke (SPD) hatte zum saarländischen Angebot kürzlich in einem SZ-Interview gesagt: „Wir haben in engster Abstimmung mit dem Bundeskanzleramt, mit der Bundesagentur für Arbeit und den einzelnen Ressorts der Landesregierung ein dickes Paket geschnürt, in dem alles drin ist, was rechtlich möglich ist. Das geht bis an die Grenzen des wirtschaftlich Leistbaren und politisch Vertretbaren. Nach unserer Auffassung hat in diesem Prozess der beiden Standorte Saarlouis die Nase deutlich vorne.“

Damit die Zuschüsse – ein Teil soll vom Bund kommen - rechtlich zulässig sind, wurde offenbar mit Kreativität versucht, das Subventionsrecht zu umgehen, etwa indem Subventionen als Zuwendungen für die Weiterbildung der Beschäftigten deklariert wurde. Barke hatte davon gesprochen, dass es auch „um Fragen der Umqualifizierung zu anderen Tätigkeiten im Umfeld der Produktion und die Vermittlung zu neuen Arbeitsplätzen“ gehe.

Ist die Entscheidung schon gegen Saarlouis gefallen?

Vor dem Hintergrund des bisher geheimen Millionen-Angebots der Landesregierung irritiert, was SPD-Fraktionschef Ulrich Commerçon am Montag in der Landespressekonferenz sagte. Er übte massive Kritik am Ford-Management. „Ich habe das Gefühl, dass das Management von Anfang an keinen fairen Wettbewerb vorgesehen hat.“ Vielmehr sei es darum gegangen, „zwei Standorte gegeneinander auszuspielen auf dem Rücken der Beschäftigten“. Es sei die „übelste Seite des Kapitalismus‘“, die Manager würden Steuermittel aus EU-Geldern nutzen, um den Wettbewerb zu befeuern. „Sie haben nur Dollarzeichen in den Augen und wollen möglichst viel Steuergeld abgreifen“, ein „schäbiges Verhalten, ein schäbiger Wettbewerb“. Geht Commerçon etwa deswegen so hart mit dem Management, das ja die Verhandlungen führt, ins Gericht, weil die Entscheidung bereits gefallen ist – gegen Saarlouis?

Commerçon wollte sich am Abend dazu nicht äußern. Auch die Summe von 500 Millionen bestätigte er nicht – kritisierte aber wiederholt das Management. Dieses „denkt gar nicht mehr an die Anteilseigner“. Es könne nicht sein, dass es eine „einsame Entscheidung trifft, ohne dass die Eigentümer noch mal genauer hinschauen“. Diese Aufforderung bleibe.

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