Interview mit den Organisatoren Fest for Future: Wieso der globale Klimastreik in Saarbrücken zum Fest wird

Interview | Saarbrücken · Am Samstag wird in Saarbrücken das große „Fest for Future“ gefeiert. Was es damit auf sich hat, erzählen die Vertreter der Organisationen Fridays for Future und Parents for Future.

 Matthias Lattwein und Ronja Wacha von Fridays for Future werben für das „Fest for Future“.

Matthias Lattwein und Ronja Wacha von Fridays for Future werben für das „Fest for Future“.

Foto: David Lemm/David lemm

Mit dem „Fest for Future“ will die Klimaschutzorganisation Fridays for Future am Samstag auf den Wiesen vor dem Saarländischen Staatstheater zusammen mit verschiedenen Umweltverbänden und Bündnissen die Saarland-Wende im Klimaschutz einleiten. Neben Infoständen, zwei große begehbare Klimablasen sowie einer Kinderraddemo gibt es den ganzen Tag Livemusik. Trotz des Titels mehr als ein Fest, wie die Veranstalter Rune Becker von Parents for Future und Matthias Lattwein von Fridays for Future im Interview erklären.

Am Freitag ist der Weltklimatag, an dem es weltweit Demos geben wird. Warum sind die Fridays for Future Saar an diesem Tag kein demonstrierender Teil des Klimastreikbündnisses?

RUNE BECKER: Wir haben bei einem Call mit Luisa Neubauer vor zwei Wochen darüber diskutiert, ob wir alle am 23.9. etwas machen. Ich habe erklärt, dass wir am Samstag dran sind, weil wir Freitag einfach nicht genug Leute mobilisieren können und in der Kürze der Kundgebung nicht genügend Zeit haben, um mit den Leuten ins Gespräch zu kommen. Das war einer der Anlässe.

MATTHIAS LATTWEIN: Wir sehen uns natürlich nach wie vor als ein Teil der globalen Bewegung und veranstalten unser Fest auch anlässlich des globalen Streiktags. Es ist also nicht zufällig einen Tag danach, sondern extra an diesem Wochenende. Wir sind auf den Samstag gewechselt, weil es eine andere Art von Veranstaltung ist, nämlich keine klassische Demonstration, sondern eine viel längere Veranstaltung von 14 bis 22 Uhr, und wir uns erhoffen, dass viele Menschen kommen, mit denen wir ins Gespräch kommen. An einem Samstag ist es viel mehr Menschen, auch berufstätigen, möglich zu kommen und sich Zeit zu nehmen. Wir wollen viel mehr und auch andere Menschen erreichen, die nicht die klassische Schülergruppe sind.

„Fest for Future“. Klingt nach der typisch saarländischen „Harmonie-Variante“ des Klimastreiks. Tofu-Burger vom Schwenkgrill, radfahrende Kinder („Kidical Mass“) Livemusik zum Abhängen – Chillen statt demonstrieren und informieren, könnte man meinen.

MATTHIAS LATTWEIN: Es ist unsere Absicht, auch etwas Positives zu transportieren, den Menschen ein Gemeinschaftsgefühl zu geben und zu zeigen: Wir müssen diese Probleme gemeinsam angehen. Es geht nicht darum, inhaltlich irgendwelche Abstriche zu machen. Wir stehen nach wie vor hinter unseren Forderungen und die sind auch vor Ort vertreten – und darüber möchten wir auch mit den Menschen vor Ort diskutieren. Wir müssen die Menschen dafür begeistern können. Das klappt viel besser, wenn man ein positives Umfeld vermittelt und sagt: Komm her, lass uns reden und bring Deine eigene Meinung mit – und wir finden vielleicht heraus, was für die Zukunft etwas Gutes ist. Wir sind der Meinung, es gibt Lösungen für unsere Probleme. Wir können aus dieser Krise herauskommen und sie bewältigen.

RUNE BECKER: Es ist immer noch eine politische Kundgebung, es ist kein Sommerfest, wie es dummerweise schon einmal in den Medien hieß. Wir würden es nie so nennen, sondern es ist ein „Fest For Future“, also FFF, eine Namensgebung, man hätte es auch anders nennen können, deshalb gibt es auch den Untertitel „Saarlandwende“. Genauso geschickt wie Frau Rehlinger ihre Wahl mit „Saarlandliebe“ gewonnen hat, haben wir einen Begriff gefunden, um alle politische Wendethemen (unter einem Oberbegriff nennen zu können. Wir wollen nämlich alle Wendethemen zusammennehmen und nicht die Krisen gegeneinander ausspielen: die Klima- gegen die Energiekrise, die fossile Industrie gegen die erneuerbaren Energien und so weiter. Außerdem haben uns die Leute signalisiert, bietet einmal eine Plattform, auf der Leute zusammenfinden und etwas Unentschlossene sich informieren können, ohne von uns mit schrecklichen Bildern erschlagen zu werden.

Zusammenkommen und informieren – reicht das für die Durchsetzung eurer Forderungen?

MATTHIAS LATTWEIN: Das ist nicht alles. Das ist eine Gelegenheit, die wir bieten. Wir haben ja schon alle möglichen anderen Aktionsformen ausprobiert. Wir sind nach wie vor in unseren Forderungen grundlegend und radikal. Wir wollen eine grundlegende Veränderung und fordern von der saarländischen Politik eben die notwendigen Maßnahmen, die jetzt wichtig sind. Da machen wir keine Abstriche. Wir möchten keine Themen gegeneinander ausspielen, sondern zeigen: Wir müssen die Dinge zusammen angehen – thematisch und als Menschen zusammen.

RUNE BECKER: Wir wollen uns am Samstag in positiver Atmosphäre das Problem gemeinsam betrachten, uns auf einen gemeinsamen Weg einigen und Verbände und große Bevölkerungsgruppen einbinden, die wir nach und nach überzeugen können.

LATTWEIN Die klassische Aufgabe des Aktivismus ist er normalerweise, Probleme zu benennen, gesellschaftlichen Diskurs anzuregen, und dann ist die Aufgabe der Politik, für die gesellschaftlichen Probleme Lösungen zu finden und zu handeln. Allerdings sehen wir, dass das nicht passiert: Wir problematisieren die Klimakrise seit Jahren und wir haben immer noch nicht genug Handlungen. Wir haben das Gefühl, die Politik erkennt das nicht an und wird ihrer Aufgabe nicht gerecht. Das heißt: Wenn ihr es nicht macht, dann machen wir es! Dann setzen wir uns halt mit den Leuten zusammen, dann suchen wir halt Lösungen und bieten konkrete Punkte an, die man verändern kann.

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