Saar-Landtag berät über Doppelhaushalt 2021/22 Fast eine Milliarde Euro für Wirtschaft und Verkehr

Saarbrücken · Am Mittwochmorgen begann die zweite Runde der Haushaltsberatungen im Saar-Landtag mit den Einzeletats für das Wirtschafts- und Verkehrsministerium.

Debatte über Doppelhaushalt 2021/22 im Saarland
Foto: BeckerBredel

Tag zwei der Beratungen über den rund zehn Milliarden Euro teuren Doppelhaushalt 2021/22 des Saarlandes. Bereits am Dienstag hatte Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) vor den Abgeordneten des Landtages die geplanten Ausgaben in einer Generaldebatte verteidigt: „Dieser Haushalt spiegelt den absoluten Willen dieser Landesregierung wider, diese Krise nicht nur zu bewältigen, sondern am Ende gestärkt daraus hervorzugehen.“ Dafür müssen neue Kredite aufgenommen werden, insgesamt 652 Millionen Euro. Die Schuldenbremse ist ausgesetzt, der Schuldenstand des Saarlandes wird auf über 16 Milliarden Euro steigen. Der Doppelhaushalt schaffe allerdings Planbarkeit und stärke die Investitionsfähigkeit des Landes, sagte Hans.

Und so begannen am Mittwochmorgen die Beratungen mit den Einzeletats für das Wirtschafts- und Verkehrsministerium. 490 Millionen Euro im kommenden Jahr und 485 Millionen Euro im Jahr 2022 sind vorgesehen. Dafür stimmte mit Stimmenmehrheit die große Koalition aus CDU- und SPD-Fraktion, dagegen gestimmt haben die Linksfraktion, die AfD-Fraktion und der fraktionslose Abgeordnete Lutz Hecker (AfD).

Anke Rehlinger (SPD), Wirtschaftsministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin, sieht im Doppelhaushalt eine „hervorragende“ Grundlage für die Gestaltung der Zukunft des Saarlandes. Er bringe „Zuversicht“. Der Strukturwandel sei eine Gestaltungsaufgabe der Politik, der Verbände, Unternehmen und Arbeitnehmer. Die Schlüsselindustrien im Saarland müssen erhalten werden, wenn auch in anderer Form. Außerdem müsse sich das Saarland breiter aufstellen: „IT-Sicherheit, Gesundheitswirtschaft im weiteren Sinne.“

Der Doppelhaushalt schaffe „Spielräume, bestimmte Thematiken gründlicher anzugehen“, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Jochen Flackus. Die Lage sei sehr angespannt, nicht nur coronabedingt. Der Druck auf den Bereich Automotiv und die Stahlbranche im Saarland sei enorm. „Hier ist die Politik am Zug, auch die Bundespolitik.“ Es gebe Chancen, die jetzt genutzt werden müssten. Vor allem aber müsse die Zeit bis hin zur Transformation – Stichworte Digitalisierung und Industrie 4.0 – effektiv genutzt werden. Flackus sprach von Brücken. Eine sei die Medizintechnik, ein „krisenresistenter Wachstumsmotor“, für den sich die Linksfraktion stark macht. Eine zweite Brücke sei das Niedrigenergie-Auto. „Zum Beispiel das Drei-Liter-Auto. Das hat erhebliche Vorteile bei der CO2-Bilanz.“ Flackus ist sich sicher, mit diesen „Brücken“ auch die Arbeitsplätze im Saarland halten zu können. „Ich gehöre nicht zu den Pessimisten, die sagen, dass uns der Wandel 1000 Arbeitsplätze kosten wird. Wir haben eine Chance, die wir nutzen müssen.“

Auch Hans Peter Kurtz (SPD) hob die schwierige Lage der Stahlindustrie im Saarland hervor. Umso mehr lobte er, dass im Haushalt die finanziellen Mittel für den Aufbau eines Beteiligungsfonds, Eigenkapitalgesellschaft, festgeschrieben sind. „Eine wichtige Hilfe für die Liquidität von Unternehmen“, sagte Kurtz. Eine Beteiligung komme aber nur dann infrage, wenn die Unternehmen zwar in einer schwierigen Lage steckten, aber dennoch zukunftsfähig seien. „Es geht nicht darum, eine Finanzlücke zu überwinden, sondern um die Frage, ob der Betrieb überleben kann.“ Sollte sich die Lage bessern, ziehe sich das Land wieder aus dem Unternehmen zurück. Eine präventive Arbeitsmarktpolitik soll zudem die Gesellschaft für Transformationsmanagement Saar bringen, ergänzte Eugen Roth, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD. 264 Millionen Euro sind im Bereich Arbeitsmarkt vorgesehen. „Alles andere als banal“, sagte Roth.

AfD-Fraktionsvize Rudolf Müller begrüßt zwar, dass das Saarland von der Ansiedlung des chinesischen Batterie-Herstellers SVolt profitieren könne. Kritische Töne gab es trotzdem: für einen Fokus auf die Elektromobilität und einen Duktus der Klimaschutzpolitik, der den Schlüsselindustrien im Saarland zusetze.

Bern Wegner, CDU-Vize-Fraktionschef, bezeichnete den Doppelhaushalt als „Grundlage“ für zukunftsträchtige Branchen, etwa „grünen Stahl“. Besorgt ist Wegner über eine drohende Insolvenzwelle. Hier bedürfe es noch einiger finanzieller Hilfen aus der Politik.  Die Ansiedlung von SVolt sei ein wichtiger Schritt in Richtung E-Mobilität und mache das Saarland noch attraktiver. Er verspreche sich von dem Doppelhaushalt, aber auch von dem 2,1 Milliarden Euro teuren Nachtragshaushalt für das laufende Jahr, einen „Raketenschub“. Das Saarland stehe vor einer „hervorragenden Zukunft“.

Lob und Kritik gab es für die geplanten Investitionen in den öffentlichen Personennahverkehr. Er gehöre zur Daseinsvorsorge, sind sich die Abgeordneten einig. Die geplante Tarifreform sei ein wichtiger Schritt. An gewissen Stellschrauben müsse aber gedreht werden. So ist es für die Linksfraktion unverständlich, dass es nach wie vor 17 Anbieter im ÖPNV im Saarland gibt. „Das muss endlich zentralisiert werden.“ Die Tarifreform mit attraktiveren Tickets für Schüler und Pendler sollte eigentlich zum 1. Januar starten. Coronabedingt wurde der Termin verschoben – wohl auf Mitte des kommendes Jahres. Wirtschaftsministerin Rehlinger versprach zumindest, dass das „leidige Thema der Wabenstruktur keine Rolle mehr spielen wird“.

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