„Betriebsverbot durch die Hintertür“ Wirbel um Öffnung der Clubs und Diskos im Saarland

Saarbrücken · Ab Freitag dürfen im Saarland die Clubs und Diskotheken wieder öffnen. In der Branche klagt man wegen einer Regelung nun über ein „Betriebsverbot durch die Hintertür“. Woran entzündet sich die Kritik - und kommt die Öffnung überhaupt?

Corona: Wirbel um Öffnung der Clubs und Diskos im Saarland ab 9. Juli
Foto: dpa/Britta Pedersen

Sie hatten Geduld, doch die scheint jetzt aufgebraucht zu sein. Am Dienstag gab die Landesregierung bekannt, dass sie zum Wochenende die Tanzflächen im Saarland wieder freigeben wird. Clubs und Diskotheken waren seit dem ersten Lockdown im vergangenen Jahr dicht. Auch nach 15 Monaten hatte die Regierung in ihrer jüngsten Rechtsverordnung nur acht Worte übrig: „Der Betrieb von Clubs und Diskotheken ist untersagt.“

Ist nun alles anders? Für die darbende Branche offenbar nicht. „Fakt ist, wir können nicht öffnen“, sagt Tim Grothe, Inhaber des „Mauerpfeiffers“ in Saarbrücken. Der Clubbesitzer spricht von einem „Berufsverbot durch die Hintertür“, die Ankündigung der Staatskanzlei nennt er einen „Marketing-Gag“. Nach eigenen Angaben hatte Grothe unmittelbar vor der Entscheidung im Ministerrat beim Oberverwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung gegen die weitere Schließung beantragt.

Der Ärger in der Clubszene scheint groß. Er richtet sich bei Grothe nicht auf die „strengen Auflagen“, unter denen die Läden wieder an den Start gehen dürfen. Dass man einen negativen Test braucht zum Tanzen, geimpft oder genesen sein muss, stellt für Grothe kein Hindernis dar. In einem Offenen Brief hatte er selbst vorgeschlagen, die Clubs für diesen Personenkreis zu öffnen. Auch mit einer Maskenpflicht unter schweißgebadeten Gästen und anderen Vorgaben könnte er wohl leben. Eine neue Lüftungsanlage hat Grothe längst einbauen lassen. Doch was ihn und andere aufbringt, das ist die Fünf-Quadratmeter-Regel.

Fünf Quadratmeter pro Person müssen die Betreiber einplanen. Es handelt sich nicht um eine Sonderregelung für die Clubs im Saarland. Bundesweit haderte man in der Gastronomie und im Einzelhandel schon mit dieser Beschränkung. In der geltenden Rechtsverordnung der Landesregierung greift sie im Falle eines „überwiegend dynamischen Betriebs- oder Veranstaltungsgeschehens“. Demnächst auch im Nachtleben.

Aus der Clubszene ist zu hören, dass man nach Gesprächen mit der Politik eine andere Auflage erwartet hatte: eine Maximalzahl an Gästen pro Abend. Nun dürfen 250 Gäste gleichzeitig in einem Club feiern. Aber durch die Fünf-Quadratmeter-Regel sollen in den meisten Läden erheblich weniger erlaubt sein. Grothe geht für seinen „Mauerpfeiffer“ in Saarbrücken von 40 bis 60 Gästen aus.

Auch Julian Blomann reagiert nicht begeistert auf die Öffnung der Clubs und Diskos. Dabei ist er Mitglied im Poprat Saarland, in dem auch Clubbesitzer organisiert sind. Blomann hat selbst an Gesprächen mit der Regierung teilgenommen, beständig für die Szene geworben. Über die Fünf-Quadratmeter-Regel sagt er: „Auf der Basis kann keiner wirtschaftlich arbeiten.“ Der Gastronom und Eventmanager beklagt ein „De-facto-Berufsverbot“ in den Tanzläden. „Da hat man sich wieder nicht getraut“, sagt Blomann. „So wird es zur Mogelpackung.“

Nachdem Tim Grothe vom „Mauerpfeiffer“ seinen Offenen Brief veröffentlicht hatte, war die Clubszene wieder in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Nicht selbstverständlich, wenn man seit mehr als einem Jahr geschlossen hat. Dann erlaubte Rheinland-Pfalz die Rückkehr in die Clubs. Im Saarland setzte sich jetzt eine besonders große Koalition für die Branche ein, bestehend aus FDP, den Linken im Landtag sowie den Regierungsfraktionen CDU und SPD. Linkenfraktions-Chef Lafontaine, nicht mehr ganz die Zielgruppe, nannte die Öffnung der Diskotheken am Dienstag „gut und überfällig“. Ob die Betreiber ihre Läden wieder aufschließen werden, ist jedoch fraglich.

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