Saarlandmodell „verwässert“ Saar-Wirte rügen Corona-Politik von Hans und Rehlinger

Saarbrücken · Die Saar-Gastronomen laufen Sturm gegen die Corona-Politik der Landesregierung. Die Unternehmer wollen ein schnelles Ende der Testpflicht - und nicht nur das.

 Kneipen-Gäste in Saarbrücken: Auch eine schnelles Bier gibt es nur mit negativem Test. Das nervt die Gastronomen.

Kneipen-Gäste in Saarbrücken: Auch eine schnelles Bier gibt es nur mit negativem Test. Das nervt die Gastronomen.

Foto: BeckerBredel

„Auf der Bremse“, „Linie verloren“, „Regel-Wirrwarr“: Die saarländischen Gastronomen gehen mit der Corona-Politik von Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) und Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) hart ins Gericht. Der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) sieht die Branche im Saarland bei Lockerungen nicht zuletzt gegenüber den Betrieben in Rheinland-Pfalz benachteiligt. Zugleich beklagte der Dehoga am Freitag eine „Verwässerung“ des von ihm anfänglich sehr gelobten Saarlandmodells.

Kernpunkte der Kritik: Die noch bis Ende kommender Woche geltende Testpflicht für alle Gäste in der Außengastronomie, das Reservierungsgebot in den Lokalen, das Alkohol-Ausschankverbot ab 22 Uhr, die Regeln für Familienfeiern und die geschlossenen Saunen in Hotels. Das Saarland sei seine Vorreiterrolle in Deutschland, die es bei Verkündigung des Saarlandmodells Ende März gehabt habe, längst los, erklärte der Dehoga am Freitag. Die Landesregierung stehe inzwischen  „auf der Bremse“, erklärte der Saar-Dehoga-Präsident Michael Buchna. Das Land werde von anderen überholt - nicht zuletzt von Rheinland-Pfalz. „Täglich feiert sich die Landesregierung für ihre Spitzenpositionen, sei es bei der hohen Impfquote oder für die große Anzahl durchgeführter Tests“, so Buchna. Doch anscheinend hätten diese Erfolge keine konkreten Auswirkungen.

Keine echte Phase Grün

Das Saarland hatte direkt nach Ostern mit einem Modell begonnen, das auf Lockerungen für Menschen mit einem negativen Corona-Test basierte. Kurz nach dem Start hatte die Regierung die Regeln verschärft und eine „Phase Gelb“ angesichts allgemein steigender Infektionszahlen ausgerufen. Später war das Modell zeitweise von der Bundesnotbremse gestoppt worden, die in allen Kreisen wegen Sieben-Tage-Inzidenzen über 100 galt. Inzwischen gelten wieder überall die saarländischen Regeln. Zugleich hat die Regierung die Gelb-Phase angesichts sinkender Corona-Zahlen beendet. 

Buchna beklagte aber: „Das eigentlich gute Saarland-Modell hat seine Linie verloren“. Das sehe man am besten daran, „dass der Ampel die Grünphase fehlt – somit wurde dieser Orientierungsmaßstab und Regelleitfaden klammheimlich abgeschafft“.

Blick auf die EM

Beim Start des Modells Anfang April habe es bei einer landesweiten Sieben-Tage-Inzidenz von 89,4 keine Testpflicht in der Außengastronomie für Gruppen gegeben, die auch im privaten Bereich ohne Test zusammenkommen dürfen. Damals sei zudem ein Alkoholausschank bis 23 Uhr möglich gewesen. Nun, bei deutlich geringerer Inzidenz, gelte noch bis Ende kommender Woche eine generelle Testpflicht und eine Alkoholausschankverbot ab 22 Uhr. Dabei dürfe man seit diesem Freitag im Saarland wieder ohne Test in alle Geschäfte, wies er auf eine Ungleichbehandlung hin.

Auch mit Blick auf die lockerere Regelung in Rheinland-Pfalz forderte der Dehoga-Saar einen sofortigen Wegfall der Testpflicht in der Außengastronomie. Man solle sich „an seine eigenen Spielregeln halten“ und zu den „eigentlich für diese Phase vorgesehenen Öffnungsschritten“ zurückkehren. Die Ausschankzeiten für Alkohol, forderte der Dehoga, sollten auf mindestens 23 Uhr erweitert werden – auch angesichts der anstehenden Fußball-Europameisterschaft. Auch die Reservierungspflicht in der Gastronomie müsse weg. Sie habe keine Lenkungsfunktion mehr.

Wettbewerbsgleichheit gefordert

Zugleich forderte der Dehoga Saar, auch neue Regeln für Familienfeiern wie Hochzeiten und Kommunionen zu formulieren. Die Lokale im Saarland würden von Anfragen für diese Anlässe überrannt, so Hauptgeschäftsführer Frank C. Hohrath. Es müsse jetzt schnell und „sehr transparent“ entschieden werden, wann solche gastronomietypischen Veranstaltungen zu welchen Bedingungen und mit wie vielen Personen wieder zulässig sind. Dabei müssten die Hygienekonzepte, die bei anderen Veranstaltungen gelten, angepasst werden. Alleine die aktuellen Anforderungen an die Quadratmeterzahl pro Teilnehmer seien in der Gastronomie und Hotellerie schlicht nicht erfüllbar. So benötige man für eine Hochzeit mit 50 Personen einen Raum von 750 Quadratmeter. Zudem müssten auch Innenschwimmbäder und Saunen in Hotels wieder geöffnet werden – was in Rheinland-Pfalz ebenfalls schon gelte. Nur so werde eine Wettbewerbsgleichheit im Bereich des Inland-Urlaubs hergestellt.

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